Millionen in Neubau investiert - trotzdem in Sorge
Bringt Lauterbachs Krankenhausreform den RoMed-Standort Wasserburg in Gefahr?
Nach der überstandenen Krise in der Geburtsklinik von RoMed gärt es an anderer Front: Bringt Lauterbachs Krankenhausreform den Standort Wasserburg in Gefahr? Das wäre paradox, schließlich sind Millionen in den Neubau investiert worden. So sieht RoMed-Geschäftsführer Dr. Jens Deerberg-Wittram die Lage.
Wasserburg - Ein top ausgestatteter Neubau, eine moderne Notaufnahme, Angebotserweiterung um ein Herzkatheter-Labor und eine Gefäß-Chirurgie auf Spitzenniveau: Die RoMed-Klinik Wasserburg ist spätestens seit dem Umzug in den gemeinsamen Neubau mit dem kbo-Inn-Salzach-Klinikum kein 0815-Krankenhaus mehr. Doch kaum hatten sich Personal und Patienten eingewöhnt, kam Karl Lauterbachs Krankenhausreform. Und die sorgte in den ersten Wochen des Bekanntwerdens für Unruhe. Denn laut den anfänglichen Vorschlägen der Expertenkommission dürfte eine Klinik wie jene in Wasserburg einige im Neubau etablierte Leistungen gar nicht anbieten.
Die CSU Wasserburg sprach von einer „Katastrophe“, als die Nachricht aufkam, dass der RoMed-Standort Wasserburg im Hinblick auf die Anzahl der Fachbereiche und Intensivbetten nicht den Anforderungen der Reformvorschläge für die Krankenhausfinanzierung entsprechen könnte. Und stellte eine Anfrage an Landrat Otto Lederer sowie an die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig. Diese versprachen Unterstützung im Kampf um den Erhalt in jetziger Form. Denn die Wasserburger Klinik biete, so Lederer und Ludwig, eine Spitzenversorgung in ausgewählten Bereichen auch im ländlichen Raum.
„Klarer Versorgungsauftrag“
Der Geschäftsführer des RoMed-Verbunds mit Sitz in Rosenheim, Dr. Jens Deerberg-Wittram, gibt sich mittlerweile, nachdem die erste Aufregung über die Pläne vorbei ist, gelassen. „Ich bin optimistisch“, sagt er. RoMed Wasserburg als leistungsstarkes Regionalkrankenhaus, das rund um die Uhr Notfälle wie Herzinfarkte und Schlaganfälle behandeln könne und eine Unfallchirurgie vorhalte, müsse sich keine Sorgen machen. „Wir sind kein 0815-Krankenhaus, wir haben einen klaren Versorgungsauftrag für den nördlichen Landkreis“, betont er. Denn der Norden des Landkreises liege zu weit weg von Rosenheim, die Menschen würden hier auch traditionell mehr nach Wasserburg tendieren. Auch deshalb sei es eine richtige Entscheidung gewesen, in Wasserburg eine Klinik zu etablieren, die gut erreichbar alle drei großen Notfälle - Schlaganfall, Herzinfarkt und Politrauma - abdecke. Im Klinikverbund übernehme der Standort Rosenheim die Rolle des großen zentralen Hauses, Aibling fokussiere sich auf die Altersmedizin, Prien auf Erkrankungen des Bewegungsapparats.
Wasserburg habe zudem durch den gemeinsamen Neubau mit einem psychiatrischen Fachkrankenhaus die einmalige Chance erhalten, ein Herzkatheterlabor zu installieren und eine Gefäßchirurgie, die auch große Operationen stemmen könne. Das biete sich auch deshalb an, weil es medizinisch bewiesen sei, dass viele psychische Erkrankungen mit körperlichen einhergehen würden. Es gebe beispielsweise Zusammenhänge zwischen Seele und Herz. 30 Prozent aller Menschen, die an schweren Depressionen leiden würden, hätten beispielsweise auch eine kardiologische Erkrankung. Die Zusammenarbeit mit dem kbo-Inn-Salzach-Klinikum unter einem Dach sei deshalb zukunftsweisend.
Angebote nicht wieder einstampfen
Trotzdem stehe fest: Um das Level zwei der Lauterbachschen Reform zu erreichen, müsste RoMed Wasserburg möglicherweise mehr Fachabteilungen vorhalten als bisher und die Intensivbetten von jetzt sechs auf zehn aufstocken. Eigentlich. Doch Deerberg-Wittram ist überzeugt, dass die Wasserburger Klinik die Angebote der Spitzenmedizin nicht wieder einstampfen muss. Denn leistungsstarke Häuser wie Wasserburg ständen nicht im Fokus der Kritik und der daraus folgenden Reform. Für sie werde es Ausnahmeregelungen geben. Außerdem ständen die Ausarbeitungen für die Levels und die zugeordneten Leistungsgruppen noch nicht fest. Derzeit würden diese in Arbeitsgruppen erarbeitet. Es sei noch ein langer Weg zum Gesetzesvorschlag und zur Antwort auf die Frage, wer was in welchem Level anbieten dürfe.
„Das wird so nicht kommen“
Denn die ersten Vorschläge der Expertenkommission, die für große Verunsicherung auch in der RoMed-Klinik Wasserburg gesorgt hatten, hätten gezeigt, „dass da an den Schreibtischen in Berlin Dinge entwickelt wurden, die gar nicht umsetzbar sind“. Ein Beispiel: Eine der größten deutschen Onkologien hätte nach den ersten bekannt gewordenen Planentwürfen schließen müssen. Das sei natürlich Unsinn. Auch der Vorschlag, das Kliniken des Level eins keine Geburtshilfen mehr aufweisen dürften, sei vom Tisch. „Dann hätten etwa 100 dicht machen müssen.“ Dass der Standort Wasserburg weder ein Katheter-Labor betreiben noch eine große Gefäß-OP anbieten dürfe, „das wird so nicht kommen“, ist der Geschäftsführer des RoMed-Verbunds überzeugt.
Sonderstatus für den Standort Wasserburg
Es wird also noch viel Wasser den Inn hinabfließen, bis die Krankenhausreform steht. Viele Fragen sind noch offen - auch im Zuständigkeitsgerangel zwischen Bund und Ländern. Grundsätzlich geht es um ein Ziel, das sicherlich alle Beteiligten unterschreiben würden: die Auflösung des Systems der Fallpauschalen, das viele Kliniken ökonomisch stark unter Druck setzt. Die Reform soll laut Bundesgesundheitsministerium unnötige Klinikschließungen vermeiden und flächendeckend eine qualitativ hochwertige Versorgung auch in ländlichen Regionen sicherstellen. Die Änderung soll außerdem schrittweise eingeführt werden, eine Konvergenzphase von fünf Jahren ist angedacht.
„Um den Standort Wasserburg müssen wir aufgrund seines Sonderstatus nicht fürchten“, ist Deerberg-Wittram überzeugt. „Das passt.“ Weitere Fachabteilungen zu gründen, um ein Level zu erreichen, dass Spitzenmedizin in jetziger Form aufrecht erhalte, ist für ihn außerdem der falsche Weg. Das würde die Klinik auch räumlich überfordern. „Dann wird uns das neue Haus schnell zu klein.“ Vielmehr gehe es im Jahr 2023 in erster Linie darum, die betrieblichen Abläufe weiter zu optimieren. Wir sind im Neubau angekommen, doch es gibt noch zu tun.“ Das gilt auch für den Verbund mit den weiteren Standorten Rosenheim, Prien und Bad Aibling. Er befindet sich so wie fast alle Krankenhäuser in Deutschland in den roten Zahlen.