Wahlberechtigte erhalten Infobrief
Wortklauberei vor Bürgerentscheid in Tuntenhausen: Werden Wähler durch Wortwahl beeinflusst?
Am 8. Oktober können die Tuntenhausener ihre Stimme für oder gegen eine Verbesserung der Nahversorgung in ihrer Gemeinde abgeben. Jetzt kritisierte eine Discounter-Gegnerin ein Wort im Bürgerentscheid als Beeinflussung der Wähler, denn es sei wertend und lenke zu einer positiven Abstimmung.
Tuntenhausen – Der Bebauungsplan „Moorweg“ bewegt die Gemüter in der Gemeinde Tuntenhausen schon seit Jahren und wieder ganz akut seit drei Monaten. Selbst die traditionelle Sommer-Sitzungspause musste unterbrochen werden, um den nun bevorstehenden Bürgerentscheid vorzubereiten und einen Informationsbrief für die Wahlberechtigten auf den Weg zu bringen. Am Text wurde lange und sorgsam gefeilt. Am Donnerstag, 31. August, kam der Gemeinderat zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Sachinformation abzustimmen.
Die Entwicklung der vergangenen Monate
Ein Blick zurück: In seiner Mai-Sitzung hatte der Gemeinderat nach einer hitzigen Debatte die Änderung des Bebauungsplanes „Moorweg“ in Tuntenhausen mit 11:10 Stimmen abgelehnt. Damit war das Projekt „Nahversorgungszentrum mit zweistöckigem Gebäude für Discounter, Büros für die Eder GmbH und Beratungszentrum der VR-Bank sowie erweitertem Edeka-Markt“ begraben. Doch viele Bürger reagierten enttäuscht und machten ihrem Ärger über die Entscheidung gegenüber den Gemeinderäten ordentlich Luft.
14:6-Votum für einen Bürgerentscheid
Die reagierten auf die Bürgermeinung. Am 19. Juni ging in der Gemeindeverwaltung von Tuntenhausen ein von 13 Gemeinderatsmitgliedern unterzeichneter Antrag für ein Ratsbegehren für einen Bürgerentscheid ein. In der Gemeinderatssitzung vom 29. Juni wurde darüber diskutiert. Schließlich entschieden sich die Räte mit einem 14:6-Votum dafür, die Entscheidung in die Hand der Bürger zu legen und ihnen folgende Frage zu stellen: Soll der Beschluss des Gemeinderates vom 25. Mai aufgehoben und der Bebauungsplan „Moorweg“ geändert werden, um eine Verbesserung der Nahversorgung im Gemeindebereich zu erreichen?
Rechtsaufsicht und Innenministerium geben grünes Licht
Anfang August ging in der Verwaltung die Genehmigung des Bayerischen Innenministeriums für den Bürgerentscheid ein. Somit waren die Weichen dafür gestellt, dass die Bürger der Gemeinde Tuntenhausen am 8. Oktober ihre Stimme nicht nur für die Landtags- und Bezirkswahl abgeben, sondern auch ihre Meinung zur Nahversorgung in Tuntenhausen kundtun können.
Sachliche Information für die Bürger
Seit Wochen wird an den Formulierungen des Informationsblattes für die Bürger gefeilt. Es soll sachlich über den Grund für die Durchführung des Bürgerentscheids aufklären. „Unsere Verwaltung hat sorgfältig geprüft, welche Informationen enthalten sein müssen und welche nicht“, stellte Bürgermeister Georg Weigl (CSU/FW) den Textentwurf vor. Josef Friesinger (PF Schönau) fragte Details zu den gesetzlichen Regelungen nach, denn im Infobrief heißt es unter anderem recht kompliziert: „Die Frage ist in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen beantwortet wurde, und diese Mehrheit mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten beträgt.“
Gute Wahlbeteiligung in der Gemeinde
Geschäftsleiter Erik Thomas erläuterte, dass es circa 5500 Wahlberechtigte in der Gemeinde gebe. Bei Kommunalwahlen, so informierte Bürgermeister Weigl auf Nachfrage des OVB, liege die Wahlbeteiligung in der Gemeinde meist bei etwa 80 Prozent, bei Landtagswahlen bei etwa 60 bis 70 Prozent. Er ist überzeugt davon, dass die Beteiligung am Bürgerentscheid so rege sein werde, dass das demokratische Ergebnis den Bürgerwillen abbildet.
Keine wertenden Informationen
Stefan Hofbauer (UW Ostermünchen) fragte nach, ob der Infobrief um Aussagen aus dem Schreiben der Regierung Oberbayerns zum Nachversorgungsstandort Tuntenhausen oder Informationen der Volksbank Raiffeisenbank eG Rosenheim ergänzt werden solle. Der Bürgermeister erläuterte, dass das zu viele Details seien, die als Wertung ausgelegt werden könnten.
Margit Kraus (Liste 83104) wollte die Kernfrage des Bürgerentscheids geändert wissen. Sie störte sich am Wort „Verbesserung“: „Es ist wertend und lenkt hin zu einer positiven Abstimmung.“ Verwaltungsleiter Erik Thomas erinnerte daran, dass diese Fragestellung das Ergebnis einer demokratischen Entscheidung (14:9) des Gemeinderats in seiner Sitzung vom 29. Juni ist. Die Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamtes habe diese geprüft, um den Passus „Nahversorgung, insbesondere im Lebensmittelbereich“ ergänzt und genehmigt. Das Bayerische Innenministerium habe bestätigt, dass die Frage des Bürgerentscheids keinen Einfluss auf die Wahl zum Landtag oder Bezirk habe.
Bundesnetzzentrale genehmigt Infobrief
Der Gemeinderat – aufgrund der Ferienzeit leicht ausgedünnt – stimmte dem Textentwurf mit 12:2 Stimmen zu. Noch am selben Abend (31. August) wurde der Infobrief zur Rechtsabteilung der Bundesnetzagentur gesandt. „Diese prüft, ob der entsprechende Inhalt über eine Postwurfsendung verteilt werden kann“, erläuterte Thomas. Schon am Freitag, 1. September, ging die Genehmigung in der Gemeindeverwaltung ein. In der kommenden Woche geht das Infoblatt in Druck. Voraussichtlich Mitte September, so schätzt der Verwaltungsleiter, werde es per Postwurfsendung die wahlberechtigten Bürger der Gemeinde erreichen.
Das sind die Pläne der VR-Bank am Standort Tuntenhausen
Die Volksbank Raiffeisenbank eG Rosenheim hat ihren Kunden in einem Schreiben vom 28. August mitgeteilt, dass der geplante Neubau in Tuntenhausen mit „zentraler Lage in der Gemeinde, ausreichend Parkmöglichkeiten sowie der Nähe zu Einzelhandelsgeschäften“ sich für einen neuen, gut erreichbaren und attraktiven Standort eigne.
Zugleich informiert die VR-Bank darüber, dass die beiden Filialen in Schönau und Ostermünchen in einer Geschäftsstelle in zentraler Lage in Tuntenhausen zusammengeführt werden sollen. „Wir möchten damit einen offenen und einladenden Ort der Begegnung schaffen, an dem die Berater für alle Finanzdienstleistungen zur Verfügung stehen“, heißt es. Am neuen Standort sollen „neben längeren Servicezeiten auch eine moderne und umfangreiche Ausstattung zur automatisierten Ver- und Entsorgung von Bargeld“ geschaffen werden. Die Bankautomaten in Schönau und Ostermünchen, so heißt es weiter, sollten bis auf Weiteres erhalten bleiben.
