Konzert am 11. Mai
Begeistert seit 50 Jahren: Wie das Wasserburger Kammerorchester Generationen verbindet
Hier spielt das Alter keine Rolle: Von 16 bis weit über 80 Jahre erstrecken sich beim Wasserburger Kammerorchester die Altersgruppen der Mitglieder. Schon seit 50 Jahren verbindet die Musik Generationen miteinander. Über ein besonderes Ensemble.
Wasserburg – „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“: Diesen berühmten Satz des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche sehen wohl die Musiker des Wasserburger Kammerorchesters (WKO) ähnlich. Seit vielen Jahrzehnten gibt es die musikalische Truppe schon, im Herbst feiert das Orchester 50-jähriges Jubiläum. Grund genug, um einmal hinter die Kulissen zu schauen. Dabei helfen vier aktive Mitglieder: Dr. Siegfried Seubert, Gründungsmitglied und Zweiter Orchestervorstand, Milena Selensky, stellvertretende Vorsitzende des WKO, Geigenspielerin Paula Martinez Spiel aus Aschau am Inn und Geigenspieler Luca Cortese aus Pfaffing.
Rund 25 Musiker beim Wasserburger Kammerorchester
Im Alter von 16 bis weit über 80 Jahren sind rund 25 Musiker aus der Region in dem Ensemble dabei. Jeden Freitagabend probt das reine Streicher-Ensemble zwei Stunden im Musiksaal des Wasserburger Gymnasiums. Paula Martinez Spiel ist mit ihren 16 Jahren das jüngste Mitglied und spielt seit etwa einem Jahr im Orchester. Angefangen hat die Schülerin mit Blockflöte. „Meine Lehrerin hat damals gemeint, dass ich ein gutes Gehör habe“, erzählt sie. So sei sie in den Geigen-Unterricht „gesteckt“ worden – und geblieben.
Seit acht Jahren spielt sie das Streichinstrument, im Wasserburger Kammerorchester ist sie eine der ersten Geigen. Nach dem Abitur am Garser Gymnasium will Paula Martinez Spiel aber keine weiterführende musikalische Ausbildung anstreben. „In meinem Alter ist es schon fast unrealistisch, die Geige noch als Profi zu spielen. Da müsste ich jetzt schon auf dem Podium stehen“, erklärt sie. Für sie soll es in Richtung Naturwissenschaften gehen. „Vielleicht Biologie, Chemie oder Medizin“, sagt die 16-Jährige.
Luca Cortese will ebenfalls studieren, am liebsten auf Lehramt in München. „Dann ist er auch nicht so weit weg“, wirft Milena Selensky gleich ein, die darauf hofft, dass der junge Nachwuchsmusiker dem WKO erhalten bleibt. Die Zeit bis zum Studium überbrückt der 20-jährige Pfaffinger als Postbote. Auch schon während seiner Schulzeit habe er im Gasthof in Forsting gejobbt. Das war während der Corona-Pandemie aber weitestgehend vorbei. So schwenkte Luca Cortese um und trägt seitdem Briefe und Packerl aus. Im Herbst geht es dann für ihn an die Uni. Voraussichtlich werde er Politikwissenschaften oder Geschichte studieren, „dafür interessiere ich mich sehr“.
Bei Konzert auf WKO aufmerksam geworden
Interessen hat der junge Mann auch an Konzerten, der Oper oder dem Ballett. „Oft suche ich mir einen Platz, damit ich in den Orchestergraben hinabschauen kann“, sagt er schmunzelnd. Das sei für den langjährigen Geigenspieler besonders spannend. Er findet grundsätzlich, dass die Nachwuchsförderung, besonders an den Schulen, „gut unterstützt“ werde. An seiner ehemaligen Schule, dem Gymnasium in Gars, habe es die Möglichkeit gegeben, Geige zu lernen. Diese habe der 20-Jährige sofort ergriffen. „Ich fand das Musikinstrument schon immer toll“, schwärmt er. Bei einem Konzert sei er auf das Wasserburger Kammerorchester aufmerksam geworden. „Das war schon echt super“, erzählt er. So sei er dort eingestiegen und spielt seit 2023 mit.
Milena Selensky ist seit 2008 beim WKO und seit rund fünf Jahren die Zweite Vorsitzende des Vereins. Sie spielt „seit rund 30 Jahren“ – also seit sie fünf ist – Geige. „Da war meine Mama rigoros. Ich musste praktisch ein Instrument lernen“, erzählt sie lachend. Sie startete mit Klavier, obwohl die Lektionen eher in eine Art von Gesangsunterricht ausgeartet seien, sagt sie lachend. So wechselte sie letztendlich zum Streichinstrument und blieb dabei. Als zweite Vorsitzende hat die Soyenerin einiges für das WKO zu tun: Organisation, Werbung, Gestaltung der Homepage, Vereinswahlen, Konzerte und Kartenvorverkauf, zählt sie auf. „Es sind viele Kleinigkeiten“, erklärt sie.
Vereinsausflüge, Sommerfest, Konzerte
Am meisten freue sie sich aber über die gute Stimmung im Verein. „Jeder ist willkommen. Bei uns wird nicht streng kategorisiert. Wir musizieren miteinander“, betont sie. So gebe es auch keine Streitigkeiten, zum Beispiel bei der Wahl der ersten oder zweiten Geige. „Bei uns geht es überhaupt nicht elitär zu, im Gegenteil. Wir wollen ein Werk, eine Vorstellung und einen gemeinsamen Klang schaffen“, erklärt Milena Selensky. „Und ich glaube, wir brauchen uns nicht verstecken“, sagt die 34-Jährige stolz.
Das sehen die restlichen Mitglieder genauso. Für Luca Cortese und Paula Martinez Spiel ist auch „das Beisammensein“ das Besondere am Vereinsleben im Kammerorchester. Nach den Proben kehren die Mitglieder oft noch ein, wobei es in Wasserburg „gar nicht so einfach“ sei, spätabends für eine große Truppe ein Lokal zu finden. So sind die Hobby-Musiker oft im „Green18“ in Penzing anzutreffen. Auch Vereinsausflüge und ein Sommerfest gehören dazu, ganz abgesehen von den eigentlichen Auftritten des WKO. Das nächste Konzert findet am Muttertags-Sonntag (11. Mai), um 11 Uhr im Rathaussaal in Wasserburg statt.
Dafür wird schon fleißig geprobt. „Wir spielen jede Woche zwei Stunden miteinander, das ist körperlich und geistig sehr anstrengend“, weiß Siegfried Seubert aus Erfahrung. Der Titlmooser ist seit der Gründung des Vereins im Jahr 1975 dabei. Damals sei ein Aufruf des Pianisten Klaus Kaufmann dazu in der Zeitung erschienen, erinnert er sich. Seubert habe sich gemeldet und mit rund 20 Hobbymusikern ging es damals los. Der pensionierte Tierarzt spielt Geige, seit er sechs Jahre alt ist. Zwischenzeitlich habe er zur Bratsche gewechselt, der er bis heute treu geblieben ist.
Nachwuchsförderung sehr wichtig
Schon seit vielen Jahren fördert und fordert der Verein den Nachwuchs. Es gebe auch die Gelegenheit für junge Solisten, mit dem Orchester zu spielen. „Das ist für junge Musiker schon etwas Besonderes. So stehen sie nicht so ganz allein im Rampenlicht und werden musikalisch von uns begleitet.“ Das finden auch Luca Cortese und Paula Martinez Spiel „sehr praktisch“ – denn kleine Fehler passieren jedem mal „und das hört man im großen Orchester nicht gleich heraus“, sagt der Pfaffinger augenzwinkernd.
Konzert des Wasserburger Kammerorchesters
Das Wasserburger Kammerorchester gibt am Sonntag (11. Mai) um 11 Uhr im Rathaussaal ein Konzert mit jungen Solistinnen und Solisten sowie ihren Lehrern. Mit dabei sind: Magdalena Baumgart mit Sebastian Krause, Antonia Fußeder mit Stefan Fußeder, Emilie Härtel mit Sabine Burkali-Weiskirchner, Lucy Hiebl mit Luis Carlos Juarez, Sara de Miguel Navarro mit Sarah Emmert, Sebastian Rein mit Sarah Emmert, Katharina Schüle mit Petra Wilhelm, Viktoria Stegemann mit Andrea Brucker sowie Lotta Weiglein mit Marija Hackl.
Der Eintritt ist frei, Spenden werden erbeten.

