Haftbefehl gegen Ampfinger Unfallfahrer aufgehoben
Prozess wird neu aufgerollt: „Sehen uns nicht in der Lage, die Verhandlung weiterzuführen“
Traunstein, Ampfing – Der Gerichtsprozess gegen einen 26-jährigen Ampfinger, der im Sommer alkoholisiert seinen Freund überfuhr, wird am 29. Juni zum Ende kommen. Inzwischen ist der junge Mann aus der Haft entlassen. Ihn dürfte aber dennoch eine saftige Strafe erwarten.
Update, 11.36 Uhr - Kammer wird neues Gutachten einholen
Nach einer Unterbrechnung der Hauptverhanldung, verkündet der Vorsitzende Richter Volker Ziegler, dass die Hauptverhandlung beendet wird. Der Haftbefehl wird aufgehoben. Die Begründung der Kammer lautet wie folgt:
„Die Kammer hat den Anspruch des Angeklagten auf eine zügige Hauptverhandlung mit einer baldigen Aufklärung gegen die Pflicht des Gerichtes zur vollständigen und sorgfältigen Sachverhaltsaufklärung abgewogen. Angesichts des schweren Tatvorwurfes, der Komplexität des Sachverhaltes und den bisherigen Darstellungen der Sachverständigen sah das Gericht Anlass, ein weiteres Sachverständigen-Gutachten einzuholen, das einen erheblichen Zeitaufwand bedeuten wird.“
„Es geht um viel zu viel“
Die Aufhebung des Haftbefehls sei geboten, weil die Kammer unter Berücksichtigung der weiteren Verfahrensdauer, auch einen nicht-vollzogenen Haftbefehl für unverhältnismäßig hielte. Der Vorsitzende Richter erklärte dem Angeklagten, dass es ihm leidtue, dass eine Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht mehr möglich sei. „Wir sehen uns nicht in der Lage, die Verhandlung weiterzuführen. Es geht um viel zu viel, als dass wir zu einer schnellen Entscheidung kommen können.“ Für das geplante Gutachten wird wohl Hr. Rauscher aus München beauftragt. Weitere Termine konnten aber noch nicht genannt werden. innsalzach24.de hält Sie weiterhin auf dem Laufenden.
Update, 10.35 Uhr – Rechtsgespräch: Weitere Termine oder Fortsetzung?
Die Verhandlung gegen den 26-jährigen Ampfinger wurde um 9 Uhr fortgesetzt. Doch weil seitens der Kammer noch immer dringender Tatverdacht besteht und das weitere Vorgehen geklärt werden müsse, schlug der Vorsitzende Richter den Parteien ein Rechtsgespräch vor. Nach Ende des Gesprächs lässt der Vorsitzende Richter Volker Ziegler protokollieren, dass sowohl der Staatsanwalt und der Verteidiger voraussichtlich keine weiteren Beweise vorbringen werden. Nach Ansicht von Staatsanwalt Merkel sei der Tatverdacht auf versuchten Mordes allerdings weiter zu bejahen. Die vom Angeklagten gefahrene Geschwindigkeit von 60 km/h sei seinem Sehvermögen und seiner Trunkenheit nicht angepasst gewesen.
Die Verteidigung habe sich den Feststellungen des Unfallsachverständigen angeschlossen und stellt mögliche weitere Prüfungen durch Sachverständige in Bezug auf die Lage des Unfallopfers und die Unfallmechanik in den Raum – gegebenenfalls mit Computersimulationen. Das Gericht stellte in dem Rechtsgespräch weitere Fortsetzungstermine oder sogar eine Aussetzung der Hauptverhandlung in Aussicht, da es möglich sei, dass neue Gutachten eingeholt werden müssten. Sowohl der Verteidiger als auch der Staatsanwalt hatten sich aber für eine Fortsetzung der Hauptverhandlung ausgesprochen. Staatsanwalt Merkel sprach dann seine Strafvorstellungen an, seiner Meinung nach beziehe sich der bisherige Täter-Opfer-Ausgleich nur auf den ersten Handlungsteil. Es fehle die Verantwortungsübernahme dafür, dass das Unfallopfer am Unfallort einfach zurückgelassen worden sei.
Vorbericht:
Es passierte vor etwa einem Jahr: Der Angeklagte fuhr mit 1,6 Promille Alkohol mit seinem Auto von einem Fest nach Hause und überfuhr dabei seinen Freund, der zu Fuß auf dem Nachhauseweg von dem gleichen Fest war. Weil es noch so dunkel gewesen sei, und der junge Mann an einer Augenerkrankung leidet, soll er von dem Aufprall überrascht gewesen sein und die Kollision für einen Wildunfall gehalten haben. Er stieg also wieder in sein Auto und fuhr nach Hause, um sich schlafen zu legen – das Reh war ja nicht zu sehen.
Angeklagter bereits aus U-Haft entlassen
Obwohl der Angeklagte alkoholisiert war, ist laut der psychiatrischen Gutachterin von voller Schuldfähigkeit auszugehen. Laut dem Unfallsachverständigen war der junge Mann wohl mit 50 bis 60 km/h unterwegs, und fuhr ungebremst in den Geschädigten. Das 24-jährige Unfallopfer, das ähnlich stark alkoholisiert war, wurde an der rechten Körperhälfte vom Auto des Angeklagten getroffen. Es könne also nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass der Geschädigte zu weit in der Mitte der Straße unterwegs war. Die fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung sowie vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr wird demnach weiterhin Bestandteil der Anklage bleiben.
Welches Urteil erwartet den Anklagten?
Dreh- und Angelpunkt für die Strafbemessung der Kammer wird wohl das Entfernen vom Unfallort mit Unterlassung. Inzwischen ist der junge Mann aus der Haft entlassen. Dennoch besteht weiterhin dringender Tatverdacht, aber keine Fluchtgefahr, weil die Bindung in seine Familie so groß ist. Für das anstehende Urteil dürfe zugunsten des Angeklagten die positiven Lebensumstände sprechen, auch sein Geständnis und das bereits vereinbarte Schmerzensgeld, sowie die erlittenen Nachteile der Tat und der Untersuchungshaft. Außerdem ist der Angeklagte nicht vorbestraft. Der Zeitpunkt der Urteilsverkündung ist noch nicht absehbar. Es dürfte aber noch am 29. Juni damit zu rechnen sein.