Brenner-Nordzulauf in der Region Rosenheim
„Win-Win-Situation“ durch Tempo-Trasse? Warum ein Grünen-Politiker für die Tiroler Idee plädiert
Warum streiten? Karl Bär von den Grünen entdeckt im Vorschlag der Tiroler für den Brenner-Nordzulauf auch einen Vorteil für die Region Rosenheim. Und er warnt vor „nationalistischen Verschwörungstheorien“.
Rosenheim – Ist das nun Anmaßung, gar Einmischung Tirols in bayerische Angelegenheiten? Oder eine Chance für beide Seiten? Die Gedankenspiele von Tirols Verkehrslandesrat René Zumtobel, vom Brenner-Nordzulauf in der Region Rosenheim aus eine Tempo-Trasse nach Salzburg abzuzweigen, findet auch Befürworter.
Karl Bär, Betreuungsabgeordneter der Grünen für die Region Rosenheim, sieht eine „Win-Win-Situation“ und kritisiert die Haltung des bayerischen Verkehrsministeriums. „Wenn vor lauter nationalistischen Verschwörungstheorien nicht einmal Bayern und Österreich zusammenarbeiten, können wir echt einpacken.“ Die Bayern hatten Zumtobels Gedankenspiele energisch zurückgewiesen.
Vorteile für Anwohner und Pendler?
Mit dem Bau des Brenner-Nordzulaufs ergebe sich die Möglichkeit, die österreichischen Railjet-Züge, die über Deutschland zwischen Innsbruck und Salzburg verkehren, in den Tunnel der Neubautrasse zu verlegen. „Dazu bräuchte es zwischen Riedering und dem Simssee einen Abzweig aus dem Tunnel. Diese Abzweigung könne die Zahl der Züge auf der Bestandsstrecke reduzieren. Das bedeute weniger Lärm für Anwohner und mehr Kapazitäten für Regionalzüge.
Karl Bär tritt auch Sepp Lausch entgegen. Der Landtagsabgeordnete der Freien Wähler aus Großkarolinenfeld sieht in Zumtobels Äußerungen eine Anmaßung und äußerte gegenüber dem OVB einen Verdacht: Die Tiroler wollten die Bayern über den Tisch ziehen und ihr altes Ziel eines Abzweigs für eine schnellere Verbindung zwischen Salzburg und Innsbruck quasi im Vorbeigehen erreichen.
Bayern zahlt für Österreich? „Falsch“, sagt Karl Bär
Die Folgerung, es solle mit deutschen Steuergeldern eine Trasse gebaut werden, die allein österreichischen Interessen nutzt, sei „falsch“, meint Bär. Die Kosten für die Verknüpfung müsse vielmehr Österreich tragen.
Als Beispiel nennt er die „Rosenheimer Schleife“, die seit 1982 Kufstein mit Salzburg verbindet. Seitdem trage die ÖBB die Bau- und Erhaltungskosten. Für die Verknüpfung der schnelleren Trasse mit der Neubau-Trasse des Brenner-Nordzulaufs müsse ein neuer Staatsvertrag geschlossen werden – wie schon seinerzeit für die „Rosenheimer Schleife“. Bär ruft zur Zusammenarbeit über die Grenzen hinaus auf. „Wir können die Verkehrsprobleme der Region nicht gegeneinander lösen, sondern nur miteinander.“
Bürgerinitiativen widersprechen Bahn und Ludwig
Währenddessen hält der Streit in der Region an. Sepp Lausch hatte den Stein ins Rollen gebracht, indem er die Vorlage des Tiroler Verkehrspolitikers René Zumtobel kritisierte. Der hatte – nach eigenen Worten aus Sorge um den Bahnverkehr während der mehrmonatigen Unterbrechungen unter anderem zwischen München und Salzburg – Ansprüche angemeldet: „Wir brauchen am Deutschen Eck mehr Einfluss.“
Zumtobel merkte außerdem an, dass der Brenner-Nordzulauf auf bayerischer Seite „großes Potenzial“ habe. Um es zu entfalten, brauche es eine Abzweigung. Damit könne etwa die Fahrtdauer auf der Strecke von Innsbruck nach Wien um 30 Minuten verkürzt werden – auf drei Stunden und 45 Minuten.
Lausch mutmaßte, Bayern werde für Österreichs Vorteile zahlen müssen. Überdies erkläre erst der österreichische Plan, warum die geplante Neubautrasse des Brenner-Nordzulaufs zweimal aufwändig den Inn queren solle, um einen weiten Bogen nach Osten zu schlagen.
Die Bahn wie auch die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (CSU) hatten Lauschs Äußerungen widersprochen und sie als „falsch“ bezeichnet. Das wiederum ruft die Bürgerinitiativen auf den Plan, die den DB-Planungen zum Brenner-Nordzulauf kritisch gegenüberstehen.
BI-Sprecher Thaler wirft Bahn und Ludwig Lüge vor
Aus den offiziellen Dokumenten der Bahn könne man leicht nachvollziehen, dass Josef Lausch recht hat, sagt Lothar Thaler als Sprecher des Brennerdialogs. Für Thaler die Vorlage zu scharfen Angriffen gegen Bahn und Daniela Ludwig. Wer in Kenntnis dieser Tatsachen behaupte, die Informationen von Josef Lausch seien falsch und schlichtweg aus der Luft gegriffen, „kann oder will nicht wahrheitsgetreu informieren“. Daniela Ludwig kontert. Thaler zitiere unvollständig und verschweige Beschlüsse gegen einen Abzweig.