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Südlicher Landkreis Rosenheim

Nach der Katastrophe vom 3. Juni: Das sind die wichtigsten Projekte für den Hochwasserschutz

In diesem Bereich der Austraße suchte sich die Flut am Montag (3. Juni) ihren Weg zur Rohrdorfer Ache. Ihre Wucht unterspülte die Straße, zerstörte Untergrund und Deckschicht.
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Achenmühle am 3. Juni 2024: In diesem Bereich unterspülte die Wucht der Flut die Straße, zerstörte Untergrund und Deckschicht. Der Hochwasserschutz des Ortes gehört zu den wichtigsten Projekten der kommenden Jahre.

Das Hochwasser vom 3. Juni 2024 hat die Region mit voller Wucht getroffen. Allein die Schäden und Sanierungen an den Hochwasserschutzbauwerken der Wildbäche, die Räumungen der Kiesfänge und Wildholzrechen südlichen Landkreis Rosenheim belaufen sich auf mehr als 14 Millionen Euro. Welche Hochwasserschutzmaßnahmen in den kommenden Jahren Priorität haben.

Rosenheim – „Das Unwetter vom 3. Juni war schockierend.“ Das ist nicht nur die Bilanz der überfluteten Hausbesitzer, der Rettungskräfte und Gemeinden, sondern auch der Experten vom Wasserwirtschaftsamt Rosenheim. „In der Katastrophe hat unser Netzwerk gut funktioniert. Alle Mitarbeiter waren vor Ort“, bilanziert Amtsleiter Dr. Tobias Hafner. Doch vorhersehbar war die Katastrophe nicht. Die Wetterprognosen ließen weder die Menge und Intensität an Niederschlägen erahnen, noch den Ort der Starkregenzelle, die sich über einem kleinen Gebiet abregnen würde. Sie flutete innerhalb kürzester Zeit die Wildbäche und ergoss sich aus den Bergen und Flächen in Sturzbächen ins Tal.

Sie planen den Hochwasserschutz für die Region: (von links) Dr. Tobias Hafner, der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim, sein Stellvertreter Andreas Holderer, Dr. Hadumar Roch, Abteilungsleiter für den südlichen Landkreis Rosenheim, Klaus Moritz vom Hochwassernachrichtendienst und Thomas Brandner, Sachgebietsleiter für Wasserbau und Gewässerentwicklung.

Wenige Kilometer zwischen Normalität und Katastrophe

So etwas hatten auch die Fachleute des Wasserwirtschaftsamtes noch nie erlebt. Am 3. Juni waren sie an den Krisenherden im Einsatz – im Hochwassernachrichtendienst, als Fachberater im Katschutzstab oder für die örtliche Einsatzleitung der am schwersten betroffenen Gemeinden. „In Rosenheim war nichts und nur wenige Kilometer weiter ging die Welt unter“, beschreiben sie in der Retrospektive das Phänomen der Extremniederschlagszelle, die im südlichen Landkreis zu einer Kombination aus Flusshochwasser und wild abfließendem Oberflächenwasser führte.

Das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim ist für rund 370 Kilometer Fließgewässer und knapp 400 Kilometer ausgebaute Wildbachkilometer in den Landkreisen Rosenheim, Miesbach, Mühldorf und Ebersberg verantwortlich. Allein im alpinen Bereich schützen 12.000 Wildbachbauwerke die Siedlungsbereiche vor Hochwasser. Beim schweren Unwetter am 3. Juni wurden etwa 5000 Wildbachschutzbauwerke im Bereich der Extremniederschlagszelle von Bernau bis Bad Feilnbach massiv getroffen. „Sie haben größtenteils gut funktioniert, die Menschen geschützt“, bilanziert Dr. Tobias Hafner, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim. Aber sie wurden dadurch teils stark abgenutzt oder haben Schaden genommen.

14 Millionen Euro für Reparaturen und vorgezogene Sanierungen

Sechs Monate später ist endgültig klar: Die Räumungsarbeiten, Schäden, aber auch vorgezogenen Sanierungsarbeiten an Bachläufen, Deichen, Konsolidierungsbauwerken, die Leerung der Kies-, Geschiebe- und Murenfänge sowie Wildholzrechen belaufen sich auf 14 Millionen Euro. Die Instandsetzungsliste umfasst 50 Projekte. „Mehr als 40 haben wir bereits realisiert, das Wichtigste ist bereits abgearbeitet“, resümiert Hafner den Kraftakt weniger Monate. Der war nur möglich durch „die gute Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium und der Regierung, mit den Gemeinden und mit Fachfirmen aus der Region, die trotz voller Auftragsbücher kurzfristig Kapazitäten schufen“. Auch das Wasserwirtschaftsamt München half aus, stellte für mehrere Wochen einen Schreitbagger samt Fahrer für die Katastrophenregion zur Verfügung.

Die Prioritätenliste des Wasserwirtschaftsamtes umfasst seit dem Unwetter am 3. Juni etwa 50 Projekte. Mehr als 40 wurden bereits realisiert, darunter auch eine Schutzmauer an der Rohrdorfer Ache (links).

„In einem normalen Jahr stehen uns etwa 2,5 bis 2,7 Millionen Euro für die laufende Regel-Instandsetzung der Schutzbauwerke zur Verfügung. 2024 haben wir knapp das Doppelte umgesetzt. Dazu kommen noch die Ausgaben für sowieso laufende Neubauprojekte. „Mit rund 7,5 Mio. Euro haben wir im Wildbachbereich in 2024 ein neues Rekordjahr“, informiert Hafner. Es werde voraussichtlich noch anderthalb bis zwei Jahre dauern, ehe alle Schäden behoben und die vorgezogenen Sanierungen umgesetzt sind.

Nach Juni-Unwetter: 14 Millionen Euro für dringenden Hochwasserschutz

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Steinbach_Rechen_Muehltal_vorher (1).JPG © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim
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Rohrdorfer_Ache_Thannsau_nachher_Raeumung (2).JPG © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim
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Thannbach_Brannenburg_nachher.jpg © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim
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Thannbach_Unterstuetzung_vom_WWA_Muenchen.jpg © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim
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Thannbach_Brannenburg_nachher3.jpg © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim
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Wildholzrechen Prien_nach HW_20240605 (5).jpg © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim
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Hundsgraben_Flintsbach_vorher.JPG © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim
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Hundsgraben_Flintsbach_innerorts_nachher (3).jpg © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim
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Koglgraben_Grainbach_vorher.JPG © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim
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Koglgraben_Grainbach_nachher.jpg © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim

Deich in Rohrdorf wird auf 1,8 Kilometer instandgesetzt

Große Projekte im Hochwasserschutz stehen an – zum Teil lange geplant, zum Teil durch das Unwetter vom 3. Juni auf die Prioritätenliste gespült. So der Deich in Rohrdorf, der auf einer Länge von circa 1,8 Kilometern für etwa vier Millionen Euro nun früher als geplant instand gesetzt werden soll. Dank der Sicherungsmaßnahmen der Feuerwehren hatte er den Wassermassen der Ache standgehalten, wurde aber massiv beansprucht. In der Wolfsgrubenstraße wurde für den temporären Schutz der Wohnhäuser eine Mauer aus Betonfertigteilen errichtet. „Als Nächstes soll eine Innendichtung in den Deich eingebracht werden“, informiert Thomas Brandner, Sachgebietsleiter für Wasserbau und Gewässerentwicklung.

Am Oberlauf der Rohrdorfer Achen könnte noch im Jahr 2026 Baubeginn sein. 3,7 Millionen Euro sind für den Hochwasserschutz der Ausiedlung in Achenmühle eingeplant, um die Straßenbrücke über den Weißbach mit größerem Querschnitt inklusive einer provisorischen Behelfsumfahrung zu bauen, die Böschungen des Weißenbach aufzuweiten und den kurvenreichen Gewässerverlauf zu optimieren. Die Grundstücksverhandlungen seien in diesem Bereich auf einem guten Weg, informiert das Wasserwirtschaftsamt.

Achenmühle erlebt zwei Jahrhundertfluten in vier Jahren

Das Nadelöhr in Achenmühle ist der Durchlass unter der Frasdorfer Straße. Auch ohne Verklausungen ist er zu eng.
Das Nadelöhr in Achenmühle ist der Durchlass unter der Frasdorfer Straße. Auch ohne Verklausungen ist er zu eng.  © Gerlach
Durch den Rückstau am Straßendurchlass breitet sich der Weißbach bei Starkregen auf den Wiesen am Weißbachweg aus, überflutet die Frasdorfer Straße und wälzt sich durch die Austraßen-Siedlung.
Durch den Rückstau am Straßendurchlass breitet sich der Weißbach bei Starkregen auf den Wiesen am Weißbachweg aus, überflutet die Frasdorfer Straße und wälzt sich durch die Austraßen-Siedlung.  © Gerlach
Der Weißbach (rechts) vereinigt sich kurz vor der Siedlung mit dem Schneiderbach (links) zur Rohrdorfer Ache, die an der Siedlung vorbeifließt. Die Bachläufe im Bereich der Siedlung sind nicht das Problem. Die Überschwemmungen kommen von den Wiesen.
Der Weißbach (rechts) vereinigt sich kurz vor der Siedlung mit dem Schneiderbach (links) zur Rohrdorfer Ache, die an der Siedlung vorbeifließt. Die Bachläufe im Bereich der Siedlung sind nicht das Problem. Die Überschwemmungen kommen von den Wiesen.  © Gerlach
Die Wassermassen wälzten sich über Wiesen und Straßen von Ost nach West durch die Austraße, schürften Bankette aus, schoben Kies und Geröll vor sich her, fluteten Gärten, Keller und Garagen.
Die Wassermassen wälzten sich über Wiesen und Straßen von Ost nach West durch die Austraße, schürften Bankette aus, schoben Kies und Geröll vor sich her, fluteten Gärten, Keller und Garagen. © Gerlach
In diesem Bereich der Austraße suchte sich die Flut am Montag (3. Juni) ihren Weg zur Rohrdorfer Ache. Ihre Wucht unterspülte die Straße, zerstörte Untergrund und Deckschicht.
In diesem Bereich der Austraße suchte sich die Flut am Montag (3. Juni) ihren Weg zur Rohrdorfer Ache. Ihre Wucht unterspülte die Straße, zerstörte Untergrund und Deckschicht. © Henke / Gerlach
Auf ihrer „Schussfahrt“ zur Ache riss die Flut in der Austraße auch Teile eines Grundstücks mit.
Auf ihrer „Schussfahrt“ zur Ache riss die Flut in der Austraße auch Teile eines Grundstücks mit. © Henke/Gerlach
Aufräumarbeiten am Tag danach (4. Juni)
Aufräumarbeiten am Tag danach (4. Juni) © Gerlach
Diese Berechnungen des Wasserwirtschaftsamtes zeigen, wie sich der Weißbach (hell- und dunkelblaue Flächen“ auf den Wiesen und in der Austraßen-Siedlung ausbreitete.
Diese Berechnungen des Wasserwirtschaftsamtes zeigen, wie sich der Weißbach (hell- und dunkelblaue Flächen“ auf den Wiesen und in der Austraßen-Siedlung ausbreitete. © Wasserwirtschaftsamt Rosenheim

4,5 Millionen Euro fürs Mühltal

Verheerend waren die Schäden im Mühltal bei Nußdorf. Dank umfangreicher Hochwasserschutzmaßnahmen der vergangenen Jahre im Ortsbereich Nußdorf hatte der Steinbach im Ortsbereich keine großen Schäden verursacht. Im Mittellauf jedoch wurden Grundstücke überflutet und die Ortsverbindungsstraße zwischen Nußdorf und Samerberg weggerissen. „Der Wildholzrechen wurde unmittelbar nach dem Unwetter geräumt, auch erodierte Böschungen im direkten Zufahrtsbereich zum Rechen gesichert“, informiert Dr. Hadumar Roch, Abteilungsleiter für den südlichen Landkreis Rosenheim, über die Sofortmaßnahmen. Anschließend wurde die Uferböschung des Steinbachs wieder aufgebaut, um vom oberen Bereich eine provisorische Straße zu den Häusern am Mühltalweg zu errichten. Nun sollen die Umspülungen am Wildholzrechen beseitigt und der Gerinneverlauf des Steinbachs im Mittellauf wieder hergestellt werden. Auch wenn dies noch dauert, laufen vorgezogene Maßnahmen. So wird zeitnah noch Gehölz entnommen, um den Wildholzrechen zu entlasten. Eingeplant sind 4,5 Millionen für das Mühltal.

2025 sollen die Arbeiten am Fischbach in der Gemeinde Oberaudorf beginnen. Uferböschung und eine bestehende Wasserleitung müssen gesichert werden, um weitere Rutschungen zu verhindern und eine Gemeindestraße zu stabilisieren.

Hochwasserschutz am Auerbach

Für den Auerbach in der Gemeinde Oberaudorf sind zwei Millionen Euro vorgesehen. Mit den geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen soll vor allem der Ortsteil Reisach vor Überschwemmungen geschützt werden. Ziel ist es, dem Auerbach mehr Platz zu geben, um das Wasser im Hochwasserfall schadlos ableiten zu können. Die Bauarbeiten sollen 2026 beginnen.

Der Thannbach in der Gemeinde Brannenburg ist beim Unwetter vom 3. Juni zwar in seinem Bett geblieben. Doch die Schutzbauten sind veraltet und beschädigt. Die Ausbauplanung für den Hochwasserschutz läuft bereits. Parallel dazu soll das bestehende Schutzsystem instandgesetzt werden, um für die anliegenden Grundeigentümer wieder angemessenen Hochwasserschutz sicherstellen zu können. Dafür wurden drei Millionen Euro veranschlagt.

Auch im Miesbacher Bereich stehen Arbeiten in den nächsten Jahren am Zeiselbach in Bad Wiessee (vier Millionen Euro), an der Leitzach in Fischbachau (zwölf Millionen Euro), an Wendelstein- und Larchbach in Bayrischzell (vier Millionen Euro) sowie an der Schlierach in Miesbach (vier Millionen Euro) auf der Prioritätenliste.

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