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Infoveranstaltung für Bürgerwindräder

Windkraft in Palling: „Wir werden als Gemeinde Entscheidungen treffen müssen“

Collage: links: Georg Huber rechts und Franz Obermaier links; Rechts: Windräder in Sonnenuntergang.
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Die Infoveranstaltung zum Stand des Windkraftausbaus in der Region in Palling war gut besucht. Geladen hatte das Aktionsbündnis Bürgerwindräder. Der Sprecher des Bündnisses, Georg Huber (linkes Bild, rechts) moderierte durch den Abend. Auch Bürgermeister Franz Obermaier (linkes Bild, links) war gekommen, um auch die Wichtigkeit des Themas aufmerksam zu machen.

„Irgendwo muss die Energie ja herkommen“ - Der Sprecher des Aktionsbündnisses Bürgerwindräder, Georg Huber versucht sachlich zu bleiben - Zur Infoveranstaltung am Mittwochabend (10. April) beim Michlwirt in Palling waren auch Gegner der geplanten Windparks gekommen. Nach Vorträgen zu Umweltschutzvereinbarkeit und technischen Details der Windräder wurde lebhaft diskutiert:

Palling – Das Aktionsbündnis für Bürgerwindräder im Landkreis Traunstein lud am Mittwochabend in den Gasthof Michlwirt, um sich über den Stand des Windkraftausbaus in der Region um Palling zu informieren. Vorher konnten Interessierte die bereits bestehenden Windräder im Gemeindegebiet Baumham besichtigen. Redner des Abends waren Kreisvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende des Bund Naturschutz, Beate Rutkowski und Stefan Schindler vom Windparkunternehmen reencon (renewable energy consulting).

„In Palling könnte in jede Himmelsrichtung ein Windkraftwerk gebaut werden“

Der Ausbau von Windkraft in der Region - diese Information hatten sicherlich dann auch viele der insgesamt zirka 250 Zuhörer erwartet: „Konkret die einzelnen Standorte können wir heute nicht klären“, entschuldigte sich zu Beginn seines Vortrages der Hauptreferent des Abends, Stefan Schindler. Pallings Bürgermeister, Franz Ostermaier, erklärte bei seinen Begrüßungsworten den Anwesenden die Motivation. Eine frühe Auseinandersetzung mit dem Thema sei gerade jetzt, noch vor der konkreten Standortwahl sinnvoll:

In Baumham bei Palling stehen bereits seit vielen Jahren zwei Windräder älteren Semesters. Die neuen Windräder sind um ein Vielfaches höher und effektiver.

„Durch das sogenannte ‚Wind-an-Land-Gesetz‘ wird uns die Errichtung von Windrädern auch hier als Gemeinde noch schwer beschäftigen.“ Noch könne man, so Ostermaier, selbst Windvorrangflächen ausweisen. „Wenn wir das nicht machen, dann können Windräder später ohne Zustimmung der Öffentlichkeit quasi überall gebaut werden.“ Die Besonderheit in Palling sei, dass laut dem Energieatlas Bayern praktisch in jede Himmelsrichtung der Bau von Windkraftanlagen infrage kämen. „Wir werden als Gemeinde Entscheidungen treffen müssen.“

Der Wind hat sich gedreht - Auch Bayern muss ran

Deutschlandweit wurde im Juli 2022 das sogenannte `Wind-an-Land-Gesetz‘ verabschiedet. Es soll zur Erhöhung und Beschleunigung von Windenergieanlagen beitragen. Zwei Prozent der Bundesrepublik sollen demnach zur Nutzung von Windkraft zur Verfügung gestellt werden. Je nach Bundesland wurde eine bestimmte Teilfläche festgelegt. Für Bayern bedeutet das: 1,1 Prozent bis zum Jahr 2027, 1,8 Prozent bis zum Jahr 2032.  

Durch eine Studie des TÜV wurden im Oktober 2022 bereits zwölf mögliche Standorte im Landkreis Traunstein bekannt gegeben. Eines davon liegt im Westen von Palling. Dabei spielt vor allem die Windgeschwindigkeit eine entscheidende Rolle. Gebiete, in denen der Bau eines Windkraftwerkes lukrativ betrieben werden könnte, werden als sogenannten Vorranggebiete ausgewiesen. Der Landkreis Traunstein wurde der Planungsregion 18, Südostoberbayern zugeordnet.

Vorranggebiet westlich von Palling.

Haben wir in der Region zu wenig Wind für effektive Nutzung?

Das Bundesland Bayern kann im Vergleich zu Norddeutschland nur geringe Windgeschwindigkeiten aufweisen - eines der Hauptargumente, warum der Freistaat bislang wenig mit dem Ausbau der Windkraft vorankam. Im Zuge des „Wind-an-Land-Gesetztes“ hat aber der Gesetzgeber jetzt die Daumenschrauben angezogen.

Schaffen wir die 1,1 Prozent nicht bis 2027, können unter anderem die Abstandsregelungen zu bebauten Gebieten von derzeit einem Kilometer herabgesetzt werden. Die Länder haben hier einen gewissen Freiraum bei der Planung, aber eben nur, solange die Vorgaben eingehalten werden. Der Kritikpunkt, es sei bei uns in der Region nicht windig genug für effektive Windkraftnutzung, wird auch im Landkreis Traunstein immer wieder von Windparkgegnern wie der Gruppe Gegenwind aufgeführt.

„Die moderne Technik macht Windkraftanlagen jetzt schon ab einer Windgeschwindigkeit von 4,8 Metern pro Sekunde effektiv.“ Neue Anlagen würden mittlerweile eine Höhe von über 170 Metern erreichen und somit sei laut Schindler der Ertragsgewinn um den Faktor 25 gestiegen. Generell sei Windkraft die derzeit effektivste erneuerbare Energiequelle, die uns in Deutschland zur Verfügung stünde - und das krisensicher: Denn ein Grund, warum die Bundesregierung so auf den schnellen Ausbau der Windkraft pocht, war der Ukrainekonflikt und der einhergehende Wunsch nach Unabhängigkeit vom russischen Gas.

Die Größe macht den Unterschied: Neue Windradanlagen sind bereits ab niedrigeren bis mittleren Windgeschwindigkeiten ertragreich und somit auch in unserer Region effektiv, erklärt Stefan Schindler von reecon Rosenheim.

Globaler Klimaschutz versus lokalem Artenschutz?

Erneuerbare Energien sichern nicht nur Strom auch in Krisenzeiten, denn „Sonne und Wind kann uns niemand nehmen“, so Schindler. Energiequellen wie Kohle oder Gas sind endliche Ressourcen und deren Abbau und Verbrennung schädlich fürs Klima. Der weltweite jährliche Kohlenstoffdioxid-Ausstoß lässt die Temperaturen im Mittel steigen. Argumente gegen Windkraft kommen trotzdem auch immer wieder von Naturschützern.

„Jeder Bau eines Kraftwerkes hat einen Impakt auf die Natur, das ist richtig“, gibt die Kreisvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende des Bund Naturschutz, Beate Rutkowski, zu. Aber um so wichtiger sei es, die Standortwahl von Windkraftanlagen aus ökologischer Sicht zu begleiten. Am Beispiel der getöteten Vögel von Windkraftrotoren möchte sie im Vortrag Verhältnismäßigkeiten verdeutlichen: Es würden zwar pro Windkraftanlage im Jahr vier Vögel verenden, das seien in Summe 100.000: „Das sind natürlich 100.000 zu viel. Dem stehen aber hundert Millionen toter Vögel durch einen Flug gegen ein Fenster gegenüber.“

Wichtig seien auch die bereits geltenden Auflagen zur Standortwahl: also kein Windpark in Naturschutzgebieten, in Bannwäldern, Nationalparks oder kartierten Biosphären zum Beispiel. Ein Monitoring von gefährdeten Arten und auch ein Abschalt-Algorithmus bei den Windrädern würde helfen, den Schaden an der Natur so gering wie möglich zu halten. Eines stünde für den Bund Naturschutz fest: „Wenn der Klimawandel weiter so voranschreitet, haben wir ein Problem, deshalb brauchen wir Windenergie auch für den Klimaschutz.“

Zu viel Wind? Zu wenig Wind? Die Kritiker kommen zu Wort

Im Anschluss an die Vorträge konnten die Zuhörer dann ihre Fragen stellen. Ein Gast ergriff gleich zu Beginn der Fragerunde das Wort und wollte wissen, inwieweit denn nun tatsächlich effektiv Energie durch Wind in Bayern geerntet werden könne. Er bezweifle die Effektivität bei Windgeschwindigkeiten in unseren Breitengraden. Schindler wiederholte die Ertragsstatistiken aus dem Vortrag und erklärte, dass durch die neue Technik eine wirtschaftlich lukrative Nutzung sehr wohl möglich sei. So seien sie konzipiert, sonst würde niemand investieren.

Eine Dame am selben Tisch ihres Vorredners wollte dann wissen: „Wenn wir jetzt an einem Tag sowohl ganz viel Sonnenschein haben als auch starken Wind - müssen dann Anlagen abgeschaltet werden, weil die Energie nicht gespeichert werden kann?“ Auch hierzu hatte Schindler eine Antwort parat: „Dass die Sonne scheint und trotzdem der Wind weht, passiert nur zu fünf Prozent im Jahr.“ Sollten tatsächlich Anlagen abgeschaltet werden müssen, würde man aber als Betreiber des Windkraftwerkes dann Entschädigungen erhalten - damit antwortete Schindler auf die zweite Frage der Dame.

Zurück zum Atomstrom? „Dann kippen wir dir den Atommüll in den Garten“

Der Sprecher des Aktionsbündnisses, Georg Huber, lief tapfer mit dem Mikrofon von Fragesteller zu Fragesteller und versuchte, den Überblick zu bewahren. Die vielen, eher als Statement denn als Frage formulierten Redebeiträge aus der Ecke der Gegner nahmen dann wohl doch überhand und so ergriff Huber selbst das Wort: „Bitte, wenn jemand sagt, wir verzichten hier auf Windkraft, dann soll er mir sagen, wo die Energie herkommen soll.“

Das könne man ihm schon beantworten, das Atomkraftwerk Isar 2 müsse wieder in Betrieb gehen. Der „Vorschlag“ kam wieder vom Tisch des Kritikers, der schon zu Beginn der Diskussionsrunde seine Zweifel zu Effektivität von Windparks in unserer Region stellte. Seine Sitznachbarn am Nebentisch wiederum waren von der Idee mit dem Atomkraftwerk ganz offensichtlich nicht so begeistert:

„Dann schmeißen wir aber den Atommüll in deinen Garten.“ Letztlich endete die Runde relativ friedlich, aber sicherlich war die Emotionalität bei dem Thema Windparkausbau nur ein Vorgeschmack. Wenn erst mal konkrete Standorte stehen, wird die Stimmung vermutlich noch hitziger. Das weiß auch der Bürgermeister:

Aktionsbündnis möchte im offenen Diskurs bleiben

Wie ist denn derzeit die Akzeptanz zur Errichtung neuer Anlagen“, will Dr. Rainer Schenk vom Aktionsbündnis wissen: „Es wird im Dorf wenig darüber geredet, aber wir haben immer wieder Leute, die sagen, dass ihnen die Windräder nicht gefallen. Die werden sicher nicht alle dabei sein.“ Aus einer Ecke im Saal kommt glühender Applaus. Man werde weiterhin sachlich und offen auf die Bürger zugehen und hoffe, bald ein erstes Kraftwerk errichten zu können, so der Sprecher des Aktionsbündnisses, Georg Huber, zum Schluss.

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