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Urteil gegen Unfallfahrer aus Ampfing gefällt

Ampfinger(27) zu Geldstrafe verurteilt: Kein Vorsatz, sondern fahrlässige Körperverletzung

Auf der MÜ26 wurde am 24. Juli 2022 ein schwer verletzter Fußgänger gefunden.
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Auf der MÜ26 wurde am 24. Juli 2022 ein schwer verletzter Fußgänger gefunden.

Traunstein/Ampfing – Am Landgericht Traunstein wurde am 12. September das Urteil gegen einen jungen Mann aus Ampfing gefällt: Ihm wurde vorgeworfen, betrunken seinen Freund überfahren und dann vorsätzlich Fahrerflucht begangen zu haben. Nach einem neuen Gutachten stand aber fest, dass dem Angeklagten, kein Vorsatz nachzuweisen ist. Die Updates zum Prozess.

Übersicht

Update 16.45 Uhr: Ampfinger(27) zu Geldstrafe verurteilt: Kein Vorsatz, sondern fahrlässige Körperverletzung

Nach der Mittagszeit bittet der Vorsitzende Richter Volker Ziegler den Staatsanwalt um sein Plädoyer. Markus Andrä hebt hervor, dass dem Angeklagten kein Vorsatz nachzuweisen sei. Simon S. könne demnach „nur“ fahrlässige Trunkenheit im Verkehr und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen werden. Für den Angeklagten spräche seine Einlassung und dass keinerlei Vorstrafen vorliegen.

Andrä betont, dass die zehnmonatige Untersuchungshaft des Angeklagten nicht nötig gewesen wäre und dies erheblich beim Urteil berücksichtigt werden muss. Dass eine Trunkenheitsfahrt vor dem Schwurgericht verhandelt werden musste, sei wegen der schweren Verletzungen des Unfallopfers notwendig gewesen. „Es war hier mehr als nur ein Schutzengel am Werk“, unterstreicht Andrä seinen Schlussantrag und plädiert für 5.400 Euro Geldstrafe zuzüglich der Kosten für das Gerichtsverfahren.

Verteidigung fordert ein Absehen von Strafe

Dann ist Verteidiger Dr. Adam Ahmed an der Reihe: „Der Fall ist ein sehr, sehr besonderer Fall“, beginnt der Anwalt. Seinem Mandanten sei ein „Verbrechen“ angelastet worden, obwohl es sich um ein „Vergehen“ handelte. Gerade bei der Schwere des Tatvorwurfs wegen versuchten Mordes. Die Verteidigung habe nur auf Drängen des Angeklagten eine umfassende Erklärung abgegeben, die dann Grundlage für die Aufklärung des Sachverhalts war.

Hinsichtlich der Fahrlässigkeit sei zwar eine Schuld festzustellen, eine Untersuchungshaft wäre dafür aber nie infrage gekommen, so der Anwalt. Diese sei sogar gänzlich unnötig und unangebracht gewesen – dagegen seien die Folgen für Simon S. neben der Medienberichterstattung gravierend gewesen. Von einer Strafe sei also gänzlich abzusehen. Dem Angeklagten seien auch nur die Kosten für die Gutachten der Augenärztin und der Rechtsmedizin aufzuerlegen. Verteidigerin Anita Süßenguth betont zudem die Stigmatisierung ihres Mandanten sowie dessen junges Alter und die Schwere des Tatvorwurfs, die die psychologische Auswirkung der Haft noch zusätzlich verschärft.

Richter verkündet das Urteil der Kammer

Nach einer Pause verkündet der Vorsitzende Richter Volker Ziegler dann das Urteil des Schwurgerichts: Wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und fahrlässiger Körperverletzung wird Simon S. zu einer Geldstrafe von 5.400 Euro verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe ist jedoch hinfällig und wird mit der abgesessenen zehnmonatigen Untersuchungshaft als „erledigt“ abgehakt. Zwar zeigte die Kammer Verständnis für die Erschütterung der Familie des Beschuldigten, doch Richter Ziegler betonte, dass der 27-Jährige trotz Trunkenheit und Augenkrankheit einfach zu schnell gefahren sei.

Am Unfallort habe der Angeklagte nicht besonders sorgfältig nachgesehen und dass er seinen Wagen nach der Kollision einfach zu Hause abstellte und seinen Rausch ausschlief, habe zum ursprünglichen Vorwurf „versuchter Mord“ erheblich beigetragen. Ein Absehen von der Strafe, wie die Verteidigung es beantragt habe, sei demzufolge nicht angemessen.

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Update 13 Uhr: Laut Gutachter hatte Angeklagter keine Chance: Kollision mit Opfer war wohl unvermeidlich

Kurz nach 11 Uhr wird der Sachverständige Dr. med. Fritz Priemer um sein Gutachten zu den Verletzungen des Geschädigten gebeten. Der Mediziner errechnete für den Angeklagten Simon S. zwischen 2,05 und 2,44 und für das Unfallopfer 1,77 bis 2,41 Promille Blutalkoholkonzentration zum Unfallzeitpunkt. Der Geschädigte erlitt eine Schädelbasisfraktur mit Gehirneinblutung und neben mehreren Brüchen war auch die Lunge kollabiert. Der damals 24-Jährige befand sich also in akuter Lebensgefahr.

Nun bringt der Sachverständige Hubert Rauscher aus Ruderting sein Gutachten vor. Rauscher ließ Fotos vom Unfallort erstellen, anhand derer Rückschlüsse auf Bewuchs und Lichtverhältnisse zum Zeitpunkt des Unfalls gemacht werden konnte. Zusätzlich werden Fotos der Polizei gezeigt, die kurz nach dem Geschehen aufgenommen worden waren. Weil es zwischen 4.45 und 5.15 Uhr dämmerte und die Lichtverhältnisse innerhalb von 30 Minuten von dunkel auf hell wechselten, ist besonders wichtig, wie das Unfallopfer landete, gekleidet war und welche Farbe die Umgebung hatte.

Der Sachverständige sagt, dass das Opfer die Fahrbahn entweder von links nach rechts überquerte oder vom rechten Fahrbahnrand aus rückwärts ging, als es vom Auto des Angeklagten erfasst wurde. Der Geschädigte wurde an seiner rechten Körperhälfte auf die Motorhaube aufgeladen und stieß mit dem Kopf auf die rechte Hälfte der Windschutzscheibe. Zur Geschwindigkeit des Fahrzeugs errechnete der Gutachter 65 bis 75 Stundenkilometer.

Opfer hätte Zusammenstoß verhindern können

Während des Bremsvorgangs durch den Angeklagten soll das Unfallopfer rund 30 Meter nach vorne an den rechten Fahrbahnrand abgeworfen worden sein, während das Auto weiterrollte. Der Geschädigte sei am Ende zwischen dem angehaltenen Auto und dem Fahrbahnrand gelegen. Nachgestellte Fotos zeigen, dass der Körper bei den Lichtverhältnissen, dem pflanzlichen Bewuchs und bei der Kleidung des Opfers – einer hautfarbenen kurzen Hose und dunkelblauer Oberbekleidung – auch für einen nüchternen Fahrer ohne Augenkrankheit schlecht auffindbar gewesen sei.

Dipl. Ing. Rauscher sagt, dass der Geschädigte den Unfall hätte vermeiden können, wenn er sich nicht in der Mitte der Fahrbahn befunden hätte. Dagegen habe der Angeklagte angesichts seiner Augenkrankheit und Trunkenheit die Kollision nur vermeiden können, wenn er mit maximal 23 Kilometer pro Stunde gefahren wäre. Laut Rauscher sei beim Sichtversuch sofort klar gewesen, dass es sich sogar für einen Normalsichtigen um eine kritische Situation gehandelt habe.

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Update 11 Uhr: Blutspur auf der Fahrbahn, Turnschuhe weggeschleudert: Zeugen zum Unfall

Als zweite Zeugin wird eine Krankenpflegerin aus Waldkraiburg in den Gerichtssaal gerufen. Sie hat am 24. Juli 2022 auf dem Weg zur Arbeit den verletzten jungen Mann am Rand der Kreisstraße MÜ26 zwischen Salmanskirchen und dem Weiler Berg entdeckt. Es war 5.17 Uhr als die Zeugin den Notruf absetzte. Dann stellte sie das Warndreieck auf und begab sich zu dem Verletzten. Bei der Befragung der Zeugin geht es hauptsächlich darum, wie die Sichtverhältnisse zu dem Zeitpunkt waren. 

„Es war hell“, sagt die Zeugin. Nach ihr sei noch ein Kleinbus stehen geblieben, in dem sich weitere Personen befanden. Die Krankenpflegerin gibt an, sich sofort nach dem Notruf zum Unfallopfer begeben zu haben. Der Geschädigte habe laut der Zeugin aus Mund, Nase und Ohren geblutet, sonst habe sie aber kein Blut entdeckt. 

Nach der Befragung der Ersthelferin werden noch die Berichte zweier Polizeibeamter verlesen, die in dem Fall ermittelten. Es ist die Rede von Blutspuren auf der Fahrbahn und der Vermutung, dass das Unfallopfer über die Fahrbahn rutschte oder geschleift worden sei. Im Straßengrabe habe man einen Geldbeutel gefunden, anhand dessen Inhalts der Geschädigte identifiziert werden konnte. 

Noch während die Polizei am Unfallort tätig war, passierte der Vater des Angeklagten den Unfallort und machte sich laut den Beamten große Sorgen, dass sein Sohn bei dem Unfall verletzt worden sein könnte. Sowohl der Angeklagte als auch der Geschädigten wohnen in unmittelbarer Nähe des Unfallorts. Bei der Absuche des Unfallortes wurden auch das Smartphone des Unfallopfers und dessen Turnschuhe aufgefunden.

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Update 10.00 Uhr: Unfallopfer (26) erlitt Schädelbruch – soll aber wieder „topfit“ sein

Als erster Zeuge wird das Unfallopfer, ein 26-jähriger Maurer aus Ampfing in den Zeugenstand gerufen. Der Vorsitzende Richter Volker Ziegler befragt den Geschädigten nun ein zweites Mal zum Unfallhergang und der junge Mann erzählt, dass er abends zu dem Fest geradelt sei, sich dort mit Freunden traf und am Ende noch beim Aufräumen geholfen habe. Er gibt an, über den Abend verteilt Biere und Schnäpse getrunken zu haben. „Was war das letzte Bild, das Sie noch vor Augen haben?“, fragt der Richter. „Wo ich losgegangen bin“, sagt der 26-Jährige. Seine Erinnerung setzt dann erst wieder im Krankenhaus ein. 

Bei dem Unfall erlitt der junge Mann einen Schädelbasisbruch, außerdem brachen zwei Lendenwirbel und das Schlüsselbein. Im Krankenhaus wurde der Geschädigte in ein Koma versetzt und insgesamt viermal operiert. Er war etwa sechs Wochen im Krankenhaus und danach auf Reha. Zum Glück scheint der Maurer keine Schäden davongetragen zu haben, und hat sich gut erholt. Er selbst sagt, es gehe ihm „saugut“. Arbeiten könne er ganz normal und vor etwa eineinhalb Jahren habe er Schmerzensgeld von dem befreundeten Angeklagten erhalten. 

„Ich muss sagen, Sie haben großes Glück gehabt“, schließt Richter Ziegler seine Befragung. Der Sachverständige Dr. med. Fritz Priemer möchte von dem Unfallopfer noch wissen, wie lange der Geschädigte vom Fest bis zum Unfallort gebraucht habe, und der Mann gibt an, dass es zu Fuß etwa acht Minuten dauere. Rechtsanwalt Dr. Adam Ahmed bittet den 26-Jährigen dann eine charakterliche Beschreibung des Unfallverursachers abzugeben und der Geschädigte sagt, es sei ein zuverlässiger, ehrlicher junger Mann: „Er ist mein Spezi.“ Seine Familie habe ihn sehr unterstützt. Schon als Kinder sollen die beiden miteinander ministriert haben. Nach dem Unfall sei das Verhältnis zu seinem Freund eher noch gestärkt worden.

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Vorbericht: Urteil gegen Ampfinger erwartet – hätte Unfallopfer ausweichen können?

Traunstein/Ampfing – Der Prozess gegen Simon S. (27) aus Ampfing steht kurz vor der Urteilsverkündung: Der junge Landwirt soll im Juli 2022 nach einem Fest seinen Freund überfahren und verletzt liegengelassen haben. S. soll an einer Augenkrankheit leiden und zudem betrunken gewesen sein. Weil er dem Geschädigten am Unfallort nicht half, wird ihm wegen fahrlässiger Körperverletzung, Gefährdung des Straßenverkehrs und versuchten Mordes der Prozess gemacht. Beim ersten Prozess gegen den Angeklagten im Juni 2023 konnte jedoch nicht abschließend geklärt werden, ob er dem Unfallopfer mit seinem Auto überhaupt hätte ausweichen können. Aus diesem Grund wurde ein neues Gutachten in Auftrag gegeben und der Prozess am 10. September neu aufgerollt. Am 12. September soll das neue Gutachten nun vorgetragen und das Urteil der Kammer gefällt werden.

Noch vier Stunden nach dem Unfall 1,5 Promille nachgewiesen

Simon S. gab an, dass er nie übermäßig viel getrunken habe – lediglich „beim Weggehen ein paar Bier“. Wegen seiner Augenkrankheit sei er weiterhin in Behandlung. Das Verhältnis zum Unfallopfer, einem Freund und Nachbarn, sei nach wie vor gut. „Immer, wenn ich ihn sehe, bin ich jedes Mal froh, dass es ihm gut geht“, sagte der Beschuldigte vor Gericht. Er betonte, wie sehr ihn und seine Familie die Konsequenzen des Unfalls belasteten. Die Verteidigung hob den hohen Grad an Stigmatisierung seines Mandanten hervor. Als Landwirt ohne Führerschein sei Simon S. nun auch ständig auf Hilfe angewiesen. „Das ist eine große Belastung für mich und meine Familie“, sagte der Beschuldigte zu Richter Volker Ziegler.

Schon im ersten Prozess war strittig gewesen, ob Simon S. die Fahrerflucht mit Vorsatz beging. Er selbst sagte aus, er war der Überzeugung, ein Reh angefahren zu haben. Als er nach dem Aufprall stehenblieb, sei er um das Auto, habe seinen verletzten Freund aber nicht gesehen. Nach dem Aufprall habe er gedacht, dass seine Brille zersprungen sei – tatsächlich war jedoch die Windschutzscheibe seines Autos zu Bruch gegangen. Noch vier Stunden nach dem Unfall gegen 5 Uhr morgens waren dem Angeklagten 1,5 Promille Blutalkohol nachgewiesen worden.

Die Urteilsverkündung ist voraussichtlich am Nachmittag zu erwarten.

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