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Anlieger klagen

„Existenzbedrohend“ oder „Spekulation“? Prozess um Bahnübergang Reitmehring geht in die zweite Runde

Staufalle Bahnübergang Reitmehring: Von der Planung mit Brücke über die Gleise, Tunnel und Trog sind jedoch landwirtschaftliche und gärtnerische Betriebe an der B 304 und die Erschließung der Firma Meggle (rechts oben) betroffen. Vor dem Verwaltungsgerichtshof läuft eine Klage.
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Staufalle Bahnübergang Reitmehring: Von der Planung mit Brücke über die Gleise, Tunnel und Trog sind jedoch landwirtschaftliche und gärtnerische Betriebe an der B 304 und die Erschließung der Firma Meggle (rechts oben) betroffen. Vor dem Verwaltungsgerichtshof läuft eine Klage.

Für Pendler ist er eine nervige Hürde auf dem Weg nach München: der Bahnübergang Reitmehring. Mit einem Tunnel und einer Brücke soll er nun aufgelöst werden. Doch Anlieger und die Firma Meggle haben gegen die Pläne geklagt. Tag zwei der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Wasserburg – Tag zwei der Verhandlung am Verwaltungsgerichtshof rund um den Bahnübergang Reitmehring. Die Argumente muten trocken an: Es geht um Erschließungsanträge, Regelwerke, die Paragrafen 74 und 75 im Bayerischen Verwaltungsgesetz. Zugegeben spannend hört sich anders an und doch war es ein Schlagabtausch, insbesondere zwischen Oberlandesanwalt Marcus Niese und Rechtsanwalt Josef Schneider – Vertreter der anliegenden Familien Kobler, Bernauer und Buortesch und deren Unternehmen –, der es zeitweise in sich hatte. Vor allem ging es dabei um die Frage: Sind die Landwirte und der Gärtnereibetrieb durch die lange Bauphase bedroht oder nicht? Und wenn ja, wurde diese Bedrohung beim Aufstellen des Planfeststellungsbeschlusses ausreichend gewürdigt?

Die Firma Meggle, die ebenfalls klagt, hatte, wie berichtet, nach dem ersten Prozesstag auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Der Prozess wird stattdessen schriftlich fortgesetzt. Eine Einigung, wie am Rande bei Gericht zu hören war, steht hier wohl kurz bevor.

„Rechtswidriger und nicht vollziehbarer Beschluss“?

Nicht so beim Fall Buortesch, Kobler, Bernauer. Von einem „rechtswidrigen und nicht vollziehbaren“ Planfeststellungsbeschluss sprach Anwalt Schneider. Der Beschluss sei lückenhaft und obwohl Oberlandesanwalt Niese Zugeständnisse machte – er stellte beispielsweise im Notfall eine Ampellösung in Aussicht, um die wechselseitige Zufahrt zum Anwesen Bernauer zumindest während Bauphase drei zu ermöglichen – blieben Schneider und seine Mandanten bei ihrer Meinung: Die lange Bauzeit am Bahnhof und die geplante Umleitung seien „existenzbedrohend“.

Immissionen würden die Gärtnerei belasten, die Futtermittelerzeugung des Landwirtsbetriebs Kobler könne nicht sichergestellt werden und es sei technisch nicht möglich, die Zufahrt zum Anwesen Bernauer mit der derzeitigen Planung sicherzustellen. Diese Bedrohung sei von der Regierung von Oberbayern, dem Staatlichen Bauamt und der Stadt Wasserburg, die zwar nicht Bauträger ist, aber als „Trittbrettfahrer“ doch immer wieder zu ihrer Meinung befragt worden war, „null“ abgewogen worden.

Dabei sprachen sich zwar alle grundsätzlich für den Umbau des Bahnübergangs aus, jedoch weise der Planfeststellungsbeschluss so gravierende Fehler auf, dass sie nicht mehr mit Zugeständnissen ausgebessert werden könnten. „Wir haben keinen bestimmbaren Verwaltungsakt mehr“, sagte Schneider.

Belastung für den Steuerzahler

Dieses Argument wollte Oberlandesanwalt Nische jedoch nicht gelten lassen. Die angebliche Existenzbedrohung sei „Spekulation“, es handle sich um Aussagen, die „ins Blaue hinein“ argumentieren würden. Vorsitzende Richterin Judith Müller bemühte sich um Sachlichkeit. Immer wieder wies sie daraufhin, dass der Staat zwar das Eigentum eines jeden Bürger zu respektieren habe und Grundstücksbesitzer in diesem Zuge auch ein Recht auf eine Zufahrt zu ihrem Anwesen hätten, jedoch nicht auf eine optimale, insbesondere nicht während der Bauphase. Es sei im Interesse des Steuerzahlers, wenn sich Kläger – die Familien Kobler, Bernauer und Buortesch – mit dem Beklagten – dem Freistaat Bayern – einigen könnten. Schließlich sei es ein „ungeheurer Aufwand“, den Planfeststellungsbeschluss neu aufzurollen, verbunden mit enormen Kosten, die von den Bürgern getragen werden müssten. Die mehrfachen Bitten an das Gericht, sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen, blieben jedoch ungehört.

Am Ende blieben so die Bedenken der Kläger zu groß und die Zugeständnisse der Regierung zu gering. So lehnte Niese eine Umleitung über die Bahnhofsstraße statt über den Zettlweg als „nicht möglich“ ab, auch eine gutachterliche Begleitung der vom Bau betroffenen Anlieger will sie nicht. Ein Urteil sprachen die Richterinnen Müller, Christiane Losenegger und Dr. Irene Steiner an diesem Verhandlungstag allerdings nicht aus. Innerhalb von zwei Wochen werde das Gericht entscheiden und das Urteil den Betroffenen dann schriftlich mitgeteilt. Anwalt Schneider beantragte zudem, die Prüfung einer Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es wird also wohl noch einige Zeit dauern, bis der Bahnübergang Reitmehring umgebaut werden kann.

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