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„Wohnen darf kein Luxus sein“

Strafzahlung für Leerstands-Wohnungen in Wasserburg: Jusos-Forderung berechtigt oder populistisch?

Den Jusos Rosenheim-Land wurden Leerstände in Wasserburg gemeldet.
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Den Jusos Rosenheim-Land wurden Leerstände in Wasserburg gemeldet. Liegt es auch daran, dass die historische Altstadt (Blick auf die Innfassade) komplett unter Denkmalschutz steht?

Die Wohnungssituation in Wasserburg gilt als angespannt. Und trotzdem gibt es Leerstände. Die Jusos Rosenheim-Land melden sich deshalb mit Forderungen zu Wort. Warum der Vorstoß der Jusos auf Kritik und Tadel stößt.

Wasserburg – Nach den Hausbesetzungen in Rosenheim wollen nun die Jusos Rosenheim-Land dem Leerstand in der Region Einhalt gebieten. Und damit „vor der eigenen Haustür“ beginnen − nämlich in Wasserburg. Vor sechs Wochen hatte die Jugendorganisation der SPD den Leerstands-Melder ins Leben gerufen. Auf ihrer Website veröffentlicht sie, wo im Landkreis leerstehende Häuser und Wohnungen vorhanden sind. Ein Drittel der Meldungen seien in Wasserburg, wie die Jusos in einem Schreiben erläutern. Auf der Website der Jusos sind bisher 16 Leerstände in Wasserburg eingezeichnet.

Diese Leerstände haben die Jusos Rosenheim-Land gesammelt und veröffentlicht.

Denn „Wohnen darf kein Luxus sein“, heißt es außerdem in einer Pressemitteilung der Jusos Rosenheim-Land. Deswegen wenden sie sich mit zwölf Forderungen an den Vorstand und die Stadtratsfraktion der SPD in Wasserburg. Darin heißt es zum Beispiel, dass die Stadtverwaltung eine Leerstands-Abgabe einführen soll. Diese würde Immobilien-Besitzern „direkt an den Geldbeutel gehen“ und ihnen „genauso wehtun wie der Gesellschaft der fehlende Wohnraum“. Luca Fischer, Vorsitzender der Jusos Rosenheim-Land, erklärt, dass dadurch auch das Vermögen in der Gesellschaft wieder gerechter verteilt werden solle.

Keine genauen Zahlen zum Leerstand

Außerdem seien Zahlen zu den Leerständen in der Stadt nötig. „Unsere Meldeplattform kann keine genauen Daten liefern, da sie nur die Eintragungen der Menschen berücksichtigt“, sagt Fischer. Detailliertere Angaben seien jedoch über den Stromversorger möglich. „Je nachdem, wie viel Strom bei einem Anschluss verbraucht wird, kann man ablesen, ob die dazugehörige Wohnung genutzt wird“, sagt er.

Besonders wichtig ist der Jugendorganisation der SPD, bezahlbaren Wohnraum für junge Leute zu fördern. „Mehr als die Hälfte des Einkommens für Miete zu zahlen, ist für Berufseinsteiger nicht zu stemmen“, erklärt Fischer. Er befürchtet, dass sich junge Leute in Zukunft einen Wohnort außerhalb der Region suchen könnten. „Als junger Mensch will man ja etwas erreichen. Und das muss auch hier möglich sein“, betont der Vorsitzende.

Den Jusos sei bewusst, dass „der Handlungsspielraum von Kommunen durch die Schuldenbremse stark eingeschränkt“ sei. „Diesen Faktor haben wir bei unseren Überlegungen beachtet“, heißt es in dem Antragsschreiben.

So schätzt Bürgermeister Michael Kölbl die Lage ein

Wasserburgs Bürgermeister Michael Kölbl betont auf Anfrage zu den Forderungen der Jusos, dass die Innstadt eine der wenigen Kommunen sei, die eine echte Wohnungspolitik betreibe. So habe die Stadt erst neuen Wohnraum in der Ponschabaustraße und in der Burgau Nord geschaffen. Außerdem plane die Kommune rund 80 Wohneinheiten auf dem ehemaligen Gelände der Essigfabrik. Hier soll bekanntlich ein neues Wohngebiet, auch mit geförderten Angeboten für Mieter mit kleinem Geldbeutel, entstehen. Auch bei privaten Bau-Investoren setze sich die Kommune dafür ein, dass sozialer Wohnraum entstehe. „Wir bleiben dran am Thema Wohnungsmangel“, sagt Kölbl. Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Wasserburg (GWG) habe in der Hermann-Schlittgen-Straße 33 Sozialwohnungen gebaut, in die die ersten Mieter bereits 2020 eingezogen seien. Für die Dauer von 25 Jahren kann Wasserburg Mietervorschläge unterbreiten. Laut Website der Stadt hatte sie im „Gegenzug den Kaufpreis ermäßigt, als die GWG das Grundstück erworben hat.“ Kölbl betont jedoch, dass Wasserburg nur als Gesellschafter der GWG fungiere, so wie alle der etwa 1.000 Mitglieder der Genossenschaft.

Ziel: Wohnraum für junge Leute

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Friederike Kayser-Büker bestätig, dass es einen angespannten Wohnungsmarkt gebe. In den Fokus stellt sie vor allem günstigen Wohnraum für Schüler, Auszubildende und Studenten. Das werde auch immer wieder auf Landkreis-Ebene angesprochen. Potenzial sieht die SPD-Fraktionsvorsitzende vor allem im Gelände am Ex-Krankenhaus in Wasserburg. Auch hier ist langfristig gesehen ein neues Quartier geplant.

Eine Forderung der Jusos: Die Stadt soll ihr Vorkaufsrecht aktiver nutzen. Diese Chance prüfe Wasserburg stets genau, erklärt Kölbl. Doch so einfach sei es nicht. „Wenn wir davon Gebrauch machen, müssen wir so in den Kaufvertrag einsteigen, wie er zwischen Verkäufer und dem eigentlichen Käufer getroffen wurde. Da haben wir keinen Spielraum für Verhandlungen und kaufen nur, wenn es sich rentiert“, erklärt der Bürgermeister.

Kölbl betont, dass über das Stadtmanagement die Möglichkeit bestehe, Leerstände auf der Website der Stadt zu veröffentlichen und dort anzubieten. Das gelte sowohl für gewerbliche Flächen als auch für Wohnraum. „Bis jetzt hat sich jedoch noch niemand gemeldet“, sagt der Bürgermeister. Genaue Zahlen zu Leerständen gibt es laut Kölbl jedoch nicht.

Denkmalschutz ist kein Hindernis

Auch die Stadtbaumeisterin, Mechtild Herrmann verweist darauf, dass es kein Leerstandkataster für Wasserburg gebe. Für leerstehende Wohnungen könne es verschiedene Gründe geben. „Eventuell kann sich der Eigentümer keine Renovierung leisten oder er überlässt Erneuerungen den Erben“, erklärt Hermann. Der Denkmalschutz, der auf vielen Häuser in der Altstadt zutrifft, bilde jedoch kein alleiniges Hindernis. „Eine Renovierung hier ist eventuell etwas aufwendiger, jedoch kann man in einigen Fällen um Zuschüsse anfragen und Geld steuerlich abschreiben“, sagt sie.

Die Schaufenster stehen leer und Graffiti ist an die Wand geschmiert – Häuser am Weberzipfel in Wasserburg.

Die Stadt biete seit Jahren an, Vermieter bei rechtlichen und organisatorischen Fragen zu beraten, sagt Kayser-Büker. Die Nachfrage dafür sei jedoch gering. „Wir wissen schon, welcher Wohnraum leersteht“, erklärt sie. Die Ursachen dafür seien jedoch unterschiedlich, sodass es nicht eine einzige Lösung dafür gebe. „Bei manchen ist die Erbnachfolge noch nicht geklärt. Andere wollen nicht vermieten und müssen erst noch sanieren“, so Kayser-Büker. Eine verpflichtende Leerstandsabgabe, wie von den Jusos ebenfalls gefordert. führt laut ihrer Einschätzung jedoch nicht automatisch dazu, dass Besitzer unmittelbar beginnen, ihre Immobilien zu renovieren.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Kayser-Büker macht jedoch auch deutlich, dass sie den Vorstoß der Jugendorganisation ihrer Partei kritisch sieht. „Uns ist durchaus bewusst, dass die Wohnungssituation in Wasserburg hoch angespannt ist“, sagt sie, „dafür braucht unser SPD-Ortsverein keinen Brief der Jusos.“ Die dort formulierten Forderungen für Wasserburg seien von „großen Wissensdefiziten“ geprägt. Den Vorstoß bewertet sie sogar als „populistisch“. Die Jusos seien über die Verhältnisse in Wasserburg und die Wohnungspolitik der Stadt anscheinend nicht ausreichend informiert gewesen. „Deshalb hätten wir uns im Vorhinein mit den Jusos gerne an einen Tisch gesetzt, um mit ihnen über den Wohnungsmangel und über das, was die Stadt Wasserburg schon dagegen tut, zu sprechen“, sagt sie. Das Angebot stehe auch weiterhin.

12 Forderungen der Jusos Rosenheim-Land

Diese Forderungen stellten die Jusos Rosenheim-Land an den Vorstand und die Stadtratsfraktion der SPD-Wasserburg.

1. Ausbau der „Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft eG“

2. Vorverkaufsrecht der Stadt Wasserburg noch aktiver nutzen

3. Ankauf von Grundstücken für gemeinnützigen Wohnbau

4. Genaue Leerstandrecherche durch die Stadt Wasserburg durch die Ermittlung von Anschlussnutzern

5. Einführung einer Leerstandsabgabe - 50 Prozent der Durchschnittsmiete

6. Sonderbudget zur Sanierung stadteigener Immobilien

7. Starter-Wohnungen für junge Menschen

8. Überbauung von Flachbauten wie Supermärkten mit Wohnungen

9. Mieterberatung einführen

10. Projekte wie „Wasserburg-Ateliers“ nicht mehr genehmigen - Wohnraum für alle, nicht nur für die Reichen!

11. Bodenspekulationen beenden! - Zwangsweise Umwidmung bei zwei Jahren nicht genutztem Bauland

12. Schnelles vermieten stadteigener Wohnungen. Kein Leerstand mehr als drei Monate

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