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Blick nach Tübingen

Verpackungssteuer gegen Vermüllung: Müssen Rosenheimer bald tiefer in die Tasche greifen?

Um den Verpackungsmüll einzudämmen, hat die Stadt Tübing eine Verpackungssteuer eingeführt. Vorstellbar auch in Rosenheim? Die Meinungen gehen auseinander.
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Um den Verpackungsmüll einzudämmen, hat die Stadt Tübingen eine Verpackungssteuer eingeführt. Vorstellbar auch in Rosenheim? Die Meinungen gehen auseinander.

50 Cent für Kaffeebecher und Pommes-Schalen, 20 Cent für Strohhalme: Seit 2022 erhebt die Stadt Tübingen eine Verpackungssteuer. Damit soll der Verpackungsmüll minimiert werden. Nun soll das Konzept auch für Rosenheim geprüft werden. Das sind die Vor- und Nachteile.

Rosenheim – Der Verpackungsmüll ist den Rosenheimer Grünen ein Dorn im Auge. „Die Wertstoffinseln und Mülleimer quellen über, Plastikmüll schadet der Tier- und Pflanzenwelt“, schreibt die Fraktionsvorsitzende Sonja Gintenreiter in einem Antrag an Oberbürgermeister Andreas März (CSU).

Orientieren am Tübinger Modell

Für sie und ihre Fraktion ist deshalb klar, dass etwas passieren muss. Aus diesem Grund fordern sie die Verwaltung – gemeinsam mit FDP und ÖDP – auf, ein Konzept zur Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer zu erarbeiten. Orientieren solle man sich dabei am Tübinger Modell.

Die Universitätsstadt im Zentrum Baden-Württembergs hat die Verpackungssteuer 2022 eingeführt. Einwegverpackungen und Einweggeschirr sind mit jeweils 50 Cent besteuert, für Einweggeschirr beträgt die Steuer 20 Cent. Die Steuersätze sind Nettobeträge, auf die Umsatzsteuer fällig wird. Zur Zahlung verpflichtet sind Gastronomen und Händler, die Getränke oder Mahlzeiten zum unmittelbaren Verzehr in Einwegverpackungen verkaufen. Ob die Betriebe die Steuer an den Endverbraucher weitergeben, kann jeder Betreiber selbst entscheiden. 

Ressourcenverbrauch minimieren

Ziel der Verpackungssteuer sei es, den Müll im öffentlichen Raum und den daraus entstehenden Aufwand zu vermeiden und den Ressourcenverbrauch durch Einwegverpackungen zu reduzieren. „Die Verpackungssteuer ist keine Müllgebühr, sondern eine Verbrauchssteuer“, sagt eine Sprecherin der Stadt Tübingen auf OVB-Anfrage.

Bereits kurze Zeit nach der Einführung habe man feststellen können, dass deutlich weniger Müll um die Mülleimer herumliege und die sperrigen Verpackungen die Mülleimer nicht mehr verstopften. „Der Einwegmüll im öffentlichen Raum ist, auch aus Erfahrung der Kolleginnen und Kollegen von der Stadtreinigung, wahrnehmbar zurückgegangen“, sagt die Pressesprecherin.

Mehrwertangebot gestiegen

Und noch einen positiven Aspekt hat die Einführung der Verpackungssteuer der Sprecherin zufolge mit sich gebracht. „Das Mehrwegangebot ist viermal so groß wie davor“, sagt sie. Viele Betriebe hätten erst nach dem Inkrafttreten der Verpackungssteuer Mehrweg in ihr Angebot aufgenommen. „Das zeigen die Antragszahlen im Förderprogramm für Mehrweggeschirr, das es von 2020 bis 2023 gab“, sagt sie.

Neben dem Angebot der Betriebe würden viele Menschen auch eigene Mehrwegbehältnisse nutzen. Mehrweg sei dadurch im gesamten Stadtbild „ganz klar sichtbar und vorherrschend, vor allem in den Mittagspausen“.

Und doch konnte sich nicht jeder Betrieb mit der Tatsache anfreunden, dass sie plötzlich eine Verpackungssteuer bezahlen müssen. So hat beispielsweise der örtliche McDonald‘s-Betreiber eine Verfassungsbeschwerde erhoben. Während er in der ersten Instanz noch Recht bekam, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe im Januar 2025, dass die Verpackungssteuer der Stadt Tübingen rechtmäßig ist.

Mehr Planungssicherheit

„Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben die Städte mehr Planungssicherheit. Wir rechnen damit, dass jetzt mehr Städte eine Verpackungssteuer lokal einführen werden“, sagt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags.

320.000 Einwegbecher pro Stunde

Er erinnert daran, dass in Deutschland jede Stunde rund 320.000 Einwegbecher für Heißgetränke verbraucht werden. Einwegverpackungen für Gerichte und Getränke zum Mitnehmen würden in den Städten für viel Müll und zusätzliche Entsorgungskosten sorgen. Helfen könnte hier eine kommunale Verpackungssteuer. „Sie kann einen Anreiz schaffen, häufiger auf Mehrweggeschirr zurückzugreifen“, unterstreicht Dedy.

Zudem könnte sie in seinen Augen ein wirksames Instrument gegen die Vermüllung in Städten sein. „Wir müssen die Wegwerfkultur stoppen“, fügt er hinzu. Und spricht den Rosenheimer Grünen damit wohl aus dem Herzen. Ob in Rosenheim eine Verpackungssteuer eingeführt werden soll, soll in einem der kommenden Ausschüsse besprochen werden.

Kritik an dem Vorschlag gibt es schon jetzt von Theresa Albrecht, Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands Rosenheim. „Ausgerechnet die Grünen fordern eine Verpackungssteuer“, sagt sie kopfschüttelnd. Und erinnert im gleichen Atemzug daran, dass die Grünen in ihrer Regierungszeit die Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf 19 Prozent erhöht haben. „Das führte zu einer eklatanten Benachteiligung der Gastronomie, die auf Porzellantellern serviert“, sagt sie.

Förderung müllproduzierender Betriebe

To-Go-Angebote und Supermarktessen seien dadurch günstiger geworden. „Dadurch wurden Betriebe, die Müll produzieren, gefördert“, unterstreicht sie. Zwar soll die Mehrwertsteuer jetzt wieder auf sieben Prozent gesenkt werden, trotzdem hält Albrecht nichts von einer Verpackungssteuer.

„Eine Verpackungssteuer würde das Essen für Verbraucher weiter verteuern.  Gerade die kleinen Betriebe würden unter der Einführung von kommunalen Verpackungssteuern leiden“, sagt sie. Das Ziel, Müllaufkommen zu reduzieren, stehe ihr zufolge in keinem Verhältnis zu den zusätzlichen Belastungen und dem „massiven bürokratischen Aufwand“.

Statt sich also Gedenken über die Einführung der Verpackungssteuer zu machen, schlägt die Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands Rosenheim vor, mehr Anreize für die Nutzung von Mehrwegverpackungen zu schaffen. „Wenn wir einheitliche Mehrwegsysteme hätten, würden das die Verbraucher auch nutzen“, ist sie überzeugt.

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