Dürfen bis zu drei Stunden kostenlos parken
Kostenloses Parken für E-Autos: „Blanker Aktionismus“? Neue Regel sorgt in Wasserburg für Ärger
Seit April dürfen E-Autos in den Innenstädten bis zu drei Stunden gratis parken: Die Stadt Wasserburg befürchtet nun weniger Einnahmen durch Parkgebühren. Nicht nur deswegen gibt es scharfe Kritik – und auch ein Lob.
Wasserburg – Seit dem 1. April dürfen E-Autos kostenlos auf öffentlichen Stellplätzen parken. Das hatte Bayerns Ministerrat bereits vergangenen Dezember beschlossen und will damit Elektro-Fahrzeuge attraktiver machen. Konkret dürfen nun Fahrzeuge mit einem „E“ am Ende des Kennzeichens auf kommunalen Parkplätzen bis zu drei Stunden kostenlos stehen. Auf die Städte kommen somit neue Herausforderungen zu.
E-Auto-Gesetz lässt Einnahmen schrumpfen
Denn mit dem neuen Gesetz könnten Kommunen wichtige Einnahmen aus Parkbeiträgen verlieren. Für 2025 rechnet Wasserburg laut Haushaltsplan mit Einnahmen von 385.000 Euro durch die Gebühren der beiden Parkhäuser in der Keller- und Überfuhrstraße und durch die Parkplätze unter der Rampe und am Gries. Für die Stellflächen in den Straßen und Gassen im Kernbereich der Altstadt erwartet Wasserburg Einnahmen in Höhe von 440.000 Euro.
Der errechnete Verlust, den die Innstadt durch die neue Parkregel erfahren dürfte, orientiere sich am Anteil der E-Autos am gesamten Fahrzeugbestand, erklärt Andreas Hiebl, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Wasserburg. Dieser beträgt laut dem Bayerischen Landesamt für Statistik etwa 3,2 Prozent, was etwa 268.000 E-Autos im Freistaat entspricht. Zudem bekommen auch bestimmte Hybrid-Fahrzeuge ein „E“ am Ende des Kennzeichens, so das Landesamt. Wasserburg könnte somit ein Minus von etwa 14.000 Euro im Jahr verzeichnen.
Mit der neuen Regel hätten Halter von Elektrofahrzeugen zudem einen höheren Anreiz, im Kernbereich der Wasserburger Altstadt, in der die Gebühren höher ausfallen, zu parken. „Der finanzielle Verlust könnte deshalb letztlich auch höher ausfallen“, erklärt Hiebl.
Parkgebühren in Wasserburg
Im Kernbereich der Wasserburger Altstadt: 1,70 Euro pro Stunde bei einer Höchstparkdauer von zwei Stunden
Am Gries: 1,30 Euro pro Stunde bei einer Höchstparkdauer von drei Stunden
Parkhäuser in der Keller- und Überfuhrstraße sowie am Parkplatz unter der Rampe: Bis zu vier Stunden kostenlos, Tagesticket 2,50 Euro, Monatskarte 25 Euro, Jahreskarte 250 Euro.
Parkkonzept von Wasserburg zum Teil ausgehebelt
Dem Anreiz für E-Autos, mehr in der Innenstadt zu parken, steht Wasserburg nicht nur aus finanziellen Gründen kritisch gegenüber, so der Pressesprecher der Stadt. Denn die neue Regelung reife in das Parkkonzept der Kommune ein. Die bestehende Gebührenvorschrift, die weiterhin für alle Verbrenner-Autos gilt, sieht laut Hiebl vor, dass Autos möglichst am Rand der Altstadt parken, also nicht den Kern verstopfen. In den Parkhäusern und unter der Rampe können deswegen Pkw bis zu vier Stunden kostenlos parken, am Gries fallen dann bereits Gebühren an. In den Gassen und Straßen im Kernbereich ist es in Wasserburg generall am teuersten. „Diese Steuerungsfunktion wird durch die neue Regel des Freistaats zum Teil außer Kraft gesetzt“, kritisiert Hiebl.
Zudem müssen Elektrofahrzeughalter die geltende Höchstdauer beachten. Denn diese wird durch die Gebührenbefreiung nicht außer Kraft gesetzt. Für die Gassen und Straßen im Wasserburger Kernbereich gilt weiterhin für alle Fahrzeuge, dass sie maximal zwei Stunden parken dürfen. Am Parkplatz am Gries beträgt die Höchstdauer drei Stunden. Ausgenommen von der neuen Regel sind Privat-Parkplätze.
Das sagen die Stadtratsfraktionen
Nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in den meisten Fraktionen des Wasserburger Stadtrates löst die Neuerung Kritik aus. „Wenn der Freistaat von oben herab in die kommunale Finanzplanung eingreift, dann sollte er zumindest einen finanziellen Ausgleich dafür schaffen“, fordert Christian Stadler, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Die meisten Gemeinden würden für die Instandhaltung ihrer Parkplätze bereits mehr zahlen als die einnehmen. Zudem seien die Parkgebühren ein Steuerungsinstrument für den Parksuchverkehr. Die in Wasserburg geltenden Regeln würden nun konterkariert, so Stadler. „In der Summe halte ich diese Regelung für blanken Aktionismus. Sie wird keinen nennenswerten Effekt in der Antriebswende bringen“, betont Stadler.
Auch Friederike Kayser-Büker, Fraktionsvorsitzende der Wasserburger SPD, ist von der neuen Regel nicht überzeugt. „Es ist vielleicht gut gemeint, aber einfach nicht gut gemacht“, erklärt sie. Auch sie kritisiert, dass die Ausfallkosten die Kommunen tragen müssten. Zudem würden nur Halter von E-Fahrzeugen belohnt. „Bürgerinnen und Bürger, die ihr altes Auto so lange fahren, wie es eben fährt – und das ist ökologisch auch vertretbar – haben ganz klar das Nachsehen. Insbesondere dann, wenn man die ökologischen Umstände der Batterieerzeugung und vor allem die Entsorgung jener betrachtet“, so Kayser-Büker.
„Der Beschluss des Bayerischen Ministerrats greift in die kommunale Selbstverwaltung ein“, kritisiert auch Georg Machl, Fraktionsvorsitzender von CSU/Wasserburger Block. Schwierig gestalte sich hierbei auch die Parkraumüberwachung, denn nicht alle E-Autos und Hybridfahrzeuge hätten eine Kennzeichnung auf dem Nummernschild. Dass mit dem Gesetz nun mehr Elektrofahrzeuge gekauft werden, kann sich Machl nicht vorstellen. „Kaum jemand wird sich angesichts der überschaubaren Park-Ersparnis ein E-Auto zulegen. Jedoch werden bisherige Elektro-Fahrer das Privileg gerne mitnehmen“, vermutet er.
Neben viel Kritik gibt es aber auch eine positive Stimme aus dem Wasserburger Stadtrat. Norbert Buortesch, Fraktionssprecher von Bürgerforum/Freie Wähler Reitmehring-Wasserburg/ÖDP, begrüßt als Anwohner einer viel befahrenen Straße mit viel Abgasen und als Besitzer eines kleinen E-Autos die neue Regel. „Sie ist ein Schritt zu besserer Luftqualität und zu einer Verkehrs- und Klimawende“, erklärt er. Dass auch Hybridfahrzeuge unter das neue Gesetz fallen, ist für ihn jedoch ein Wermutstropfen. „Zudem sollte die Bayerische Staatsregierung auch Fußgänger, den Fahrrad- sowie den öffentlichen Personennahverkehr nachhaltiger fördern“, betont Buortesch.




