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Brodelnde Stimmung beim Özdemir-Besuch

„Es war richtig schlimm!“ - Störer versauen Grünen und Besuchern Bierzelt-Abend in Hart

Bevor Cem Özdemir im Bierzelt in Hart bei Chieming zur Rede ansetzte, wurde die Bühne von Polizisten abgeriegelt.
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Bevor Cem Özdemir im Bierzelt in Hart bei Chieming zur Rede ansetzte, wurde die Bühne von Polizisten abgeriegelt.

Sprechchöre, Stinkefinger, stundenlanger Trillerpfeifen-Lärm: die Grünen luden zum politischen Abend mit Landwirtschaftsminister Özdemir - doch einige hundert Störer brachten das Bierzelt in Hart bei Chieming völlig aus dem Gleichgewicht. Wir haben mit der Polizei, Bürgermeister Reichelt und der „schockierten“ Grünen Sengl noch einmal zurückgeblickt.

Chieming - Der Andrang war groß am Dienstagabend (1. August) - zu groß für Veranstalter und Polizei: Mit über 2500 Besuchern war das Bierzelt in Hart bei Chieming schon bummvoll, da warteten draußen noch immer 500 Leute. Ein guter Teil davon war aber nicht zum Zuhören da. Über zwei Stunden lang wurde mit Trillerpfeifen alles übertönt: „Sowas hab‘ ich noch nicht erlebt. Ich war schockiert“, sagt Gisela Sengl jetzt gegenüber chiemgau24.de. Auch wenn die Störer in der Minderheit waren: es wurde gebrüllt, gebuht und gepfiffen, egal, was gesagt wurde. Das bestätigen auch unabhängige Beobachter übereinstimmend.

Festleiter: „Keiner hätte gedacht, dass es so extrem wird“

Nicht nur Sengl, als Grünen-Landtagsabgeordnete aus dem Nachbardorf Sondermoning, versuchte mit ihrer Rede gegen den Lärm anzukämpfen. Auch Spitzenkandidatin Katharina Schulze und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir waren geladen. Bevor Hauptredner Özdemir an der Reihe war, trat aber auch nochmal Chiemings Bürgermeister Stefan Reichelt (CSU) auf die Bühne - ungeplant: „In Rücksprache mit der Polizei und Frau Schulze, um etwas Ruhe zu schaffen“, wie Reichelt heute sagt. „Lassts Cem Özdemir reden, danach könnts Ihr pfeifen“, appellierte Reichelt im Bierzelt - ohne Erfolg.

Die drei Redner des politischen Abends der Grünen in Hart bei Chieming, von links: Katharina Schulze, Cem Özdemir, Gisela Sengl.

„Keiner hätte gedacht, dass es so extrem wird“, meinte auch der Festleiter vor Özdemirs Rede auf der Bühne. Freilich sei es eine Ehre für die Veranstalter, den Burschenverein und die Feuerwehr aus Hart, dass der Bundeslandwirtschaftsminister zu Gast ist - auch wenn man inhaltlich nicht auf einer Wellenlänge mit ihm läge. Der Kompromissvorschlag des Festleiters ans Publikum wirkte dann wohl wenig deeskalierend: Die erste halbe Stunde der Özdemir-Rede solle man zuhören und die zweite halbe Stunde „könnts Ihr wieder machen, was Ihr mögts“.

Weder Anzeigen noch Platzverweise - Sengl „froh, dass nichts passiert ist“

Am Anfang war es noch ein gewohntes Bild, wie so oft, wenn Polit-Prominenz aufs Land kommt: Traktoren mit Protestschildern, aufgereiht vor dem Bierzelt. Ein Dutzend war es in Hart. „Das wussten wir und wir hatten den Bulldogs noch extra zwei Spuren freigeräumt“, so Grünen-MdL Sengl. Doch dann seien am Parkplatz schon „aktiv“ Trillerpfeifen verteilt worden - bis es im Laufe des Abends in Sengls Augen „richtig schlimm“ wurde: Stinkefinger, „Halt‘s Maul“- und „Geh nach Hause“-Sprechchöre, primitive Parolen. Özdemir war nur noch mit Polizeischutz auf der Bühne und im Zelt unterwegs.

Öko-Landwirte, Impfgegner, Friedensbewegte, AfD-Anhänger oder konventionelle Jungbauern: die Protestierer kamen aus vielen Richtungen.

Die Polizei forderte im Laufe des Abends zusätzliche Kräfte an, rund 60 Beamte waren schließlich im Einsatz. Trotz des Andrangs und der aufgeheizten Stimmung: „Wir mussten den Eingang regulieren und einige wollten auch über den Zaun steigen. Aber es gab keine Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten“, so Polizeisprecher Maximilian Maier gegenüber chiemgau24.de - auch Platzverweise mussten nicht ausgesprochen werden. „Die Polizei hat das beeindruckend gemanagt“, lobt auch Gisela Sengl. Sie sei „unglaublich froh, dass nichts passiert ist.“

Chiemings Bürgermeister Reichelt (rechts): „Man kam sich vor wie im Fußballstadion mit zwei Lagern. Aber das Grünen-Lager war dann doch in der Mehrheit.“

Bürgermeister: „Egal, was gesagt wurde - die waren nur auf Lärm aus“

Das Sammelsurium an Protest-Publikum war bunt in und vor dem Bierzelt: Öko-Landwirte, Impfgegner, Friedensbewegte, AfD-Anhänger - vor allem aber grantige Jungbauern aus der Region. Vor allem sie sind es gewesen, die für das Pfeifkonzert im Zelt sorgten. „Denen war völlig egal, was gesagt wurde. Die waren nur auf Lärm aus“, meint auch Chiemings Bürgermeister Reichelt. Dabei dürften manche Sätze Özdemirs wahrscheinlich auch den Störern gefallen haben. Wie oft Menschen am Tag Fleisch essen sei ganz ihre Entscheidung, „leben und leben lassen“ - vor allem in der hinteren Bierzelthälfte waren die Trillerpfeifen aber lauter.

Özdemir nach seiner Rede im Gespräch mit Vertretern des heimischen Bayerischen Bauernverbands: „Das Pflugverbot stellt viele Grünlandbetriebe vor nicht lösbare Probleme“, so eine der Ansage gegenüber dem Bundeslandwirtschaftsminister.

Trotz der Turbulenzen findet der Bürgermeister nur Lob für die Organisation der beiden Harter Dorfvereine: „Meinen größten Respekt! Es spricht schon für den Erfolg der Festwoche, dass so hochkarätige Politiker an Land gezogen wurden.“ Am Montag kommt Ministerpräsident Markus Söder. Und auch die Grüne Gisela Sengl konnte dem Abend trotz der Störer vieles abgewinnen: „Wir haben‘s gemeistert. Es war unsere Veranstaltung und die haben wir durchgezogen. Auch wenn ich am nächsten Tag super erschöpft war...“

xe

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