Warten unter Schmerzen
„Unverzeihlich“? – Wasserburgerin fühlt sich in der Notaufnahme vernachlässigt
Nach einem Treppensturz zwei Stunden Warten in der Notaufnahme, ohne dass was passiert: Das ist Rosemarie Schmid in der Romed-Klinik Wasserburg passiert. Ehemann Georg Schmid findet: „So geht`s nicht.“ Das sagt die Klinikleitung.
Wasserburg – Am Mittwoch, 9. August, erlebte Rosemarie Schmid aus Wasserburg einen typischen Unfall im Haushalt: Sie stürzte die Kellertreppe herunter. Es gab einen „kräftigen Rums“, erinnert sich Ehemann Georg. Sogar die Tür brach aus den Angeln. Seine Frau blieb geschockt und mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Ihr war übel, der Kopf dröhnte. Für Georg Schmid ein klarer Fall für die Notaufnahme. Denn eine Gehirnerschütterung oder etwas noch Schlimmeres wie eine Gehirnblutung konnte nicht ausgeschlossen werden, findet Georg Schmid. Er packte seine Frau ins Auto und fuhr sie selber hin, denn das Ehepaar wohnt in der südlichen Burgau nur wenige Meter entfernt vom Krankenhaus.
Dort erklärte Rosemarie Schmid, was geschehen war, gab ihre Gesundheitskarte ab, die Daten wurden eingelesen, sie wurde aufgefordert, im Warteraum Platz zu nehmen, so ihre Schilderung. Der Ehemann fuhr heim und wartete hier auf den Anruf mit Infos zum weiteren Vorgehen. Der kam zwei Stunden später, doch seine Frau habe ihm nichts Neues sagen können. Nur so viel: „Mir ist so schlecht, hol mich hier raus.“
Denn Rosemarie Schmid war noch immer nicht an der Reihe gewesen, kein Arzt hätte sich trotz heftiger Schmerzen um sie gekümmert, sagt sie. „Zwei Stunden warten, ohne dass Hilfe kommt, das gibt‘s doch nicht. Kein Sichtkontakt zur Patientin: Das ist unverzeihlich“, findet ihr Mann. Denn der Warteraum in der Notaufnahme verfüge über kein Fenster, durch das Personal einen Blick hinein werfen könne. „Was wäre gewesen, wenn meine Frau zusammengebrochen wäre? Hätte das jemand entdeckt?“
Millionen seien für den gemeinsamen Neubau von Romed und kbo-Inn-Salzach-Klinikum ausgegeben, ein hochmodernes Krankenhaus mit Spitzenmedizin etabliert worden. „Doch bei der Organisation der Notfälle hakt es eindeutig. Wie kann das sein?“ fragt sich Schmid. Er weiß, dass Notaufnahmen heute oft aufgesucht werden wegen medizinischen Kleinigkeiten. „Ich verurteile es sehr, wenn Leute mit ihrem Katarrh da aufschlagen, nur weil sie nicht auf den nächsten Termin beim Hausarzt warten wollen. Doch bei meiner Frau war es ein echter Notfall.“ Er sei zwar gut ausgegangen, trotzdem sitzt der Ärger bei ihm tief.
Zum konkreten Ereignis kann die Romed-Klinik Wasserburg aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht keine detaillierten Informationen geben, betont auf Anfrage die Pressestelle. Nur so viel: Bei der Ankunft eines jeden Patienten erfolge eine medizinische Ersteinschätzung durch speziell geschulte Pflegekräfte nach dem international wissenschaftlich anerkannten Manchester Triage System, teilt Sprecherin Elisabeth Siebeneicher mit. Auf der Webseite der Romed-Kliniken kann nachgelesen werden, wie die Fälle bewertet und eingestuft werden. Es sei verständlich, „dass eine Vorstellung in der Notaufnahme mit einem Anliegen aus Sicht des Patienten beziehungsweise des Angehörigen subjektiv anders wahrgenommen wird“ als die wissenschaftlich anerkannte Priorisierung nach Dringlichkeit der Behandlungsnotwendigkeit.
Personal stets in der Nähe
Romed Wasserburg weist außerdem den Vorwurf zurück, im Warteraum der Notaufnahme gebe es keine Sichtbeziehung zu den Patienten und Begleitpersonen, die sich dort aufhalten. „Um eine Aufnahme und Erstversorgung aller ankommender Patienten am Tresen entlang zu vermeiden, wurde dies baulich entzerrt und der Wartebereich optisch und akustisch durch eine Glaswand abgetrennt. Der Wartebereich ist inmitten der Notaufnahme angeordnet, sodass unmittelbar das ärztliche und pflegerische Personal, das stets in der Nähe ist, eingreifen kann“, betont die Pressestelle.
In Wasserburg werden laut Klinikleitung jährlich etwa 12.000 Notfälle versorgt (2022), „Tendenz steigend“. Ein Großteil der Patienten könne die Klinik innerhalb eines Zeitfensters von bis zu drei beziehungsweise vier Stunden nach entsprechender Versorgung bereits wieder verlassen. „Komplexere Fälle bedürfen aufgrund von eingehender Diagnostik und Behandlung teilweise mehr Zeit. In Spitzenzeiten oder wie aktuell an sehr heißen Tagen kann es aufgrund des hohen Patientenaufkommens zu verlängerten Wartezeiten kommen“, bedauert die Klinik.
Notaufnahmen in Not
Das liegt bekanntlich auch daran, dass die Notaufnahmen zunehmend in Not geraten, weil generell hier nicht alle Patienten mit ihren Beschwerden richtig sind. Dazu gab es erst jetzt eine gemeinsame Studie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Romed Klinikums Rosenheim, um Patienten zielgerichteter zu steuern – mit dem Ziel, die Notaufnahmen zu entlasten, berichtet die Pressestelle.
So läuft das Beschwerdemanagement
Trotzdem: Das Ehepaar Schmid fühlt sich schlecht behandelt. Wie läuft in diesem Fall das Beschwerdemanagement im Krankenhaus Wasserburg ab? Dazu erklärt die Pressestelle: „Es gibt einen klar definierten Prozess im Umgang mit Beschwerden bei den RoMed Kliniken, denn der Austausch mit Patienten und Angehörigen ist für das gegenseitige Verständnis unabdingbar. Üblicherweise setzt sich die Klinik mit dem Patienten beziehungsweise dem Angehörigem in Verbindung, bespricht und versucht, das Anliegen zu klären, wie auch in vorliegendem Fall geschehen.“