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Beschauliche Gemeinde in den Schlagzeilen

Antifa gegen AfD, Pflege-Betrug, Wolfsriss, Todesschuss: Was ist in Grassau los, Herr Kattari?

Grassau (Ortszentrum Mitte) ist nicht nur wegen eines Wolfsrisses (rechts/Symbol) in den Schlagzeilen. Das sagt Bürgermeister Stefan Kattari (links).
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Grassau (Ortszentrum Mitte) ist nicht nur wegen eines Wolfsrisses (rechts/Symbol) in den Schlagzeilen. Das sagt Bürgermeister Stefan Kattari dazu (links).

Der beschauliche Ort Grassau im Achental kommt aus den Schlagzeilen nicht mehr raus. Wie ist die Lage im Ort? Wir haben mit Bürgermeister Stefan Kattari gesprochen - auch darüber, ob er noch einmal eine AfD-Veranstaltung in seiner Gemeinde zulassen würde.

Grassau – Grassau ist eigentlich ein beschaulicher Luftkurort im schönen Achental. Momentan kommt die Marktgemeinde mit gut 7000 Einwohnern jedoch nicht mehr aus den Schlagzeilen heraus und erlebt die wohl turbulenteste Vorweihnachtszeit seiner langen Geschichte seit 1259. Alles begann am 8. November, als ein totes Reh zwischen Grassau und Rottau nahe der Kendlfilzmühle aufgefunden wurde. Ein paar Wochen später bestätigte sich der Verdacht eines Wolfsrisses - nicht der erste in der Nähe des Ortes. Zehn Tage später wurde ein Pflege-Betrug publik, dessen spektakulärster Fall ein Diebstahl von 30.000 Euro in bar aus dem Betreuten Wohnen in der Grassauer Kaiserblickstraße war.

Antifa gegen AfD

Es folgte die AfD-Wahlkampfveranstaltung am 30. November in Grassau samt der Gegen-Demo mit Antifa-Beteiligung. Seitdem wird über vermeintliche Gewalt-Vorwürfe gegen die Polizei diskutiert, die ihrerseits eine Anzeige gegen einen Links-Aktivisten wegen Widerstands gestellt hat. Trauriger Höhepunkt war schließlich die vermutliche Geiselnahme und Messer-Attacke am 9. Dezember im Ortsteil Mietenkam, die mit einem Todesschuss gegen den Täter endete.

Für Grassaus Bürgermeister Stefan Kattari ist es wichtig, dass bestehende Einrichtungen des täglichen Bedarfs erhalten bleiben.

Wie steckt der Ort all diese Ereignisse weg? „Es kommt schon so einiges zusammen, wenn man die Dinge zusammenzählt. Das ist ungewöhnlich. Aber die Ursachen sind vollkommen unterschiedlich und es ist kein Zeichen, dass uns die Dinge entgleiten“, sagt Grassaus Bürgermeister Stefan Kattari im OVB-Gespräch. Er wird schon das eine oder andere Mal angesprochen, was gerade in seinem Ort los ist. Vom Pflege-Betrug in Grassau in einem Fall mit bundesweiter Dimension hat der SPD-Mann gar nicht so viel mitbekommen. Dafür hat er zum Thema Wolf als Biologe eine klare Meinung.

„Die Forderung nach Abschüssen von Wölfen ist das Einzige, was aus Bundes- oder Landespolitik kommt. Das hilft aber den betrieblichen Weidetierhaltern in unserer Region nicht. Wir können nicht Tausende Wölfe in ganz Europa ausrotten“, sagt Kattari. Er ist nicht dagegen, einzelne Problemwölfe abzuschießen, allerdings werde das das Problem nicht lösen. Er findet die Unterstützung der betroffenen Bauern in Sachen Schutzmaßnahmen viel wichtiger. Dass auch Wölfe rund um Grassau unterwegs sind, findet der Bürgermeister nicht problematisch: „Ich spüre keine Beunruhigung bei den Menschen. Und dass man wegen des Wolfs Angst um seine Kinder haben muss, ist purer Populismus.“

Ein Wolf unterwegs im Wald: Wie groß ist die Gefahr?

Um das Thema Populismus geht es auch bei der immer noch laufenden Auseinandersetzung um die AfD-Demo und die Gegenveranstaltung im Ort. „Mich macht das sehr nachdenklich. Die Diskussionen in diesem Land werden immer härter geführt. Und beide Seiten nutzen die Situation, um Werbung für sich zu machen“, sagt der Bürgermeister. Die von der Antifa erhobenen Gewalt-Vorwürfe gegen die Polizei kann Kattari als Augenzeuge und Redner bei der Anti-AfD-Demo nicht nachvollziehen: „Die Polizei hat ihre staatsmäßige Pflicht erfüllt und die Lage exzellent im Griff gehabt.“

Das Ortszentrum von Grassau.

Er regt dazu an, in seiner Gemeinde wieder zu echten Gesprächen zu kommen - auch mit Wählern der AfD: „Das sind Menschen, die neben uns im Supermarkt stehen und mit denen wir zusammenleben. Man muss miteinander reden.“ Das hat Kattari bereits vielfach geäußert, Kritiker werfen ihm jedoch vor, dass Worten bislang keine Taten gefolgt sind. Allerdings soll sich das ändern - bei der AfD-Wahlkampfveranstaltung an jenem 30. November saß als „Person meines Vertrauens“ der Ehemann von Kattari im Publikum.

Der als Pragmatiker bekannte Ortschef Kattari hatte gar nicht erst versucht, die Wahlkampveranstaltung der rechtsnationalen Partei im Kleinen Heftersaal juristisch verbieten zu lassen. Würde er das mit Blick auf den riesigen Wirbel noch einmal so machen? Kattari gibt eine klare Antwort: „Wenn die nächste Anmeldung von der AfD kommt, kriegt sie den Saal.“ Die Partei sei nicht verboten, Meinungsäußerungen deshalb erlaubt. Der mögliche öffentliche Schaden für seinen Ort käme deshalb nicht an erster Stelle: „Und ich bin kein Freund von Imagedenken.“

„Bedrückte Stimmung“ im Ort

Der Name Grassau wird in der Öffentlichkeit künftig auch mit der Geiselnahme und dem Todesschuss im Ortsteil Mietenkam verbunden werden. Dass das dem Image als Erholungsort schaden könnte, befürchtet Kattari nicht: „Ich habe das nicht in der Hand, bin mir aber sicher, dass dieser Ort so vielfältig ist, dass er viel mehr zu bieten hat als das mediale Interesse an dieser Tat.“ Allerdings spürt Kattari auch eine „bedrückte Stimmung und viele Fragezeichen im Raum. Jeder möchte gern verstehen, was und warum das passiert ist.“

Weihnachten bringt hoffentlich wieder etwas Ruhe nach Grassau - und dann hoffen Bürgermeister wie Bürger, dass 2025 nach all den Schlagzeilen wieder etwas beschaulicher wird.

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