Debatte und aktueller Stand im Stadtrat
„Übermächtige, göttliche Natur“: Erstmals offener Widerspruch zu Windrädern bei Kammer
Beschlossene Sache sind die Windräder zwischen Kammer und Otting noch nicht - doch jetzt regte sich im Traunsteiner Stadtrat erstmals offener Widerstand dagegen: Wir haben die Debatte verfolgt und den aktuellen Stand zum Windkraft-Projekt.
Traunstein - Auf der Tagesordnung stand das Thema eigentlich nicht, aber Robert Sattler (SPD) treibt es trotzdem um. Am Ende der Stadtratssitzung am Donnerstag (24. Oktober) meldete er sich zu den möglichen Windrädern bei Froschham, zwischen Kammer und Otting, zu Wort: „Ich möchte dafür plädieren, dass wir vor lauter Klimarettung den Umweltschutz nicht vergessen.“ Auch als Forstreferent des Stadtrates spielte er darauf an, dass für die Windräder Bäume gefällt werden müssten.
Sattler: Vernichtung von Wald spiele keine große Rolle mehr
Sattler holte weit aus: Die „Weltklimarettung durch den Menschen“ erscheine ihm eine „absolute Überforderung“ zu sein. Die „übermächtige und göttliche Natur“ zeige den Menschen täglich ihre Grenzen. Die Vernichtung von Wald spiele keine große Rolle mehr und der Umweltschutz hätte kaum noch eine Lobby, so Robert Sattler. „Und wo Windparks hinkommen, bestimmen andere. Die kommunale Selbstverwaltung ist zum Teil eingeschränkt.“
Oberbürgermeister Christian Hümmer (CSU) machte klar: Die Windräder bei Froschham kommen nur, wenn sie sich rentieren. „Verdienen wir damit Geld? Das ist die erste Frage. Und die zweite Frage ist: Wie steht unsere Bürgerschaft dazu?“ Ob die Windräder zwischen Kammer und Otting wirtschaftlich sind, werde momentan geprüft. Grundsätzlich stelle sich aber die Frage, wie die Wirtschaft auch in Zukunft mit Engergie versorgt werden könne. „Allein das Chemiedreieck benötigt ein Prozent des gesamtdeutschen Strombedarfs. Und wenn der Bedarf nicht gedeckt wird, werden wir Abwanderungen ins Ausland sehen.“
Gutachten zum Stromertrag soll im November ausgewertet werden
Wie weit sind nun die Gutachten zu den Windrädern? Die Windmessungen sind eigentlich längst abgeschlossen. „Die Stadtwerke haben in Froschham eine Windmessung beauftragt, die von Juli 2023 bis Juli 2024 vom TÜV durchgeführt wurde“, so Stefan Will, Geschäftsführer der Stadtwerke, auf Nachfrage von chiemgau24.de. Aber: Die Daten seien „aufgrund der Auftragslage“ vom TÜV noch immer nicht ausgewertet. Erst dann könne die mögliche Stromerzeugung von Windrädern in Froschham ermittelt werden, die wiederum Basis einer Wirtschaftlichkeitsberechnung sind.
Laut OB Hümmer sollen die Zahlen im Laufe des Novembers ausgearbeitet werden. „Wenn das Ergebnis da ist, werden wir es den Gremien zügig vorstellen - mit einem Vorschlag, welche weiteren Schritte zu nehmen sind.“ Zuletzt hieß es im Mai, dass die Messungen in Froschham aber wohl über den Erwartungen lägen. In 160 Metern Höhe wehe der Wind im Schnitt mit etwa 6,4 Metern pro Sekunde. Pro Windrad wären das jährlich mindestens zehn Gigawattstunden Strom. Der Oberbürgermeister versprach aber bereits voriges Jahr auch: „Gegen den Willen der Ortsteile gibt es keine Windräder.“
Helga Mandl gibt Sattler Kontra
Aus den Reihen des Stadtrates bekam Robert Sattler deutlichen Widerspruch von Helga Mandl (Grüne). Windkraft sei weder ideologisch noch „blöder, grüner Schmarrn.“ Jeder Bürger verbrauche Strom und irgendwo müsse er produziert werden. „Und wenn man es gut macht, kann man damit gut wirtschaften.“ Die Kosten für ein Windrad liegen bei etwa zehn Millionen Euro. Bei Kammer sind bisher weder die Anzahl der Windräder, noch die exakten Standorte fix. Zwei könnten im Wald nördlich der Kammerer Filze (“Demmelfilz“) gebaut werden, drei bis vier im Wald zwischen Zweckham und Froschham.
Die Windräder hätten eine Nabenhöhe von rund 170 Metern, die Gesamthöhe inklusive der Rotorblätter läge dann bei 250 Meter. Beim Flächenbedarf gibt es Anhaltspunkte. Beim Windrad-Projekt der Firma Heidenhain nördlich von Traunreut haben die Fundamente einen Durchmesser von 24 Meter. Der Flächenbedarf pro Windrad liegt bei 4400 Quadratmeter beim Aufbau, danach sind es 4000 Quadratmeter. Schon im Herbst 2025 könnten die Heidenhain-Windräder in Betrieb gehen. Jene zwischen Kammer und Otting könnten laut Stadtwerke frühestens 2028 stehen. (xe)
