Nach offenem Brief der Linken
Stehen in Rosenheim zu viele Häuser leer? OB März weist Vorwürfe gegen Stadt scharf zurück
Hausbesetzungen, Demonstrationen und teils drastische Worte: Leerstand und der vermeintliche Mangel an bezahlbarem Wohnraum sorgen immer wieder für hitzige Diskussionen – zuletzt zwischen den Linken und Oberbürgermeister Andreas März.
Rosenheim – Das Thema Leerstand ist in aller Munde: Erst Anfang März hatten Aktivisten des Kollektivs „Rosenheim besetzen“ versucht, ein Haus in der Arnulfstraße 13 zu besetzen und gefordert, das zweistöckige Gebäude als Wohnraum zu nutzen. Zwar scheiterte die Besetzung durch das schnelle Eingreifen der Polizei, jedoch schlug das Vorhaben hohe Wellen – und sorgte unter anderem für Kritik von Oberbürgermeister Andreas März.
Er erinnerte daran, dass Verwaltung und Stadtrat schon seit Jahren ihre Hausaufgaben in Sachen sozialer Wohnungsbau und der Schaffung von Wohnraum machen würden und nicht auf ihren Verantwortungsbereich hingewiesen werden müsste. Es ist eine Aussage, die zumindest die Rosenheimer Linken so nicht stehen lassen wollen.
Eine der teuersten Mittelstädte Deutschlands
„Wohnraum ist in Rosenheim nach wie vor Mangelware, viele Menschen können sich das Wohnen in der Stadt schlicht nicht mehr leisten“, heißt es in einem Schreiben des Kreisverbands. Rosenheim gehöre – was die Mietpreise angeht – zu einer der teuersten Mittelstädte Deutschlands. „Gelöst ist das Thema Wohnraum in Rosenheim mitnichten“, kritisieren die Linken.
Umfangreicher Fragenkatalog
Aus diesem Grund haben sie einen Fragenkatalog zusammengestellt, um herauszufinden, ob Verwaltung, Oberbürgermeister und Stadtrat tatsächlich ihre Hausaufgaben gemacht haben. So interessieren sich die Linken unter anderem dafür, wie viele Wohnungen seit 2020 gebaut wurden, wie hoch die Leerstandsquote ist, wie es rund um das Thema bezahlbarer Wohnraum steht und welche durchschnittlichen Mietpreise die Stadt Rosenheim für die kommenden 30 Jahre erwartet.
„Wir alle wollen, dass Rosenheim auch in Zukunft die Heimat aller Menschen sein kann, die sich hier wohlfühlen – und das darf nicht vom Geldbeutel abhängen“, fügen die Linken hinzu. Anstatt Frage für Frage einzeln zu beantworten, entschied sich Oberbürgermeister März dazu, ebenfalls mit einem offenen Brief zu antworten. Auf drei DIN-A4-Seiten informierte er die Linken nicht nur über Zahlen und Hintergründe, sondern übte auch Kritik an einigen Aussagen des Kreisverbands.
Bevölkerung um 2,9 Prozent angewachsen
Er erinnerte daran, dass die Stadt Rosenheim mit ihren 37 Quadratkilometern die zweitkleinste Stadt Bayerns ist, aber mit inzwischen rund 65.000 Einwohnern im Vergleich der kreisfreien Städte im Mittelfeld liegt. „Mit dem begrenzten Stadtgebiet stehen wenig bebaubare Flächen zur Verfügung und längst nicht alle der Freiflächen sind im Besitz der Stadt“, erinnerte März. Im vergangenen Jahr sei die Bevölkerung um 2,9 Prozent angewachsen. Für Oberbürgermeister März keine überraschende Entwicklung: „Die kommunale Wohnungspolitik nimmt daher seit Jahren einen besonderen Stellenwert ein.“
411 Wohnungen in sechs Jahren
So hätten Stadt und GRWS in den vergangenen sechs Jahren gemeinsam 411 Wohnungen geschaffen. Diese Wohnungen können entweder zu günstigen Konditionen angemietet werden oder befinden sich in der einkommensorientierten Förderung (EOF). „Insgesamt fallen in die EOF-Bindung 690 Wohnungen“, erklärte März.
Alles in allem gebe es in Rosenheim über 33.000 Wohnungen, in den vergangenen drei Jahren seien zudem 1.388 weitere Wohneinheiten genehmigt worden. „Die Bekämpfung eines Mangels an Wohnraum kann nur über die Ausweitung des Angebots gelingen, nicht über Eingriffe in die Mietpreisbildung“, ergänzte März. Ihm zufolge ist Rosenheim auf einem guten Weg, dennoch machte er kein Geheimnis daraus, dass die Schaffung von weiterem Wohnraum angesichts der Flächenknappheit eine große Herausforderung darstellt.
Ausweitung des „Rosenheimer Modells“
Trotz allem sei es auch weiterhin ein Anliegen der Stadt, preisgünstigen Wohnraum zu schaffen. Aus diesem Grund laufen Überlegungen, das „Rosenheimer Modell“ auszuweiten. Während es bisher so gehandhabt wurde, dass die Stadt bei der Schaffung von Baurecht auf Flächen von 10.000 Quadratmetern und mehr bis zu 35 Prozent der Fläche kostengünstig erwerben kann, soll das „Rosenheimer Modell“ künftig auch auf kleineren Flächen angewendet werden.
10.000 zusätzliche Bürger bis 2042
Die Stadt rechnet damit, dass die Einwohnerzahl bis 2042 von 65.000 auf 75.810 ansteigt. Das wiederum bedeutet, dass jährlich 450 Wohneinheiten geschaffen werden müssten – sowohl von städtischer als auch privater Seite. Anders als von den Linken dargestellt, teilt März die Einschätzung nicht, dass „überall in der Stadt Wohnungsleerstand zu sehen sei“. Zumal ein privater Wohnungsleerstand aus rechtlichen Gründen nicht zu erfassen sei.
„Die Stadt ist kein Experimentierfeld für sozialistische Utopien wie ‚kostenloser Wohnraum für alle‘, Verstaatlichung oder Enteignungen“, sagte März. Mit der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels sei es gelungen, Transparenz und Rechtssicherheit für Mieter und Vermieter zu schaffen, zudem befinde sich sowohl die aktuelle als auch die künftige Wohnbauentwicklung auf dem richtigen Weg.
Linke mit Antworten unzufrieden
Es sind Antworten, mit denen sich die Linken so nicht zufriedengeben wollen. „Für uns ist nicht nachvollziehbar, ob die Stadt und der Oberbürgermeister nicht wissen, wie es um den Wohnungsmarkt in Rosenheim bestellt ist, oder, ob sie eben diese Informationen für sich behalten wollen. Beides wäre höchst bedenklich“, heißt es vonseiten des Kreisverbands auf OVB-Anfrage. In den Augen der Linken gebe es in Rosenheim noch etliches zu tun – ganz egal ob Leerstandsmanagement, die Schaffung von Sozialwohnungen oder einer Zweckentfremdungssatzung.