Zwei schlechte Nachrichten – und eine gute
Viele Vereine bald heimatlos! – Wasserburg verliert letzten großen Wirtshaus-Saal
Schlimme Nachricht für die Vereine in Wasserburg: Die Altstadt verliert den letzten großen Saal im Gasthaus Paulanerstuben. Auch die bei Wasserburgern und Touristen beliebte Inn-Terrasse fällt weg. Warum die Wirtsfamilie so entschieden hat und welche Hoffnung für die Vereine in Zukunft bleibt.
Wasserburg – Lange Gesichter im Wasserburger Bauausschuss: Das Gremium musste zwei Entscheidungen hinnehmen, bei denen es keine Handhabe hatte, sie zu verhindern: den geplanten Umbau des Saales im Gasthaus Paulaner und von zwei Hotelzimmern in eine Wohneinheit und die Umnutzung eines Goldschmiede-Showrooms in der Postgasse 3 in einen Automaten-Shop. Zwei Vorhaben, die nicht nur den Ausschussmitgliedern, sondern vielen Wasserburgern nicht schmecken werden.
Bürgermeister: „Sehr, sehr bedauerlich“
Bürgermeister Michael Kölbl (SPD), nicht gerade bekannt als Rathauschef, der seinen Emotionen freien Lauf lässt, zeigte genau diese: „Sehr, sehr bedauerlich“ nannte er seufzend die Tatsache, dass die Wirtsfamilie des Hotels Paulanerstuben den Saal, die traumhaft schöne Terrasse zum Inn und zwei Hotelzimmer aufgeben will. Das Vorhaben liegt planungsrechtlich betrachtet im Innenbereich, die Umnutzung ist laut Baugesetzbuch zulässig, so Kölbl.
Der letzte große Saal in der Stadt mit 100 Plätzen geht jedoch verloren. Hier finden die meisten Jahreshauptversammlungen der Vereine statt, ebenso viele Wahlveranstaltungen fast aller Parteien und Wählergemeinschaften, außerdem große Familienfeste. Oder beispielsweise traditionsgemäß der Jahrtag mit Frühschoppen der Metzger-Zunft. Die Altstadt verliert ihre wichtigste Versammlungsstätte.
Hoffnung auf neues Feuerwehrhaus
Das neue Feuerwehrhaus ist jetzt die letzte Hoffnung: Es soll im Obergeschoss auch einen Saal für die Vereine bieten, so der Bürgermeister. Außerdem setzt die Stadt darauf, dass das Cafésito im Bürgerbahnhof, das geschlossen wurde, einen neuen Pächter erhält, der das Lokal auch für Veranstaltungen aller Art anbietet. Ein interessanter möglicher Nachmieter habe sich bereits gemeldet, so Kölbl. Christian Peiker (SPD) sieht trotz Freude darüber, dass im Paulaner-Gebäude Wohnraum entsteht, einen großen Verlust für Wasserburg: Der Saal, für viele fußläufig erreichbar, gut angebunden an den Stadtbus, werde schmerzlich vermisst werden. Es gebe zwar noch den Gimplkeller, doch dieser ist für größere Versammlungen viel zu klein.
Das sagt Paulanerstuben-Wirtin Gabriele Heindl
Nach Angaben von Kölbl sind es innerbetriebliche und familiäre Gründe, die die Wirtsfamilie bewogen haben, Saal und Inn-Terrasse sowie zwei der insgesamt 14 Hotelzimmer aufzugeben. Die Paulanerstuben sind seit zwei Generationen im Familienbesitz, der Gastronomiebetrieb ist Teil des Kernhauses, das aus gotischer Zeit stammt.
Auf Anfrage betont Wirtin Gabriele Heindl, dass sie noch nicht sagen könne, wann es wirklich so weit sei mit dem Umbau. Erst einmal sei es darum gegangen, einen entsprechenden Antrag und damit die baurechtlichen Weichen zu stellen. Die Wirtin legt Wert auf die Feststellung, dass sie zwar zwei Hotelzimmer, den Saal und die Terrasse einer neuen Nutzung zuführen will, das Wirtshaus jedoch nicht geschlossen werde. Auch das Hotel mit dann zwölf statt 14 Zimmer bleibe. „Wir wollen weitermachen, müssen uns jedoch neu organisieren“, begründet Heindl die Pläne. Saal und Terrasse lägen im Gebäude nach hinten hinaus, die Bewirtschaftung erfordere Extra-Personal, das kaum noch zu finden sei und für hohe Kosten sorge. Deshalb müsse dieser Bereich der Gastro abgetrennt und aus der Nutzung genommen werden.
Das sagt Goldschmied Werner Altinger
Doch noch ein weiteres Vorhaben schmerzt: Aus einem Goldschmiede-Geschäft in der Postgasse 3, das für hochwertiges Kunsthandwerk steht, soll einen sogenannten Automaten-Shop umgewandelt werden. Dieser hat 24 Stunden sieben Tage in der Woche geöffnet, im Innern gibt es Selbstbedienung an Automaten, die Getränke, Snacks oder Ähnliches anbieten.
Auch hier ist Innenbereichslage, die Umnutzung kann laut Kölbl nicht verhindert werden. Nur einen Hebel habe die Stadt: Sie könne eine immissionsschutzrechtliche Beurteilung fordern. Der Anbieter müsse nachweisen, dass es zu keinen Ruhestörungen komme, etwa beim nächtlichen Ein- und Ausgehen im Geschäft, das in der engen Postgasse mitten in der auch intensiv bewohnten Altstadt liegt.
Automaten-Shops sind laut Kölbl derzeit im Einzelhandel sehr im Trend. Der Stadt lagen dafür bereits fünf bis sechs Anfragen vor, aus denen stets nichts wurde. Jetzt wird ein solches Vorhaben jedoch konkret. Trotzdem: Peiker und Dr. Hermann Budenhofer (Freie Wähler Reitmehring-Wasserburg) lehnten ab, auch wenn die Stadt keine richtige rechtliche Handhabe hat.
Auf Anfrage teilt Goldschmied Werner Altinger mit, dass sein gemeinsam mit Maria Watzke betriebener Showroom die Postgasse zwar verlassen muss, aber in Wasserburg bleiben soll. „Wir sind auf der Suche nach Ersatzräumlichkeiten“, so Altinger. Die Postgasse sei ein guter Standort für das Atelier mit Werkstatt gewesen, „mitten drin und doch etwas für sich“, jetzt hoffe er darauf, „etwas Ähnliches in der Größe“ zu finden.
Die gute Nachricht: Aus Ex-Autosalon soll Ärztehaus und Schwesternwohnheim werden
Trotzdem gab es auch eine gute Nachricht im Bauausschuss: Das leerstehende frühere Skoda-Autohaus in der Nördlichen Burgau soll abgerissen werden. Geplant ist ein Neubau mit drei Vollgeschossen: Er soll als Apotheken- und Ärztehaus sowie Schwesternwohnheim genutzt werden.
Der Bauherr klopfte ab, ob die Stadt sich diese Umnutzung vorstellen könne. Der Bebauungsplan müsste jedoch geändert werden. Eine Nachverdichtung, die grundsätzlich im Ausschuss auf Zustimmung stieß. Er schloss sich der Empfehlung der Verwaltung an, den Bauherrn aufzufordern, die Höhenentwicklung mit den Nachbargebäuden in Einklang zu bringen, die Abstandsflächen einzuhalten und die notwendigen Stellplätze nachzuweisen.
Christian Stadler (Grüne) sieht in dem Vorhaben sogar eine bauliche Aufwertung des Areals: Städtebaulich bilde sich ein Portal, das hier am Eingang zum Großklinikum gut passen könne. Der Ausschuss signalisierte einstimmig, dass es die Planung grundsätzlich unterstützen werde.



