Wasserburgerin, die fast jeder kennt
42 Jahre in der Suppenküche von Gabersee: Mathilde Oberplöderl ist ein Wasserburger Urgestein
Sie ist in Wasserburg bekannt wie ein bunter Hund. Kein Wunder, denn Mathilde Oberplöderl wohnt hier seit 60 Jahren. 42 Jahre hat sie in der Küche in Gabersee gearbeitet, bis heute hilft die 78-Jährige im Weltladen aus. Über eine starke Frau und ihre Erinnerungen an eine Zeit, als es noch autofreie Sonntage gab.
Wasserburg – In Wasserburg kennt sie beinahe jeder: Mathilde Oberplöderl. Seit 60 Jahren wohnt die 78-Jährige hier und gilt als Urgestein der Innstadt. Ursprünglich kommt die Rentnerin aber aus Oberornau im Landkreis Mühldorf. Dort wurde sie am 15. April 1946 in der Angermühle geboren und wuchs hier mit zwei Halbgeschwistern auf. Die erste Frau ihres Vaters – ihre Stiefmutter, die sie nie kennengelernt hat – starb aufgrund eines Sturms herabfallender Stromzäune an einem elektrischen Schlag.
Nach dieser Tragödie lernte Mathilde Oberplöderls Vater ihre Mutter kennen und entschied sich dazu, ein weiteres Mal zu heiraten. Als jüngstes von drei Geschwistern war sie oftmals alleine Zuhause, erinnert sie sich, denn ihr Bruder war acht und ihre Schwester sechs Jahre älter als sie. Sie ging in die Volksschule nach Oberornau, wobei sie sich immer gewünscht habe, weiter weg in die Schule zu gehen, denn dann „hätte ich mehr gesehen“, meint die 78-Jährige heute.
Kurzhaarfrisur statt Zöpfen
Früher hätten die Mädchen in der Schule noch Kleider mit Schürzen tragen müssen, wobei Oberplöderls Mutter immer sehr darauf bedacht gewesen sei, dass die Kleidung ihrer Kinder keine Löcher auffweisen würden. Selbst hat Oberplöderl nur selten geflickte Bekleidung tragen müssen, bei Mitschülern aus Familien „mit sieben oder acht Kindern hat es schon anders ausgesehen“, erinnert sie sich an die Kindheit. Heute ist die Rentnerin froh, dass ihre Mutter den Trend von löchrigen Jeans nicht mitansehen musste, sagt sie schmunzelnd.
Steckbrief
Name: Mathilde Oberplöderl
Beruf: Köchin
Geboren: 15. April 1946
Familienstand: ledig
Wohnort: Wasserburg am Inn
Zu ihrer Schulzeit trug Oberplöderl ihre langen und dicken Haare immer in zwei geflochtenen Zöpfen. Allerdings seien Kurzhaarfrisuren bei Frauen damals sehr modern gewesen, weswegen sie sich mit 14 dazu entschied habe, ihre langen Haare abzuschneiden. „Am liebsten hätte meine Mutter geweint, aber das wollte ich so“, betont sie. Bis heute ist die 78-Jährige ihren kurzen Haaren treu geblieben.
Personal in Gabersee gesucht
1960 besuchte sie die landwirtschaftliche Berufsschule in Haag und lernte dort Hauswirtschafterin, berichtet sie. Bei sich zu Hause habe sie viel mithelfen müssen, denn ihre Familie hatte damals einen Bauernhof. Sie hielt Kühe, Schweine, Hühner, Gänse und Katzen. Nach der Ausbildung in Haag wechselte sie zur Landwirtschaftsschule nach Wasserburg, erzählt die Rentnerin. „Damals war ich 20 Jahre jung, das war 1966. Das war auch das Jahr, in dem mein Bruder geheiratet hat“, erzählt sie. Durch ihre Cousine habe sie erfahren, dass in der Küche in der Klinik in Gabersee Personal gesucht werde, daraufhin habe sie dort angefangen zu arbeiten.
Anfangs habe sie als Küchenhilfe gearbeitet. Später - damals war Oberplöderls schon 37 Jahre alt – sei stets neues Personal in die Gaberseer Klinik gekommen. Daher habe ihr damaliger Chef gesagt, sie solle einen Kochkurs absolvieren, um „nicht hinten zu bleiben“, berichtet die Rentnerin. Gesagt, getan. Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Passau absolvierte sie die Schulung, zwei Jahre später qualifizierte sie sich auch noch als Diätköchin.
Spaziergang auf der B15
In so einer alten Küche zu arbeiten, sei schwere Arbeit gewesen, weiß die Wasserburgerin noch gut. „Aber diejenigen, die aus der Landwirtschaft gekommen sind, waren daran gewöhnt“, erzählt sie. Früher hätten auch viele Patienten in der Küche mitgearbeitet, Gemüse geschnitten, gespült und geputzt. 1.200 Erkrankte wurden von dem Küchenpersonal versorgt. Die Mahlzeiten seien in großen 600-Liter-Kesseln vorbereitet worden. Tee, Kaffee und Suppen seien mit großen Kellen daraus portioniert worden, die „ausgesehen haben wie Odel-Schöpfer“ – ein unverzichtlichbares Hilfsmittel für die landwirtschaftliche Arbeit. Später habe das Klinikum in Gabersee die Küche umgebaut und ein Tabletsystem eingeführt, was eine große Umstellung für die langjährigen Mitarbeiter gewesen sei, erzählt die Rentnerin.
In der Küche in Gabersee hätten hauptsächlich junge Frauen gearbeitet, Oberplöderl, die als 20-Jährige dort angefangen hatte, war eine davon. In ihrer freien Zeit ging sie zusammen mit den anderen jungen Erwachsenen in der Stadt spazieren. Sie sah fern, im Winter wurden Handarbeiten gefertigt. Damals habe es noch autofreie Sonntage gegeben, erinnert sich Oberplöderl. Sie ging dann mit den anderen Küchenangestellten auf der B15 spazieren – heute unvorstellbar.
Ehrenamtliche Arbeit im Weltladen
1982 kaufte sich die Köchin eine Eigentumswohnung in der Burgau in Wasserburg, in der sie bis heute lebt. Durch ihr eigenes Einkommen und die Hilfe ihres Bruders konnte sie sich ihr eigenes Heim finanzieren. „Manchmal habe ich mich schon gefragt, ob ich das hinkriege, aber heute bin ich sehr stolz darauf, es geschafft zu haben“, berichtet sie.
Kurz und bündig
Was gibt Ihrem Leben Sinn? Glaube und Gesundheit
Was können Sie nicht ausstehen? Wenn jemand „lecker“ sagt. Wenn etwas schmeckt, dann ist es „sehr gut“ oder „saugut“
Was würden Sie gerne einmal tun? Mehr Englisch lernen
Wann sind Sie an Ihre Grenzen gestoßen? In der Arbeit als die große Umstellung von der alten zur neuen Küche anstand
Worauf sind Sie stolz? Meine eigene Wohnung gekauft zu haben
Bis zu ihrem Renteneintritt im Jahr 2008 hat Oberplöderl insgesamt 42 Jahre in Gabersee gearbeitet. Zudem ist sie seit 35 Jahren Mitglied des Kneippvereins, erzählt die Rentnerin. Mit den Vereinsmitgliedern war sie schon auf vielen Reisen und Wanderungen. Außerdem ist sie Mitglied im Edlinger Sportverein. Dort ist sie jeden Dienstag in Reitmehring beim Turnen. Dazu sei sie in ihrer Freizeit ein- bis zweimal in der Woche ehrenamtlich für ein paar Stunden im Wasserburger Weltladen tätig, berichtet die Wasserburgerin. Zudem hat die Wasserburgerin insgesamt fünf Nichten und Neffen sowie sechs Großnichten und Großneffen. Selbst habe sie nie geheiratet, denn „es hod nie gepasst“.
