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Odyssee am Eingang des Bad Aiblinger Ortsteils

„Gefährliche Situation“ vs. „Vollkasko-Mentalität“ – Warum Mietrachings Ortsschild Gemüter erhitzt

Die Position des Ortsschildes am Eingang des Aiblinger Stadtteils Mietraching sorgt für Wirbel – vor allem hinsichtlich eines Fuß- und Rad-Überweges.
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Die Position des Ortsschildes am Eingang des Aiblinger Stadtteils Mietraching sorgt für Wirbel – vor allem hinsichtlich eines Fuß- und Rad-Überweges.

Es ist nur ein Ortsschild. Doch dessen Position sorgt für reichlich Ärger. Warum 100 Meter für manche Bad Aiblinger die Welt bedeuten und wie sich die Behörden in „der gefährlichen Situation“ verhalten.

Bad Aibling – Ein Ortsschild erhitzt die Gemüter. Oder viel mehr die Frage, wo dieses tatsächlich stehen muss. Denn wer auf der Staatsstraße (Texasstraße) von Süden kommend nach Mietraching, einem Ortsteil Bad Aiblings, fährt, passiert zunächst einen Fuß- und Radüberweg, erst danach, kurz vor dem Texaskreisel, ragt die gelbe Ortstafel aus dem Boden. Was für die Behörden eine Selbstverständlichkeit darstellt, ist für einen Leser, der nicht namentlich genannt werden möchte, eine Katastrophe und eine große Gefahr für Fußgänger, Radler und vor allem Kinder.

Aufgrund dieser abweichenden Ansichten liegen zwischen dem Bad Aiblinger Bürger und der Stadtverwaltung sowie dem Landratsamt Rosenheim viele Monate des „Kampfes“. Doch worum genau geht es eigentlich? Knackpunkt ist tatsächlich die Straßenquerung für Fußgänger und Radler, die kurz vor Mietrachings Ortseingang zum Sportpark Bad Aibling führt. Die erlaubte Geschwindigkeit für Verkehrsteilnehmer liegt an dieser Stelle bei 70 km/h.

Erst gut 100 Meter weiter stadteinwärts wird das erlaubte Tempo am Ortsschild auf 50 reduziert. Die Forderung des besorgten Bürgers: Das Mietrachinger Ortsschild rund 100 Meter früher anbringen, damit die Fahrzeuge schon vor der Fußgänger- und Radlerquerung abbremsen müssen. Außerdem sollten Warnschilder angebracht werden, die auf den kreuzenden Geh- und Radweg hinweisen.

„Die fahren da auch nicht 70, die fahren schneller“

Tatsächlich teilen auch Besucher des Sportparks diese kritische Sichtweise. So kann sich etwa Natascha Haug, Vereins-Vorsitzende der inklusiven Kletterhalle „Basislager“, dem Wunsch nach Veränderungen der Verkehrssituation anschließen. „Etwa ab dem BND schon eine 50er-Zone zu haben, würde dem Erreichen des Sportparks guttun und den Radweg entschärfen.“ Wer gut ist, komme zwar locker und schnell rüber, wer aber etwas länger braucht, gerate in Schwierigkeiten, so Haug.

Auf Höhe dieser Querung gilt Tempo 70.

Von einem der Kletterhallen-Mitarbeiter mit Behinderung habe man zudem die Rückmeldung bekommen, dass ihm besagter Übergang „schon schwerfällt, weil die Autos so schnell fahren. Ihm wäre am liebsten eine Ampel zum Drücken“. Angesprochen auf den Wunsch nach Veränderung, reagierte ein weiterer Besucher des Sportparks, der stets mit dem Fahrrad anreist, begeistert auf eine mögliche Geschwindigkeitsbegrenzung: „Langsamer wäre echt richtig cool! Die fahren da auch nicht 70, die fahren schneller.“ Ihn stresse das Überqueren der Straße unter aktuellen Bedingungen sehr.

Ordnungsamt: Klare rechtliche Lage

Andere, wie etwa Emil Mathe, Vorsitzender des dortigen Automobilclubs Bad Aibling (AMC), sehen in der aktuellen Verkehrslage keine Probleme. „Ich bin selbst viel mit dem Rad unterwegs, man muss bei dem Übergang sowieso stehen bleiben und schauen, das ist kein Problem.“ Natürlich sei das dortige Verkehrsaufkommen zu den Stoßzeiten hoch, allerdings sei der Überweg gut einsehbar. „Mich stört das gar nicht und meinetwegen müsste man die Ortstafel deshalb auch nicht versetzen“, sagt Mathe, für den die Diskussion kein Thema ist.

Und was sagt die Stadt dazu? „Das Anliegen ist uns bekannt“, teilt Ordnungsamtsleiter Martin Haas auf OVB-Anfrage mit. Grundsätzlich liege die Staatsstraße nicht im Hoheitsgebiet der Stadt und bei möglichen Veränderungen, etwa der Versetzung eines Ortsschildes, sei man dem Landratsamt unterstellt. Haas verweist an besagter Stelle zwar auf eine „etwas komplizierte Sachlage“ aufgrund unterschiedlicher Grundstückseigentümer. Alles in allem sei die rechtliche Lage jedoch klar.

Haas: „Keine Unfälle bekannt“

Laut Haas regelten sogenannte Verwaltungsvorschriften der Straßenverkehrsordnung die Positionierung der Ortstafeln. Hierbei sei etwa entscheidend, wo die Bebauung entlang der Straße beginne und ob Grundstücke direkt von der Straße erschlossen werden oder nicht. Auf Höhe der geforderten Stelle, also kurz vor dem Rad- und Fußübergang, würden entsprechende Bedingungen nicht erfüllt. „Und deshalb steht das Ortsschild auch da, wo es jetzt steht“, so Haas.

Im Übrigen könne man die Geschwindigkeit auch nur von 70 auf 50 km/h reduzieren, wenn sich an der diskutierten Stelle Unfälle tatsächlich ereigneten. „Seit Erstehen dieser Mittelinsel sind uns jedoch keine Unfälle bekannt“, betont der Ordnungsamtsleiter.

Kritik an „Vollkasko-Mentalität“

Zwar verstehe er die Sorge von Bürgern und er kenne die Frage, ob denn immer erst etwas passieren müsse, bevor etwas geändert wird. „In dieser Thematik muss man das aber mit ‚ja‘ beantworten“. Denn andernfalls müsste grundsätzlich alles von Vornherein verboten werden, erklärt Haas. Sein Appell: „Wer jeden Tag am Straßenverkehr teilnimmt, muss sich auch über die Regeln informieren und sich daran halten.“ Grundsätzlich gelte das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Demzufolge sollten Autofahrer selbstverständlich nicht mit 70 km/h über die Querung rasen, wenn gerade Kinder warten, um die Straße zu kreuzen.

Er bemängelt die „Vollkasko-Mentalität“ mancher Mitmenschen, die alles bis ins kleinste Detail geregelt haben wollen. „Es ist sehr vieles geregelt, nur man muss sich auch daran halten.“ Darin liege seiner Ansicht nach das viel größere Problem. Weitere Beschwerden bezüglich der Ortsschild-Position seien ihm nicht bekannt.

Politiker kündigen Handeln an

Doch trotz dieser klaren Haltung des Ordnungsamtes zieht das Thema weite Kreise. Während der Landtagsabgeordnete Josef Lausch (Freie Wähler) angekündigt hat, sich der Problematik persönlich anzunehmen, teilte kürzlich auch Bad Aiblings ÜWG-Stadtrat Dieter Bräunlich gegenüber dem OVB mit, dass seine Fraktion kürzlich einen Antrag bei der Stadtverwaltung eingereicht habe, in dem die Versetzung der Ortstafel Mietraching gefordert wird.

„Das ist ein ewiger Streitpunkt. Wir hatten schon vor zehn Jahren mal beantragt, dass das Ortsschild verlegt werden soll“, blickt Bräunlich zurück. Damals habe es den Übergang für Fußgänger und Radler noch gar nicht gegeben. „Das Ganze ging dann zum Landratsamt und wurde nichts – Ober sticht Unter.“ Jetzt sei man mit dem „berechtigten Wunsch“ erneut konfrontiert worden. Für Bräunlich bleibt es eine „gefährliche Situation“, weshalb man sich nun für eine Veränderung einsetzen werde. Denn es gebe zig Beispiele andernorts, die zeigten, dass eine andere Positionierung der Ortstafel möglich sei, betont Bräunlich und nennt beispielhaft die Ortseinfahrt in Dettendorf, wo auf Höhe des Schildes keine Bebauung zu sehen ist.

Wie reagiert das Landratsamt auf die Forderungen?

Doch bei aller Kritik entscheidet letztlich das Landratsamt über mögliche Anpassungen. Sprecherin Sibylle Gaßner-Nickl teilt dem OVB diesbezüglich mit, dass die Ortstafel dort anzuordnen ist, wo die geschlossene Bebauung auf einer der beiden Straßenseiten für beide Verkehrsrichtungen erkennbar beginnt beziehungsweise endet. „Im Bereich der Querungshilfe ist keine geschlossene Bebauung vorhanden“, so Gaßner-Nickl. Diese beginne erst auf Höhe des Ortsschildes, weshalb eine Versetzung des Ortsschildes um rund 100 Meter nicht möglich sei.

Für ausgewählte Zeiten wird hier auch temporär ein „aufklappbares“ 50er-Schild aufgestellt.

Ungeachtet dessen hatten zuletzt dennoch kleine Anpassungen stattgefunden, indem stadtauswärts kurz vor dem Fuß- und Radübergang ein 50er-Schild (nur wenige Meter nach dem 70er-Schild) aufgestellt wurde. Laut der Sprecherin des Landratsamtes gebe es in diesem Bereich eine umklappbare Beschilderung. „Dies wurde dort aufgrund der zahlreichen Veranstaltungen auf dem Festgelände fest installiert und kann bei Bedarf aufgeklappt werden“, sagt Gaßner-Nickl.

Warum ein Schilderrahmen leer ist

Darüber hinaus sind der unteren Straßenverkehrsbehörde nach Rücksprache mit der Polizei keine Unfälle in diesem Bereich bekannt. „Ebenfalls waren die zuständigen Sachbearbeiter bereits vor Ort und haben die Stelle in Augenschein genommen“, sagt Gaßner-Nickl. Ergebnis: Die Sichten seien in beide Richtungen gut, Bäume und Sträucher habe der Straßenbaulastträger zudem zurückgeschnitten.

Weitere Beschilderungen, die etwa warnend auf Fußgänger und Radler hinweisen, seien „nicht notwendig und vorgesehen“, die Querungshilfe sei ausreichend beschildert, erklärt das Landratsamt und verweist auf die dort angebrachten Schilder (blaues kreisrundes Schild mit weißem Pfeil und zugehöriger rot-weiß gestreifter Warnbake).

Auf der rechten Straßenseite steht derzeit noch ein leerer Schilderrahmen anstatt des Ortsschildes. Doch warum eigentlich?

Nach der Verkehrs-Odyssee bleibt noch zu klären, warum derzeit überhaupt nur auf einer Straßenseite das Ortsschild „Mietraching“ zu sehen ist, während auf der gegenüberliegenden Seite lediglich ein leerer Schilderrahmen aus dem Boden ragt. Ordnungsamtsleiter Martin Haas macht es kurz: „Das wurde geklaut“. Man warte derzeit noch auf die Nachbestellung.

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