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Prozess gegen Ampfinger nähert sich dem Ende

Unfallopfer könnte auch vor Auto gelaufen sein: Ampfinger war wohl mit 50 bis 60 km/h unterwegs

Aktenberge auf dem Richtertisch am Landgericht Traunstein.
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Aktenberge auf dem Richtertisch am Landgericht Traunstein.

Traunstein – Nach zahlreichen Zeugenaussagen neigt sich der Prozess gegen einen Angeklagten(26) aus Ampfing dem Ende zu. Er soll im Juli 2022 volltrunken einen Freund (24) überfahren haben. Der Unfallfahrer und das Unfallopfer sind zwar ausgesöhnt, doch wie das Gericht über die Fahrerflucht entscheiden wird, bleibt spannend.

Update, 16.59 Uhr - Blutspuren im Inneren durch Kontakt mit Kopf des Unfallopfers

Nach einer Mittagspause bittet der Vorsitzende Richter Volker Ziegler den Unfallsachverständigen Frank Schmidinger aus Mühldorf um sein Gutachten. Dieser geht gleich zu Beginn auf die Frontscheibe des Unfallautos ein, welche auf dem polizeilichen Foto zertrümmert ist. Auf der linken Seite ist ein V-förmiges Loch ausgeschlagen. Laut dem Sachverständigen soll der Geschädigte dort mit dem Kopf und der Schulter aufgetroffen sein. Auf einem später angefertigten Foto fehle ein größerer Teil der Scheibe. „Die Öffnung der Scheibe hat sich nach der Sicherstellung durch die Polizei also vergrößert“, so Schmidinger. „Wenn die Scheibe die Verbindung zur Dachscheibe verliert, dann ist die Spannung raus und das Glas bricht.“ Die Blutspuren im Inneren des Autos seien durch den massiven Kontakt mit dem Kopf des Unfallopfers entstanden.

Sachverständiger zum Unfallzeitpunkt

Dann erläutert der Sachverständige sein Gutachten zum Zeitpunkt des Unfalls. „Der Geschädigte soll um 4.45 Uhr bei seiner Mutter angerufen, diese aber nicht erreicht haben“, um diese Uhrzeit sei es aber an dem fraglichen Tag noch sehr dunkel gewesen. Bereits 15 Minuten später war es laut Schmidinger aber hell genug zum Zeitung lesen. Den Unfall selbst legt er auf wenige Minuten vor 5 Uhr morgens fest. Der Sachverständige war für das Gutachten selbst zur Dämmerung am Unfallort und kann bestätigen, dass es zum Zeitpunkt des Unfalls noch recht dunkel, aber beim Eintreffen der ersten Zeugin am Unfallort bereits recht hell gewesen sein muss.

Gutachten zu Blutspuren

Bezüglich der Blutspuren auf der Straße sagt der Sachverständige: „Bei Fußgänger-Unfällen hat man immer das Problem: Wie landet ein Mensch?“, so Schmidinger. Aus dem Endspurenbild ist prinzipiell abzuleiten, wie und wo der Geschädigte fiel. „Er mag final in den Bankettbereich hineingekommen sein, es mag sein, dass er da kein Blut verloren hat. Aber Spuren im Bankett konnte ich nicht finden“, so der Gutachter. „Es ist möglich, dass der Geschädigte in das Bankett geschleudert wurde, aber spurenbasiert kann ich das nicht bestätigen.“ Laut dem Sachverständigen sie das Unfallopfer zuerst mit der Hüfte am Motordeckel aufgekommen, dann habe es die Füße hochgerissen und die Schuhe weggeschleudert. „Wir werden aber aus dem Auffindungsort der Schuhe nicht ableiten können, wo der Körper des Geschädigten landete“, so Schmidinger.

Auto mit 50 bis 60 km/h unterwegs

Bereits der rechtsmedizinische Sachverständige hatte von einer Geschwindikeit des Autos im Bereich von 50 bis 60 km/h gesprochen. Dr. Priemer zufolge sei der Ausgang für das Unfallopfer durchaus glücklich gewesen: „Das muss man schon sagen“, meinte er. „Im Wesentlichen liegt das an seiner Konstitution und an dem geringen Geschwindigkeitsniveau.“ Schmidinger zufolge sei seitens des Angeklagten bis zum Zusammenstoß mit dem Geschädigten „keine signifikante Reaktion erfolgte.“ Außerdem könne nicht ausgeschlossen werden, dass der stark alkoholisierte Geschädigte dem Autofahrer mehr oder weniger vor das Auto sprang, wankte oder ging. „Das kann ich ihnen nicht ausschließen“, so Schmidinger.

Unfallopfer vor allem auf der rechten Seite getroffen

Nach einer kurzen Pause beantragen die Verteidiger des Angeklagten die Aufhebung des Haftbefehls. Der Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung bestünde nicht, auch die Fluchtgefahr sei nicht gegeben. Staatsanwalt Merkel tritt dem Antrag entgegen, die Strafkammer wird noch heute über diesen Antrag entscheiden. Dann werden die Gutachter seitens des Vorsitzenden Richters weiter befragt. Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr. Fritz Priemer sagt aus, dass das Unfallopfer mit der rechten Seite seines Oberkörpers und Kopfes vom Auto getroffen wurde. Es sei unbestritten, dass die Augenkrankheit des Angeklagten vor allem die Sicht des rechten Auges beeinträchtige, so Dr. Priemer. Doch die wesentlich umfangreichere Auswirkung auf das Fahrverhalten habe die Alkoholisierung des Angeklagten ausgeübt.  

Nach einem langen Verhanldungstag wurden die Plädoyers auf den 29. Juni verschoben. Dann wird voraussichtlich auch das Urteil gefällt werden.

+++ innsalzach24.de berichtet auch dann wieder live aus dem Gerichtssaal+++

Update, 10.54 Uhr - Ampfinger Unfallfahrer hatte wohl zwei Promille – Was sagen die Blutspuren am Unfallort aus?

Es wird der erste Zeuge in den Gerichtssaal gerufen. Der Mann war einer der Ersten am Unfallort zwischen Salmanskirchen und Weiler Berg und leistete mit anderen Personen Erste Hilfe beim Geschädigten. Eine Helferin habe das Unfallopfer angesprochen, doch der Verletzte habe darauf nicht geantwortet. Anschließend habe der Zeuge mit anderen Personen den Unfallort nach Dingen abgesucht, die für die Ermittlungen wichtig sein könnten. So gibt der Zeuge an, zusammen mit einem weiteren Mann ein Handy des Verletzten gefunden zu haben.

Hat sich das Unfallopfer am Unfallort noch bewegt?

„Wir haben das aber an Ort und Stelle liegen gelassen, und nur der Polizei Bescheid gesagt“, so der Zeuge. Der Mann gibt an, auf der Straße Blutspuren gesehen zu haben. „Es war zu sehen, dass die Blutspur nicht am Unfallort selbst war, sondern auch ein paar Meter weiter vorne“, so der Zeuge. Dann sagt ein Ersthelfer vom Roten Kreuz aus. Er gibt an, dass die Leitstelle Traunstein den Rettungsdienst um 5.19 Uhr alarmiert habe. Nur wenige Minuten später sei man ausgerückt. Als der Helfer an der Unfallstelle ankam, habe man den Verletzten am Boden aufgefunden.

Der Geschädigte habe immer aufstehen und etwas sagen wollen. Verständlich war er aber nicht. Ein weiterer Retter wird als Zeuge in den Gerichtssaal gerufen. Auch dieser Mann sagt aus, dass das Unfallopfer zwar nicht ansprechbar war. Ohnmächtig war er allerdings nicht. Der Verletzte habe versucht sich fortzubewegen und die Helfer hätten den jungen Mann zu seiner eigenen Sicherheit niederhalten müssen. Der Vorsitzende Richter fragt, ob es Blutspuren gegeben habe, die darauf hingedeutet haben könnten, dass sich der Geschädigte von der Böschung auf die Straße bewegt habe. 

Angeklagter hatte wohl acht Halbe Bier

Als Nächstes bittet der Vorsitzende Richter Volker Ziegler den rechtsmedizinischen Sachverständigen, Dr. Fritz Priemer um sein Gutachten. Dieser beginnt mit seiner Analyse zum Alkoholisierungsgrad des Angeklagten. Zum Unfallzeitpunkt berechnet der Sachverständige eine wahrscheinliche Blutalkoholkonzentration von 2,05 Promille. Zwischen 22 und 5 Uhr habe der junge Unfallfahrer also acht Halbe Bier getrunken. Eine Haaranalyse habe ergeben, dass der Angeklagte ein sogenanntes „soziales Trinkverhalten“ zeige. Das heißt, dass wohl kein regulärer übermäßiger Alkoholkonsum vorliegt. Für das Unfallopfer errechnete der Sachverständige eine wahrscheinliche Blutalkoholkonzentration von 2,41 Promille. 

„Mehr als ein Robben nicht vorstellbar“

Zu den Verletzungen des Unfallopfers sagt der Rechtsmediziner, dass nicht abzuschätzen sei, ob und welche Langzeitschäden sich noch zeigen könnten. Vor allem eine Oberkörper- bzw. Lungenverletzung sei sehr ernst zu nehmen. Aber auch eine schwere Kopfverletzung könne noch Folgen nach sich ziehen. Hätte der Geschädigte keine Hilfe erhalten, hätte er nur noch sechs bis zwölf Stunden überleben können. Zur wichtigsten Frage, ob sich der Verletzte noch selbständig zu der Auffindungsstelle bewegt haben könnte, sagt der Sachverständige, dass „mehr als ein Robben nicht vorstellbar“ sei. Die Bewegungen seien nach Ansicht des Gutachters wohl nicht „gesteuert“ gewesen, ein aufrechter Gang unwahrscheinlich. Auch, weil die Bewusstseinslage des Verletzten wohl schwer beeinträchtigt war. Der Sachverständige schließt: „Eine Verlagerung aus eigener Kraft ist nicht vorstellbar.“

Vorbericht

Am 16. Juni wird die Verhandlung gegen einen jungen Unfallfahrer aus Ampfing fortgesetzt, der nach einem Fest in Salmanskirchen volltrunken seinen Freund überfahren und einfach liegengelassen haben soll. Laut dem 26-Jährigen, hielt er den Aufprall für einen Wildunfall. Er habe das Unfallopfer nicht entdeckt, weshalb er davon ausgegangen war, dass das Reh geflüchtet sei. Er fuhr also nach Hause und legte sich schlafen. Als der Vater auf dem Heimweg von dem Fest, wo auch die beiden jungen Männer vorher gewesen sein sollen, das Rote Kreuz und die Polizei am Unfallort antraf, sei ihm das Herz in die Hose gerutscht. Kurz darauf entdeckte die Mutter des Angeklagten, das Unfallauto in der Garage und der gemeinsame Sohn wurde zur Rede gestellt.

Kniffliger Fall

Juristisch dürfte der Fall sehr knifflig sein. Weil der Angeklagte sich unerlaubt vom Unfallort entfernte und Hilfeleistung unterließ, wurde er wegen versuchten Mordes angeklagt. Es wurden ihm gleich mehrere Taten vorgeworfen, die der junge Mann während des Prozesses nie abstritt, und sich mehrmals wegen des Unfalls und dem Verlassen des Unfallortes entschuldigt hatte. So geht es um fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung. Hier könnten maximal drei Jahre Freiheitsstrafe angesetzt werden. Strafmildernd dürfte sich der Alkoholpegel und die Schmerzensgeldzahlung an das Opfer auswirken.

Unfallgutachten am Vormittag erwartet

Besonders schwer wiegt dagegen der Vorwurf des versuchten Mordes in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr. Dies dürfte sowohl bei Verteidigung als auch bei der Staatsanwaltschaft im Fokus der Plädoyers stehen. Grundsätzlich kann auch ein Mordversuch mit lebenslanger Haftstrafe belegt werden, doch Milderungsgründe, wie in diesem Fall die Trunkenheit des Angeklagten, spielen bei der Strafbemessung eine große Rolle. Mindestens dürften drei Jahre angesetzt werden, wenn der Tatbestand als solcher gewertet wird. Aber sowohl der Vorsatz der Trunkenheit als auch das vorsätzliche Unterlassen könnten strittig werden. Wichtig für die Bewertung der Kammer wird in jedem Fall das Gutachten des Unfallsachverständigen und eine eventuelle Antwort auf die Frage, wie es zu Blutspritzern im Inneren des Autos gekommen sein könnte – obwohl in der Windschutzscheibe kein sichtbares Loch gewesen sein soll.

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