Prozess wegen Unfall bei Ampfing: Verletzter wurde liegengelassen
Ging das Unfallopfer in der Straßenmitte? Neues Gutachten und Urteil am Donnerstag erwartet
Traunstein/Ampfing – Am 10. September startet der Prozess gegen einen Mann (27) aus Ampfing, der einen Freund nach einem Volksfest überfahren und verletzt im Straßengraben liegen gelassen haben soll. Weil ein neues Gutachten erstellt werden sollte, wurde die Verhandlung neu aufgerollt. In zwei Verhandlungstagen will das Gericht nun zu einem Urteil kommen.
Übersicht
- Update 15.30 Uhr: Ging das Unfallopfer in der Straßenmitte? Neues Gutachten und Urteil am Donnerstag erwartet
- Update 14.30 Uhr: Anklage lautet auf versuchten Mord: Verteidigung betont hohen Grad an Stigmatisierung
- Vorbericht: Freund überfahren und liegengelassen? Neuer Prozess gegen Unfallfahrer aus Ampfing startet
Update 15.00 Uhr: Ging das Unfallopfer in der Straßenmitte? Neues Gutachten und Urteil am Donnerstag erwartet
Dann wird der Angeklagte zu seinen persönlichen Verhältnissen und auch zu seinem Blick auf sein damaliges Trinkverhalten befragt. Simon S., der laut seiner Erklärung seit über zwei Jahren keinen Alkohol mehr trinkt, gibt an, dass er sich an dieses Leben gewöhnt habe und sein Freundeskreis ihn dabei mit großem Verständnis unterstütze. Er gibt aber an, dass er auch damals nicht übermäßig getrunken habe, sondern nur beim Weggehen ein paar Bier. „Ich habe aber nie unter der Woche ein oder mehr Biere gebraucht“, so der Beschuldigte.
In Bezug auf seine Augenkrankheit befragt, gibt der Beschuldigte an, dass er weiterhin in Behandlung sei und Eingriffe nötig würden. Mit dem Geschädigten habe der Beschuldigte nach wie vor ein sehr gutes Verhältnis. „Ich bin immer froh, wenn ich sehe, dass es ihm gut geht“, sagt der 27-Jährige. Für den Angeklagten selbst und ebenso für seine Familie seien die Konsequenzen dieses Unfalls sehr schwer, sagt S. Als Landwirt sei es zudem äußerst schwer ohne Führerschein zurechtzukommen. „Ich bin immer auf Hilfe angewiesen – und das belastet meine Familie natürlich auch“, sagt der Angeklagte.
Dann werden die Gutachten aus der ersten Verhandlung im Selbstleseverfahren als Beweise eingeführt. Am Donnerstag, dem 12. September, wird das neu erstellte Gutachten von einem Sachverständigen vorgetragen. Es sollte darin geklärt werden, ob der Geschädigte möglicherweise auf der Fahrbahnmitte lief. Dies könnte bedeuten, dass selbst ein nüchterner Fahrer dem Unfallopfer bei den gleichen Lichtverhältnissen nicht hätte ausweichen können. Am Donnerstag sollen außerdem noch zudem noch Zeugen gehört. Auch das Urteil soll am zweiten Prozesstag gefällt werden. Verhandlungsbeginn ist um 9.00 Uhr.
Update 14.30 Uhr: Anklage lautet auf versuchten Mord: Verteidigung betont hohen Grad an Stigmatisierung
Der Prozess beginnt und der 27-jährige Angeklagte aus Ampfing, Simon S., wurde mit Ende des ersten Prozesses am 29. Juni 2023 aus der Untersuchungshaft entlassen, weil keine Fluchtgefahr bestand. Der junge Mann sitzt ruhig auf seinem Stuhl. Unter den zahlreichen Zuschauern, die sich im Gerichtssaal eingefunden haben, befinden sich sowohl Familienmitglieder des Beschuldigten als auch des Geschädigten – einem Freund des Angeklagten, der in der Nachbarschaft des Beschuldigten wohnte.
Nach Aufnahme der Personalien verliest Staatsanwalt Markus Andrä die Anklageschrift: Simon S. wird vorgeworfen, am 23. Juli 2022 nach einem Fest in Ampfing / Saalkirchen betrunken mit seinem Auto nach Hause gefahren zu sein. Dabei habe er gegen 5.00 Uhr morgens seinen Freund, den geschädigten B., der ebenfalls auf dem Fest war und betrunken nach Hause ging, angefahren. B. wurde durch den Unfall lebensgefährlich verletzt. Der Angeklagte, dem vier Stunden nach dem Unfall noch 1,5 Promille Blutalkoholkonzentration nachgewiesen wurden, soll seinen Freund verletzt liegen gelassen und Fahrerflucht begangen haben.
Verteidigung beantragte Einstellung des Verfahrens: Abgelehnt
Simon S. steht nun zum zweiten Mal wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässiger Körperverletzung und versuchtem Mord mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr vor Gericht. Weil ein weiteres Gutachten erstellt werden sollte, wurde der erste Prozess am 29. Juni 2023 ausgesetzt. Dem Geschädigten hatte der Angeklagte damals bereits Schmerzensgeld gezahlt und sich zudem beim Opfer und dessen Familie entschuldigt.
Vor Prozessbeginn hatten die Verteidiger von Simon S. die Einstellung des Verfahrens beantragt und als Begründung zahlreiche Fakten genannt, die für den Täter sprechen: Unter anderem wird die Verständigung mit dem Opfer und die frühe Zahlung von Schmerzensgeld sowie der hohe Grad an Stigmatisierung des Angeklagten in der kleinen Dorfgemeinschaft und die hohe psychische Belastung durch die zehnmonatige Untersuchungshaft genannt. Der Beschuldigte trinke seit über zwei Jahren keinen Alkohol mehr. Die Staatsanwaltschaft lehnte die Einstellung des Verfahrens jedoch ab, weil die Schwere der Vorwürfe das nicht gebiete. Der Vorsitzende Richter Volker Ziegler sagt, die Kammer habe sich um einen neutralen Eindruck bemüht, die Einstellung des Verfahrens aber nicht bewilligt.
Vorbericht: Freund überfahren und liegengelassen? Neuer Prozess gegen Unfallfahrer aus Ampfing startet
Am 10. September wird am Landgericht Traunstein der Prozess gegen einen 27-jährigen Ampfinger neu aufgerollt, der im Juli 2022 nach einem Volksfest seinen Freund und Nachbarn überfahren und verletzt liegen gelassen haben soll. Der Angeklagte, der an einer Augenkrankheit leidet, war betrunken und fuhr dennoch mit seinem Auto nach Hause. Weil er seinen ebenfalls betrunkenen Freund, der nach dem Fest zu Fuß nach Hause ging, bei dem Unfall verletzte und Fahrerflucht beging, wird der Fall als „versuchter Mord“ behandelt. Schon im ersten Prozess war jedoch strittig, ob überhaupt Vorsatz im Spiel war. Für die Verhandlung sind zwei Tage angesetzt: Das Urteil wird am 12. September erwartet.
Gutachten sollte weitere Fragen klären
Der Prozess im Juni 2023 musste beendet werden, weil ein neues Gutachten erstellt werden sollte. Der Unfallsachverständige Frank Schmidinger hatte zwar geklärt, wie der Geschädigte mit Kopf und Schulter gegen die Frontscheibe des Unfallwagens geprallt war und dabei schwere Kopfverletzungen erlitt, doch gerade die Lichtverhältnisse zum Unfallzeitpunkt spielten eine große Rolle. Laut Zeugen und dem Sachverständigen musste sich der Unfall zwischen 4:45 Uhr und 5:00 Uhr ereignet haben – doch gerade in diesen 15 Minuten wurde es hell. Der Angeklagte, der an einer Augenkrankheit leidet, hatte ausgesagt, seinen verletzten Freund im Bankettbereich nicht gesehen zu haben. Er sei davon ausgegangen, ein Reh erwischt zu haben, das geflohen sei.
Anhand der Blutspuren auf der Straße war zudem nicht eindeutig feststellbar, wo das Opfer tatsächlich landete, und ob sich der Verletzte noch von der Straße schleppen konnte. Erinnern konnte sich der Geschädigte daran wohl nicht. Entscheidend für das Urteil dürfte das neue Gutachten werden: Laut dem Sachverständigen war das Auto des Angeklagten mit etwa 50 bis 60 km/h unterwegs, als es zum Unfall kam. „Es könnte sein, dass das Opfer zu weit in der Mitte der Straße lief und der Unfall deshalb nicht vermieden werden konnte“, so Schmidinger. Es solle zudem geklärt werden, ob der Angeklagte den Aufprall wirklich als Wildunfall interpretieren haben können.
Angeklagter hatte bereits Schmerzensgeld gezahlt
Ein zentrales Thema in dem ersten Prozess war auch die Trunkenheit des Angeklagten: Mit einem Blutalkoholwert von 1,6 Promille war er laut dem Sachverständigen Dr. Fritz Priemer nämlich stark alkoholisiert und dies habe laut dem Sachverständigen Dr. Priemer auch sein Urteilsvermögen beeinflusst. Ein Vorsatz sei demnach fraglich. Der Angeklagte hat sich vor dem Prozess bei dem Geschädigten und seiner Familie bereits entschuldigt und Schmerzensgeld gezahlt. „Mein Mandant bereut zutiefst, was passiert ist“, erklärte die Verteidigung. Der Angeklagte wurde nach dem Prozess aus der Untersuchungshaft entlassen, da keine Fluchtgefahr bestand.