Bayerns Verkehrsminister zum Brenner-Nordzulauf
Streit um Tiroler Gedankenspiele um Tempotrasse durch die Region – jetzt äußert sich Bernreiter
Bayern und Tirol streiten. Mal wieder. Diesmal aber nicht über die Blockabfertigung, sondern über Österreichs Hintergedanken beim Brenner-Nordzulauf auf bayerischem Gebiet. Bayerns Verkehrsminister Bernreiter hat etwas dagegen.
Rosenheim – Der Brenner-Nordzulauf in der Region Rosenheim: In den Ortschaften, die entlang der geplanten Trasse liegen, werden die Neubaupläne der Bahn ohnehin heftig kritisiert. Für noch mehr Unruhe sorgte in den vergangenen Tagen René Zumtobel. Der Tiroler Verkehrspolitiker sprach „von einem tollen Netz“ mit großen Möglichkeiten. Damit meint er Verbindungen, die es noch gar nicht gibt. Vor allem einen Abzweig vom Brenner-Nordzulauf, der eine schnelle Verbindung zwischen Salzburg und Innsbruck schaffen würde.
Warum stiftet Zumtobel Unruhe im Raum Rosenheim?
Bayern reagiert auf solche Gedankenspiele verärgert. „Bei aller Wertschätzung für den Kollegen aus Tirol muss ich klar sagen: Die Pläne Tirols sind nicht im Interesse des Freistaats Bayern“, sagt Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Selbst wenn dieser Plan nur ein „Zukunftsgedanke“ sei, bringe er „noch mehr Unruhe in die Planungen von DB und Bund für den Brenner-Nordzulauf. Und das ist absolut unnötig.“
Schon zuvor hatte Zumtobel für Unruhe gesorgt. „Wir brauchen am ‚Deutschen Eck‘ mehr Einfluss. Das ist kein Misstrauen gegenüber Bayern und Deutschland. Aber wir haben unterschiedliche Interessen in diesem Streckenbereich. Für Deutschland ist das eine Nebenstrecke, für uns eine Hochleistungsstrecke“, sagte der Verkehrslandesrat.
Zumtobel will Tempo-Trasse für Tirol
Was er unter anderem unter mehr Einfluss versteht, sagte Zumtobel dem ORF danach. Der Bau des Nordzulaufs für den Brennerbasistunnel auf bayerischer Seite berge „großes Potenzial“. Daher bräuchte es den Bau einer „Abzweigung“ beziehungsweise einer kreuzungsfreien Einbindung der Hochleistungsstrecke Salzburg-Rosenheim. Damit könne letztlich die Strecke Innsbruck-Wien in drei Stunden und 45 Minuten absolviert werden, statt bisher in vier Stunden und 15 Minuten.
Bahn-Kritiker Sepp Lausch sieht sich bestätigt
Den Stein ins Rollen brachte schließlich Sepp Lausch, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler aus Großkarolinenfeld. Er nannte Zumtobels Äußerungen „anmaßend“. Lausch äußerte außerdem den Verdacht, dass der sogenannte „Überholbahnhof Riedering“, zwei Extragleise auf Rohrdorfer Gemeindegrund, von der Bahn als Abzweigestelle geplant seien. Dagegen hat sich die Bahn mittlerweile zwar scharf verwahrt. Doch insgesamt sieht sich Lausch in seinem Argwohn gegenüber den Tirolern bestätigt. „Vorher war‘s vielleicht eine Unterstellung von mir“, sagte Lausch. „Aber wenn sich Zumtobel so äußert.... dann muss er künftig vielleicht besser aufpassen.“
Brennerdialog kritisiert Tiroler Beschleunigungspläne
Lothar Thaler, Sprecher der Bürgerinitiativen unter dem Dach des „Brennerdialogs Rosenheimer Land“, äußert sich nicht weiter überrascht. „Für die Österreicher ist das eine naheliegende Lösung“, sagte Thaler dem OVB. „Das pfeifen die Spatzen schon länger von den Dächern.“
Der Traum von einer Abzweigung Richtung Salzburg sei vielleicht nicht der Anlass für die Bahn-Planungen zum Brenner-Nordzulauf, aber zumindest „ein Argument für die Trassenführung“, meint Thaler. Gegner der Neubautrasse hatten die Planungen mit einer weit ausgreifenden Kurve östlich des Inns – inklusive zweier aufwändiger Querungen des Flusses – seit jeher mit Argwohn betrachtet. Für die Österreicher scheint nun eine ICE-taugliche Strecke in Reichweite. Das erkläre das „große Interesse, die Strecke zu beschleunigen, entgegen den Aussagen aller unserer Politiker“, sagt Thaler.
Bernreiter äußert Verständnis für Rosenheimer Ärger
Bernreiter äußert Verständnis für die heftige Kritik an den Gedankenspielen. Er könne die Aufregung im Raum Rosenheim nachvollziehen, sagte der Minister. „Ziel des Brenner-Nordzulaufs ist die Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene auf einer großen, transeuropäischen Achse, nicht die Fahrzeitverkürzung für Fahrgäste zwischen Innsbruck und Wien über bayerischen Boden.“ Solch eine Abzweigung sei weder im Bundesverkehrswegeplan vorgesehen, noch würde Bayern dazu die Hand reichen. In Deutschland plane ausschließlich die DB das Netz. Bahn und Bund haben, so sagt es Christian Bernreiter, weder Geld noch Kapazitäten für solche Überlegungen.
Klärung vom Bund erforderlich – doch wo bleibt Wissing?
2025 soll der Bundestag über die Planungen der Bahn für den Brenner-Nordzulauf entscheiden. Davor werden die Planungen auch vom Bundesverkehrsministerium geprüft. Ob man erwarten darf, dass sich das Haus von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) dem Werben der Tiroler verschließt? Der Minister zeigte bislang augenscheinlich wenig Interesse für die Anliegen der Menschen entlang der geplanten Trasse.
So gibt Thaler denn auch den Äußerungen Bernreiters nur ein kurzlebiges Haltbarkeitsdatum. „Zumindest nimmt Herr Bernreiter die Äußerungen Zumtobels ernst.“ Allerdings habe der Staatsminister auch immer betont, dass er eigentlich keinen Einfluss habe. „Es könnte sich also auch um eine Luftblase handeln.“