Kult-Event vor neuen Herausforderungen
Wenn die Töpfe in der Altstadt dampfen, ist Nationenfest in Wasserburg: Das ist heuer alles neu
Es ist eines der schönsten, weil buntesten Großveranstaltungen in Wasserburg: Das Nationenfest ist Kult. Wer mitmachen möchte – als Hobbykoch, Orga-Helfer, Ordner oder mit einem Marktstand – kann sich ab sofort anmelden. Außerdem gibt es einige Neuheiten. Und trotz aller Festerfolge auch eine Sorge.
Wasserburg – Das Nationenfest in Wasserburg ist vor allem eins: eine riesengroße Straßenküche mit Open-Air-Bewirtung. Alljährlich verwandelt sich die Altstadt in ein Areal voll dampfender Töpfe, exotischer Gerüche und begeistert speisender Gäste. Es wird geschlemmt, getanzt, gefeiert. Außerdem typisch: eine Atmosphäre wie auf einem Basar.
Tausende genießen bei schönem Wetter diese besondere Mischung aus Kulinarik, Kultur und die Möglichkeit, Menschen vieler Nationen kennenzulernen. Vertreter von über 100 Nationen leben in Wasserburg. Doch hinter dem Event, heuer am 28. Juni, steckt sehr viel Arbeit. Nach dem Nationenfest ist vor dem Nationenfest, heißt es deswegen beim Veranstalter, dem Verein Rio konkret. Er wünscht sich mehr und neue Ehrenamtliche, die mit anpacken. „Uns fehlen quasi zwei Generationen“, bedauert Vorsitzender Robert Obermayr. Sein neuer Stellvertreter, Rajib Pal Chowdury ist zwar ein Beispiel dafür, dass neue Kräfte nachrücken: Chowdury ist 48 Jahre alt. Doch der Verein benötige auch noch Aktive im jungen Erwachsenenalter, sagen sie.
Rio konkret sucht neue und junge Helfer
Viele Fans des Nationenfestes würden nach wie vor davon ausgehen, dass es sich um eine städtische Veranstaltung handele. Nur wenige würden registrieren, dass die Veranstaltung allein im Ehrenamt gestemmt werde. Damit das Nationenfest auch noch in 20 Jahren eine feste Größe im Veranstaltungskalender der Stadt darstellt, müssen also neue und jüngere Helfer gewonnen werden. Das können auch Aktive sein, die sich nur am Festtag einbringen, betonen die Organisatoren. Willkommen seien Ehrenamtliche unterschiedlicher Interessen und Talente: Aktive für das Festbüro, für handwerkliche Tätigkeiten, als Ordner, für organisatorische Aufgaben, für die Musik- oder Essensstand-Auswahl. Auch viele Spender, die das Fest unterstützen, sind in die Jahre gekommen. Wer das Nationenfest lediglich finanziell fördern wolle, könne sich auch auf diese Weise einbringen, erklärt Obermayr.
Sein Stellvertreter Chowdury beispielsweise, der Rio konkret auch im Klimaschutzdialog Wasserburg vertritt, kam über ein ganz anderes Thema zum Verein: Er ist Diplom-Ingenieur mit Schwerpunkt Umwelttechnik und ein Energie-Experte. Der stellvertretende Vorsitzende möchte die Energiewende vor Ort in der Innstadt voranbringen: mit kleinen Aktionen wie etwa einem neuen Bürgerkraftwerk. Er ist überzeugt vom Gedanken des Miteinanders. Das Nationenfest beweise alljährlich, dass es gemeinsam gelinge, was Großes auf die Beine zu stellen. Es verbinde Menschen vieler Nationalitäten und Religionen miteinander: beim Essen und Trinken, Musik hören und feiern. „So kommen wir ins Gespräch. Das ist das beste Mittel gegen den Rechtsruck“, ist Chowdury überzeugt.
Köche gesucht
Deshalb bringt sich der Wasserburger jetzt aktiv ein in die Organisation des Nationenfestes. Die Bereiche Musik und Kinderprogramm sind mit Thomas Hagn und Jochen Knöchel ebenfalls mit neuen Verantwortlichen besetzt worden, berichtet der Verein.
Doch auch neue Hobby-Köche werden gesucht. Vor allem die ost- und südeuropäische Küche könne noch mehr Präsenz vertragen, finden die Organisatoren des Nationenfestes. Willkommen seien all jene, die gerne die Küche und Familienrezepte aus der alten Heimat vorstellen würden. Das Credo: kleine Portionen zum Ausprobieren. Übrigens könnte das Fest laut Obermayr und Chowdury auch mehr Anbieter der deutschen und bayerischen Küche vertragen. Die Gäste aus der rumänischen Partnerstadt von Wasserburg beispielsweise mögen diese Spezialitäten besonders gerne, berichten sie. Das gelte auch für viele internationale Besucher.
Für die Koch- und Essensstände gibt der Verein Tische, Spuckschutz und Ausrüstungsgegenstände wie Handwaschbecken aus. Heuer müssen jedoch alle Küchenteams eine Lebensmittelhygiene-Schulung absolvieren. Das ist neu. Der Grund: strengere Auflagen. In diesem Jahr wird erstmals auch jeder Stand vor dem Feststart abgenommen.
2024 hatte es aufgrund des parallel stattfindenden Bürgerspiels Veränderungen bei der Situierung gegeben. Und ein paar Beanstandungen der Lebensmittelkontrolleure. Heuer steht wieder das übliche Areal zur Verfügung, doch der Verein Rio konkret möchte und muss auf der sicheren Seite sein in puncto Hygiene, so Obermayr. Deshalb findet am 14. und 22. Mai eine Schulung für alle Anbieter statt. Sie ist verpflichtend, betont der Vorstand. Die Plenen, in denen die Kochteams ihre Angebote vorstellen, sind ebenfalls am 14. und 22. Mai geplant. Auch hier ist die Teilnahme Pflicht für alle Anbieter.
Musikprogramm steht
Keine Bewerbungen sind mehr für das Musikprogramm möglich. Es steht bereits. Auch heuer wird es wieder drei Bühnen geben, so Obermayr und Chowdury. Hier soll auch ein Musik-Angebot für junge Erwachsene unterbreitet werden. Das Kinderprogramm wird außerdem noch größer. Auch Infostände wird es wieder geben: Vereine, Organisationen oder Parteien, die sich mit dem Thema kulturelle Vielfalt und Integration auseinandersetzen, können sich hier präsentieren oder eine Aktion starten. Auch demokratische Parteien dürfen mitmachen. Denn Rio konkret und das Nationenfest haben einen politischen Hintergrund: Sie entstanden aus einer Lichterkette heraus, die 1992 aus Protest gegen rassistische Ausschreitungen in Hoyerswerda stattfand.
Das wissen heute auch viele Fans nicht mehr. Deshalb ist es dem neuen stellvertretenden Vorsitzenden ein Anliegen, diese Wurzeln des Vereins und Veranstalters stärker in den Fokus zu stellen und bekannt zu machen. Denn Rio konkret sei noch viel mehr als Nationenfest: Der Verein betreibe außerdem einen interkulturellen Garten, bei dem es noch freie Parzellen gebe, führe die Aktion „saubere Stadt“ durch und bringe sich ein in die Klimaschutzbemühungen der Stadt. Diese Themen würden in drei Arbeitskreisen mit Leben erfüllt: auch eine Möglichkeit, sich zu beteiligen, diesmal außerhalb des Aushängeschilds des Vereins, dem Nationenfest.
