Lange Zeit OVB-Redakteur und Radiojournalist
Warme, dunkle Stimme ist verstummt: Trauer um Priener Journalisten und Musiker Ulli Nathen-Berger
Ein Brummbär mit Ecken und Kanten. Eine coole Socke. Kritisch, hilfsbereit, begeisterungsfähig, freundlich, direkt, fröhlich. Unser langjähriger OVB-Kollege Ulli Nathen-Berger war gerne Journalist. Und er war ein leidenschaftlicher Musiker. Nun ist seine warme dunkle Stimme verstummt.
Prien – Sein Presseausweis 2025 liegt seit einem Vierteljahr auf meiner Tastatur. Er wird dort liegen bleiben. Ulli Nathen-Berger braucht ihn nicht mehr. Nicht einmal mehr als Lesezeichen. Er starb am Mittwoch (12. März) mit 73 Jahren. Der Krebs hat gewonnen.
Ulli Nathen stammte aus Nordrhein-Westfalen. Zuhause fühlte er sich jahrzehntelang im Chiemgau, mehr als ein Dutzend Jahre lang in Prien. Hier fand er, was er nicht mehr für möglich gehalten hatte: den Menschen seines Lebens. Im Oktober 2011 wechselte Ulli Nathen nach zehn Jahren aus dem Haupthaus des Oberbayerischen Volksblattes in Rosenheim als Lokalredakteur zur Chiemgau-Zeitung. Die Wohnung war gemietet, die Umzugskartons stapelten sich. Und wurden nie so richtig ausgepackt.
Denn auf einmal war da Anita, „das größte Glück seines Lebens“, sagt der gemeinsame Freund und Band-Kollege Kalle Wackerbarth. Es war eine ganz tiefe Liebe. Es hatten sich zwei Menschen gefunden, die damit nicht gerechnet hatten und die sich perfekt ergänzten. Aus Ulli Nathen wurde bald Ulli Nathen-Berger, die Umzugskartons zogen mit in die „Berger-Burg“. Fotografin Anita steckte sich mit der Musikleidenschaft ihres Mannes an. Schreiber Ulli griff immer öfter zur Kamera, wusste irgendwann fast alles über den goldenen Schnitt, stürzende Linien und Portraits.
Am Mikrophon, mit Block und hinter der Linse
Womit der Journalist Ulli Nathen-Berger den dritten großen Bereich seines Berufes erobert hatte. Denn in Oberbayern ging der große Kerl aus Altena Mitte der 90er zunächst auf Sendung. „Was ihn beim Radio auszeichnete, war – neben seinem journalistischen Können – seine dunkle, sehr radiotaugliche Stimme“, sagt Michael Fischer, damals Kollege bei Charivari in Rosenheim. Eine Stimme wie eine Streicheleinheit. Eine Stimme, die trug. „Man merkte ihm immer an, wenn ihm was nicht passte“, erinnert sich Fischer, „dann hörte man ihn brummeln und das nicht immer leise.“
Brummeln hörte man Ulli Nathen-Berger so manches Mal. Denn er hatte einen eigenen Kopf, war kritisch, manchmal stur, eine coole Socke, auch kantig. Er entfachte mit seiner Art nicht nur Begeisterungsstürme. Aber: „Gerade, weil er einen eigenen Kopf hatte, habe ich ihn so geschätzt. Angepasste Menschen gibt es genug“, sagt Wackerbarth, der Freund und evangelische Pfarrer im Ruhestand. Von negativer Ausstrahlung kann aber keine Rede sein. „Ganz im Gegenteil! Ulli ließ sich begeistern, und wenn er von einer Sache überzeugt war, brachte er sich mit allem, was er hatte, ein. Er war hilfsbereit, engagiert und freundlich, mit ihm brauchte man nicht zum Lachen in den Keller gehen“, sagt Fischer, heute Pressechef des Landratsamtes Rosenheim.
Mit dem Kollegen das Studio geweißelt
Fröhlich war es vermutlich auch, als Fischer und Nathen sich eines Samstags im leergeräumten Sendestudio von Radio Charivari trafen. Die beiden hatten beschlossen, den Umbau wegen des Wechsels von analoger zu digitaler Technik sinnvoll zu nutzen. Und so nahmen zwei gestandene Radio-Redakteure Pinsel und Rolle in die Hand, weißelten vergnügt ihr Studio. Ja, anpacken konnte Ulli Nathen-Berger. Ob er für seine Frau die Tribünen für Hochzeits- und andere Gruppenfotos aufbaute oder mit seiner Frau mit viel Aufwand und großer Liebe die technische Betreuung des Weihnachtsmusicals in der evangelischen Kirche Prien übernahm.
Als Redakteur der Chiemgau-Zeitung ging Ulli Nathen-Berger 2017 offiziell in Rente. Davon war aber nicht viel zu merken. Immer wieder sprang er ein, wenn in einer Redaktion Not am Manne war. Weil ihm, dem kreativen Kopf, die Arbeit mit der Sprache Spaß machte. „Und ich habe eine teure Leidenschaft, die finanziert werden will“, gestand er lachend in einer sonnigen Mittagspause in Wasserburg. Seine Gitarren. Die sechssaitigen Freundinnen. Da konnte er ins Schwärmen geraten.
Ulli Nathen-Berger war ein leidenschaftlicher Musiker. „Ein begnadeter Gitarrenspieler mit einer unglaublichen Fähigkeit zu improvisieren“, schwärmt Wackerbarth, „ein toller Frontmann bei „Blues4Use‘“. Der keine Noten lesen konnte. Aber genau hinhören. Krimi-Autor Thomas Bogenberger hat Nathen-Berger 2014 kennengelernt. „Er rief an und fragte, ob ich Lust hätte, in einer neuen Band als Bassist einzusteigen – ein echter Glücksfall! Wir haben zehn Jahre lang tolle Musik miteinander gemacht. Wir sind Freunde geworden. Er war ein echter Macher und ein toller Sänger. Es hat einfach Spaß gemacht mit ihm.“ Es gab legendäre Band-Abende im Hause Berger, mit Schmaus und Musik. Zuletzt war Ulli Nathen-Berger mit einer neuen Accoustik-Truppe, TCOB, im Einsatz. „Die Musik hat den Ulli immer durch schwere Zeiten getragen“, weiß Wackerbarth.
Kurz vor Weihnachten kam die Diagnose, dass die Tumore zurück sind. Ein letzter Therapieversuch hatte nicht mehr genug Zeit zu wirken. „Prien, der Chiemgau, verliert einen seiner größten Musiker in Sachen Blues und Jazz“, sagt Kalle Wackerbarth. Aber auch, dass er dankbar ist, dass es zum Schluss so schnell ging. „Es ist gut so, dass es so gekommen ist, wie es kam. Ulli wollte einen schnellen, friedlich Abgang. Und den hat er gehabt“, sagt Anita Berger. Thomas Bogenberger sagt: „Ich kann ihm nur eine gute Reise wünschen. Mit viel Musik auf dem Weg.“