72-Jähriger liebt die „meditative Arbeit“
„Finde dabei meinen Seelenfrieden“ – Wie ein Bad Aiblinger eigene Weihnachtskripperl baut
In seinem früheren Beruf war Dionys Schwinghammer weit entfernt von Schnitzen, Basteln und filigraner Handarbeit. Heute sitzt der Senior wochenlang in der Werkstatt und baut hochwertige Weihnachtskrippen. Wie er auf das besondere Hobby stieß und warum Details gefährlich sein können.
Bad Aibling – „Früher habe ich nur Papier produziert“, sagt Dionys Schwinghammer, während er in seiner voll gestellten Werkstatt im Bad Aiblinger Ortsteil Mietraching steht. Mit gekonnten Bewegungen schnitzt der 72-Jährige ein kleines Holzstück zurecht. Was ihm damals, in seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit beim Wasserwirtschaftsamt fehlte, nimmt er sich jetzt im Ruhestand zur Aufgabe: „Etwas Greifbares“. Zu sehen, wie ein Werk entsteht und sich nach und nach weiterentwickelt, das fasziniert den Rentner.
Und Schwinghammer hat sich hierfür ein ganz besonderes Hobby ausgesucht. „2018 habe ich mit dem Bau alpenländischer Weihnachtskrippen begonnen“, sagt der Bad Aiblinger. Seitdem hat er zehn hochwertige Exemplare angefertigt, drei weitere sind derzeit in Arbeit und belagern „die Schupf“. Über Wochen feilt er an den detailgetreuen Kunstwerken, steckt mindestens 80 Arbeitsstunden in eine Krippe. „Das geht natürlich nur mit schöpferischen Pausen“, schmunzelt Schwinghammer, der froh ist, seine Nische gefunden zu haben.
Es begann mit „dieser einen Stelle“
Angefangen hatte alles vor einigen Jahren mit „dieser einen Stelle“. Eine Stelle in Schwinghammers Haus, für die er und seine Frau klare Vorstellungen hatten. Damals wollten beide für ein Schränkchen eine Weihnachtskrippe besorgen, die genau dort hinpasst. „In dem Moment dachte ich mir: das kann ich doch auch“, erinnert sich Schwinghammer. Und so begann er, sich Wissen von Krippenbaumeistern und Modell-Landschaftsbauern „autodidaktisch“ anzueignen. Dazu kamen immer mehr eigene Ideen, mit denen er seine Krippenbaukunst nach und nach perfektionierte.
Das besagte Schränkchen ist seitdem Jahr für Jahr Schauplatz für seine erste eigens angefertigte Weihnachtskrippe – wohlgemerkt in der Weihnachtszeit, worüber sich auch Schwinghammers Frau besonders freut. Doch bei dieser einen Krippe blieb es freilich nicht. „Jedes fertige Werk motiviert mich, ein neues zu bauen“, sagt der 72-Jährige, der kürzlich zum neuen Vorsitzenden der Dorfgemeinschaft Mietraching gewählt wurde.
Dabei habe er kein Interesse daran, die zehn Exemplare bei sich zu Hause anzusammeln – „dafür habe ich auch gar nicht den Platz“. Die hochwertigen Weihnachtskrippen fertigt er vielmehr für besondere Anlässe an und verschenkt sie an Bekannte und Verwandte, etwa zum 60. Geburtstag. Dass er in Zukunft vielleicht auch mal beauftragte Krippen anfertigt und diese verkauft, will Schwinghammer aber nicht ausschließen.
Klares Schema: „individuelles Unikat“
Immerhin hat der Rentner seine Technik bereits auf ein hohes Level angehoben. Und er hat sich ein klares Schema erarbeitet. Auf einer Grundfläche von 60 mal 35 Zentimetern gestaltet er seine Krippen grundsätzlich nach dem gleichen Aufbau – wenngleich am Ende immer ein „individuelles Unikat“ herauskommt. Alles beginnt mit einer bloßen Holzplatte, beispielsweise aus alten Möbeln. „Darauf fertige ich aus Styrodur dann die Landschaft an“, sagt Schwinghammer. Weiter geht es später mit der Almhütte und einem Stall.
„Die Anordnung ist bekannt, aber die genaue Form entsteht dann immer intuitiv, je nach Material, das mir zur Verfügung steht.“ Letztlich sei alles Übungs- und Erfahrungssache, erklärt Schwinghammer, der etwa seinen „Kripperlmörtel“ aus Schlämmkreide, verdünntem Holzleim und Sägemehl zusammenmischt. Pinsel, Heißklebepistole und Acrylfarbe gehören genauso zu seinen Werkzeugen, wie etwa das Schnitzmesser oder ein Föhn, mit dem er mehrere Farbschichten trocknen lässt.
Eine besondere Herausforderung und gleichzeitig Schwinghammers Spezialgebiet: Die Gestaltung der Stall-Dächer. „Es soll einsturzgefährdet und fragil aussehen, muss aber gleichzeitig stabil sein.“ Auch das Modellieren und das Fassen, das Anmalen, der Felsen verlange eine besondere Technik. „Insgesamt ist die Herstellung meiner Kripperl sehr zeitaufwendig, da jede Schindel, jedes Brett und jeder Balken handgeschnitzt ist“, betont Schwinghammer. Die Fenster der Almhütte bestehen aus dünnem Altglas, das zusätzlich noch „patiniert“ wurde, um einen möglichst authentischen, alten Eindruck zu vermitteln.
„Finde dabei meinen Seelenfrieden“
Wenn der geborene Dingolfinger durch seine Werkstatt läuft und über die Arbeitsschritte spricht, wird schnell deutlich, dass er die Weihnachtskrippen bis ins Detail perfektioniert. Und er gibt zu: „Ich muss manchmal aufpassen, dass ich mich in den Details nicht verliere“, so Schwinghammer. Denn im Endeffekt mache er es für sich selbst. „Das ist eine absolut meditative Arbeit.“ Er kann dabei den Kopf frei kriegen, abschalten und entspannen. „Ich würde sogar sagen, dass ich in der Werkstatt meinen Seelenfrieden finde“, sagt der Krippenbauer, der damit seine „Erfüllung“ gefunden habe.
Und irgendwie liegt sein Talent dann doch in der Familie. Denn sein Vater sei handwerklich extrem begabt gewesen, baute seinerzeit mechanische Krippen, erzählt der 72-Jährige. Diese Leidenschaft färbte zunächst nicht auf Sohn Dionys ab, „verschwand lange in der Versenkung“ – bis zum Jahre 2018, als eben „diese eine Stelle“ nach einer besonderen Weihnachtskrippe verlangte.

