Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Prozess gegen Ampfinger wegen versuchten Mordes

Eltern sagen aus: Angeklagter soll von überfahrenem Reh und kaputter Brille gesprochen haben

Das Urteil wegen einer Messerattacke in einer Asylunterkunft in Burgkirchen wurde gefällt.
+
Am Landgericht Traunstein wird der Prozess gegen einen Ampfinger Unfallfahrer fortgesetzt.

Traunstein/Ampfing – Vor knapp einem Jahr wurde in den frühen Morgenstunden ein junger Mann schwerst verletzt auf der MÜ26 zwischen Salmanskirchen und Weiler Berg aufgefunden. Nur seinem Schutzengel ist zu verdanken, dass der heute 24-Jährige wieder vollständig genesen ist. Eine Freiheitsstrafe für seinen Freund, der ihn überfahren haben soll, will er nicht.

Update, 15.34 Uhr - Eltern sagen aus: Angeklagter soll von überfahrenem Reh und kaputter Brille gesprochen haben

Mutter des Unfallopfers besuchte regelmäßig die Familie des Angeklagten

Wieder zu Hause sei der Angeklagte laut seinem Vater zusammengebrochen und habe mit sich selbst geredet, wobei er auch ein überfahrenes Reh oder Wild erwähnt haben soll. Die Eltern des Geschädigten sollen gleich nach dem Krankenhaus bei der Familie des Angeklagten vorbeigekommen und hätten auch versucht letzteren zu trösten. „Es war wirklich Wahnsinn, wie die das geschafft haben“, sagt der Vater des Angeklagten. Noch Wochen nach dem Unfall habe der Angeklagte starke psychische und physische Nachwirkungen gezeigt. Man habe auch deswegen nicht weiter nachgebohrt und nachgefragt.

Mutter des Angeklagten im Zeugenstand

Nun wird noch die Mutter des Angeklagten in den Zeugenstand gerufen. Sie sagt aus, dass sie gesehen habe, wie ihr Sohn nach dem Fest mit dem Auto heimgekommen sei und sich schlafen gelegt habe. Danach sei ihr zweiter Sohn und am Ende der Ehemann nach Hause gekommen und „kreidebleich“ gewesen. Er habe ihr von dem Unfall berichtet und dass einer „Zamgfahrn worden ist.“ Ihr Mann sei recht ungläubig gewesen, dass der Sohn so betrunken noch mit dem Auto gefahren sei. Anschließend habe die Mutter das Auto ihres Sohnes angeschaut und festgestellt, dass damit ein Unfall geschehen sei. Auch von dem Wecken des Sohnes und dem Gespräch über den Unfall berichtet die Mutter.

Mutter bestätigt Aussagen des Vaters vom Angeklagten

Der Sohn habe von seiner kaputten Brille gesprochen, die aber nicht kaputt gewesen sei, und konnte ihrer Aussage nach nicht fassen, dass er tatsächlich einen Menschen überfahren haben sollte. Die Zeugin macht im Prinzip die gleiche Aussage wie ihr Mann. Durch die Eltern des Geschädigten sei die Familie des Angeklagten täglich auf dem Laufenden gehalten worden, wie es diesem im Krankenhaus geht. Ihr Sohn dagegen habe sich starke Vorwürfe gemacht und auch Wochen nach dem Unfall stark unter den Folgen gelitten. Auch diese Zeugin sagt aus, dass man im Nachhinein nicht darüber geredet habe, warum ihr Sohn den Geschädigten auf der Straße liegen gelassen habe. 

Am Freitag (16. Juni) wird das Unfallgutachten und ein psychiatrisches Gutachten zum Angeklagten erwartet. Außerdem soll das Ergebnis der DNA-Analyse eines Haares, das am Unfallauto aufgefunden wurde vorgelegt werden. Dann werden Staatsanwalt und Anwälte ihre Plädoyers vorbringen. Das Urteil voraussichtlich dennoch erst am 29. Juni gefällt werden.

+++ innsalzach24.de berichtet auch dann wieder live aus dem Gerichtssaal +++

Update, 15.09 Uhr - „Da ist mir das Herz in die Hose gerutscht“ – Familie des Ampfinger Unfallversachers sagt aus

Angeklagter soll immer da sein, wenn man ihn braucht

Auch der Bruder des Angeklagten wird als Zeuge in den Gerichtssaal gerufen und wird zu dessen Persönlichkeit und den Trinkgewohnheiten befragt. Keiner der Zeugen hatte bisher von aussergewöhnlich großen Trinkmengen gesprochen. Die Mengen bewegten sich zwischen drei und fünf Bier, manchmal Schnäpsen beim Weggehen. Unter der Woche trinke der Angeklagte nicht, so der Zeuge. Zur Persönlichkeit seines Bruders sagt der Mann: „Er ist immer da wenn du ihn brauchst, der schaut um jeden.“ An dem Abend des Vereinsfestes sei sein Bruder von der Arbeit sehr erschöpft und hungrig gewesen, weswegen er auch früher zum Fest aufgebrochen sei als der Zeuge. 

„Über etwas aus Plastik gefahren“

Gegen 3.30 Uhr habe er seinen Bruder an der Bar getroffen, „er war fertig“, sagte der Zeuge. Der Angeklagte habe sich abstützen müssen. Bei der Heimfahrt mit dem Vater des Unfallopfers, habe auch dieser Zeuge gehört, wie das Auto über „etwas aus Plastik“ fuhr. „Aber wenn an der Stelle der Unfall war, ist da kein Mensch gelegen“, so der Zeuge. „Da gehts so weit runter an der Stelle, da siehst nix.“ Als der Zeuge heimkam sei es 5.06 Uhr gewesen und weil die Tür zum Zimmer seines Bruders geschlossen war, ging der Zeuge davon aus, dass sein Bruder zuhause war. Dem Angeklagten sei es nach dem Unfall sehr schlecht gegangen und er habe immer wieder geweint und auch körperliche Symptome gezeigt.

„Da ist mir das Herz zum ersten Mal in die Hose gerutscht“

Als nächster Zeuge wird der Vater des Angeklagten in den Zeugenstand gerufen. Auch er war bei dem Fest in Salmanskirchen und als er dort gegen 3 Uhr seinen Sohn an der Bar angetroffen habe, hatte dieser wohl schon ziemlich viel getrunken. Erst gegen 5.30 Uhr sei der Zeuge heimgefahren und habe dann auf dem nach Hause Weg schon das Rote Kreuz an der Unfallstelle gesehen. „Da ist mir das Herz zum ersten Mal in die Hose gerutscht“, sagt der Vater des Angeklagten. Er habe Angst gehabt, dass seinen Söhnen etwas passiert sei, anwesende Polizisten hätten ihm dann ein Handy gezeigt und gefragt, ob er dieses kenne. Ein Anwesender am Unfallort habe ihm bedeutet, dass keiner seiner Söhne verunfallt sei. 

Mutter des Angeklagten fand Unfallauto

So habe der Vater des Angeklagten den Heimweg angetreten. Zuhause angekommen, habe er dennoch in die Zimmer seiner Söhne geschaut, ob diese wirklich da waren – mit positivem Ergebnis. Nachdem er seiner Ehefrau von dem Unfall erzählte, habe diese ihm erzählt, dass der Angeklagte noch mit dem Auto heimgekommen sei. Sie habe dann das Auto angeschaut und vor Schreck einen Schrei ausgestoßen. Der Vater sagt aus, er habe das Auto gesehen, und es sei zu diesem Zeitpunkt kein großes Loch in der Windschutzscheibe gewesen. Ein Verständiger auf dem Gebiet habe ihm aber erklärt, dass eine zersplitterte Scheibe durch das Eigengewicht zu einem späteren Zeitpunkt einfallen könne.

„Dann muss ich’s gewesen sein“

Dann sei das Elternpaar in das Zimmer des Sohnes, um ihn zur Rede zu stellen. Der Vater sagt, sein Sohn habe nach einiger Zeit des Nebensichstehens gesagt: „Dann muss ich’s gewesen sein.“ Der Vater des Angeklagten sagte dann, er habe bei der Polizei angerufen und die Beamten seien gleich danach – um 7.45 Uhr – gekommen. Einer der Polizisten habe die Familie dann informiert, dass der Geschädigte E. überfahren worden sei. Der Vater des Angeklagten habe daraufhin bei der Familie des Geschädigten angerufen und diese informiert. Zusammen sei die Familie des Angeklagten mit ihm zum Bluttest anschließend ins Krankenhaus gefahren und habe gewartet.

Update, 13.39 Uhr - Blutspritzer des Unfallopfers im Auto: War die Windschutzscheibe des Ampfingers zersplittert oder hatte sie ein Loch?

Ein weiterer Bekannter des Angeklagten wird in den Zeugenstand gerufen und auch er wird zu den Trinkgewohnheiten des 26-Jährigen befragt. Dann geht es um die Geschehnisse am Morgen nach dem Unfall. Der Zeuge sei zum Anwesen der Familie des Angeklagten gefahren und habe aufgeregte Stimmung in der Küche registriert, dann habe er mitbekommen, dass der Angeklagte eine Person überfahren haben soll. Der Zeuge meint sich zu erinnern, dass die Familie darüber geredet habe, die Polizei zu informieren. Der Bekannte, der selbst bei der Feuerwehr aktiv war, wollte das Unfallauto besichtigen, um sich selbst ein Bild machen zu können. Dieses sei in einer Scheune abgestellt gewesen, die für das Auto des Angeklagten zur Garage umfunktioniert worden sei. 

„Windschutzscheibe war auf Beifahrerseite zersplittert“

„Ich bin von hinten auf das Auto zugegangen und an Fahrerseite vorbei. Dann habe ich das Schadenbild auf der Vorderseite gesehen.“ Die linke Seite des Autos und die Stoßstange seien beschädigt gewesen, „die Windschutzscheibe war auf der Beifahrerseite zersplittert.“ Das Glas sei stark – fast wie eine Sessellehne  – eingewölbt gewesen, aber ein größeres Loch habe der Zeuge nicht feststellen können. Bei der Vorlage eines Fotos vom Unfallauto sagt der Zeuge, dass er die beschädigte Windschutzscheibe „so zum ersten Mal“ sehe. Staatsanwalt Merkel hinterfragt diese Aussage kritisch, weil im Auto Blutspritzer vom Unfallopfer festgestellt worden seien. „Ich kann nicht ausschließen, dass da ein kleineres Loch war, aber so wie ich mich erinnere war da keines“, wiederholt sich der Zeuge.

Vater des Geschädigten im Zeugenstand

Als nächstes wird der Vater des Geschädigten in den Zeugenstand gerufen. Dieser bestätigt, dass sein Sohn wieder voll arbeiten könne. Der Zeuge sei selbst auch auf dem Fest gewesen. Seinen Sohn und den Angeklagten habe er vor dem Unfall zuletzt an der Bar gesehen. Er habe das Fest zwischen 5 und 5.30 Uhr verlassen, auf die Uhr habe der Vater nicht geschaut, ein Handy habe er nicht. Bei der Heimfahrt hatte der Vater des Geschädigten den Bruder des Angeklagten mitgenommen. Dabei sei er mit dem Auto über etwas gefahren: „ein kleines Holzstück oder sowas“, sagt der Zeuge. „Aber ich weiß nicht mal, ob das in der Nähe der Unfallstelle war.“ 

Ohne Licht wäre Fahrt nicht möglich gewesen

Gesehen habe er aber nichts. Es habe zwar gedämmert, aber ohne Licht habe man nicht fahren können. Am Morgen habe er dann erfahren, dass sein Junge Opfer eines Verkehrsunfalls geworden war, und sei daraufhin mit seiner Frau in das Krankenhaus gefahren. Die Rekonstruktion, wie die Eltern des Geschädigten erfuhren, dass der Angeklagte der Unfallverursacher gewesen sein soll, fällt dem Zeugen schwer. Der Vater des Unfallopfers gibt an, dass er und seine Ehefrau dies über die Polizei erfahren hätten. 

Update, 11.46 Uhr - „Würde alles tun, um die Sache wiedergutzumachen“ – Bekannte des Unfallfahrers sagen als Zeugen aus

Pünktlich um 9 Uhr wird die Hauptverhandlung gegen den 26-jährigen Angeklagten aus Ampfing fortgesetzt. Erneut ist der Publikumsraum mit vielen Angehörigen und Freunden des Unfallverursachers und Geschädigten gefüllt. Als erster Zeuge wird einer der Verantwortlichen für das Fest in Salmanskirchen in den Zeugenstand gerufen, nach dem der Unfall stattgefunden hatte. Der Mann gibt an, mit dem Angeklagten bei dem Fest kurz gesprochen zu haben, am nächsten Morgen habe er von der Familie des Geschädigten von dem Unfall erfahren, und auch, dass der Angeklagte wohl an dem Geschehenen beteiligt gewesen sein soll. 

„Bodenständiger und anständiger Kerl“

Auch nach dem Ereignis habe der Zeuge die Familie des Angeklagten besucht, der junge Unfallfahrer sei „absolut betroffen“ gewesen, und habe gesagt, „dass er alles tun würde, um die Sache wieder zu machen.“ „Er ist ein sehr bodenständiger und sehr anständiger Kerl“, sagt der Zeuge über den Angeklagten, den er „von klein auf“ kennt. Auf Nachfrage des Verteidigers Dr. Ahmed sagt der Zeuge, dass ihm kein erhöhter Alkoholkonsum an dem 26-Jährigen aufgefallen wäre. Der nächste Zeuge ist ein guter Freund des Angeklagten und wird vom Vorsitzenden Richter Volker Ziegler zu den Ausgeh-Gewohnheiten und dem Alkoholkonsum des Unfallfahrers befragt. Als Feuerwehrmann war der Zeuge auch bei dem Unfall im Einsatz, sei aber vorrangig für die Absperrung der Straße zuständig gewesen.  

„Kann mir überhaupt keinen Reim daraus machen“

Nach dem Einsatz habe er dem Angeklagten eine Nachricht geschrieben und wollte erfahren, wie es ihm gehe. Eine Antwort habe er nicht mehr bekommen. Gerade weil er Angeklagten längere Zeit vorher oft über einen gemeinsamen Bekannten geredet habe, der bei einem Motorradunfall ums Leben kam, weil er nicht schnell genug mit Erster Hilfe versorgt wurde, könne er das Entfernen vom Unfallort nicht nachvollziehen. „Ich kann mir überhaupt keinen Reim daraus machen, dass der S. ihn einfach liegen gelassen haben könnte“, sagt er vor Gericht aus. Auf Nachfrage der Verteidigerin Süßenguth sagt der Zeuge, der Angeklagte sein „ein hilfsbereiter und guter Spezl“. Auch sein Verantwortungsbewusstsein hält er für „hoch bis sehr hoch.“

Vorbericht

Einen Fall wie diesen gibt es wohl selten am Landgericht Traunstein: Denn wenn ein Angeklagter und Geschädigter sich einig sind, dann brauchen sie keinen Richter – würde man meinen. So einfach ist es hier aber nicht, denn der 26-jährige Ampfinger war volltrunken als er seinen Freund überfuhr, und der hätte auch im Rollstuhl landen oder weitere schwere Schäden behalten können. Wegen einer Augenerkrankung sieht der Angeklagte schlecht. Er hielt den Aufprall für einen Wildunfall, und die kaputte Windschutzscheibe für zerborstene Brillengläser.

In diesem Fall lag der Geschädigte nach dem Unfall vier Tage im Koma, verbrachte einen Monat im Krankenhaus und zwei Monate auf Reha. Vor Gericht sagte der heute 24-Jährige aber, dass er wieder vollständig genesen sei – ohne physische und psychische Nachwirkungen. „Ich bin jeden Tag froh, wenn ich wieder arbeiten darf“, sagte er. Ob er dem Gericht etwas verschweigt, weil er befürchtet, nur eingeschränkt arbeiten zu dürfen? Vom Angeklagten soll er ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro erhalten haben. Doch darüber grübeln, warum sein Freund ihn verletzt auf der Straße liegen lassen habe, tut er angeblich nicht. „Meiner Ansicht nach war es der Schock“, sagte er kurz und bündig.

Der rechtsmedizinische Sachverständige konnte der vollständigen und fast wundersamen Genesung nicht so einfach trauen, und wollte die verbliebenen Narben am Schädel des Unfallopfers genauer inspizieren. Auch Richter und Schöffen horchten wegen des großen Verständnisses des Unfallopfers für den Angeklagten auf. „Waren Sie denn einmal böse auf ihn?“, fragte Staatsanwalt Merkel. „Es hilft nichts, wenn S. dafür lange Zeit ins Gefängnis muss“, antwortete der Geschädigte, „er hat mich einfach nicht gesehen.“ Auf eine Nachfrage des Verteidigers, warum der 24-jährige sein Recht als Nebenkläger aufzutreten nicht wahrnehme, sagte er: „S. hat es mir vorgeschlagen, aber das ist kein Thema. Für mich ist wichtig, dass ich wieder gesund bin und dass S. wieder zu Hause ist.“ Nach dem heutigen (12. Juni) sind noch zwei weitere Verhandlungstage für diesen Fall angesetzt. Am 26. Juni wird voraussichtlich das Urteil gefällt.

Kommentare