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Verkehrsminister im OVB-Interview

Bernreiter über Brenner-Nordzulauf, Blockabfertigung und die Bahn-Sanierung

 Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter hat in Sachen Blockabfertigung im Inntal die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
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Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter hat in Sachen Blockabfertigung im Inntal und Tunnel im Wildbarren die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

Geht noch was mit Inn-Tunnel und Wildbarren-Lösung? Zum Brenner-Nordzulauf äußert sich Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) im Interview entschlossen. Ebenso zum Streit mit Tirol um die Blockabfertigung. Wie er die künftig überflüssig machen will.

Rosenheim – 2025 soll der Bundestag über die Planungen der Bahn für den Brenner-Nordzulauf abstimmen. Und in der Region Rosenheim grassieren Befürchtungen, dass die Finanznöte des Bundes zu einer billigeren – und damit belastenderen – Trassenplanung führen könnten. Was er davon hält, wie er im Gegenteil dazu sogar noch schonendere Lösungen wie einen Inn-Tunnel bei Rosenheim und eine Verknüpfungsstelle im Wildbarren vertritt: Darüber sprach Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter exklusiv mit dem OVB. Außerdem: Wie Bernreiter die Blockabfertigung unnötig machen möchte. Und was er von den Sanierungsplänen der Bahn unter anderem für die Region Rosenheim hält.

Italien hat vor wenigen Tagen bekräftigt, Österreich wegen der Blockabfertigung vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen zu wollen. Würden Sie es dem italienischen Kollegen Salvini gerne gleichtun?

Bernreiter: Ich bin jedenfalls sehr froh, wenn dann irgendwann einmal Rechtsklarheit herrscht. Der Freistaat Bayern hat die Klage selber nicht machen können. Ich persönlich glaube nicht, dass die Kommission vor der Europawahl eine Entscheidung trifft. Außerdem ist davon auszugehen, dass eine Reihe von Formalitäten abzuwickeln ist. Erst dann kann Italien formal beim EuGH Klage einreichen. Wie ich die Gerichte kenne, gehe ich nicht davon aus, dass das zügig entschieden wird. Da könnten schon zwei Jahre oder so vergehen. Da sind wir aber mitten in der Zeit vieler Baustellen auf der Brenner-Verbindung. Darum brauchen wir bis dahin eine vernünftige Lösung, die in der Praxis umsetzbar ist.

Wie könnte die denn aussehen? Zwar ist vergangenes Jahr in Kufstein die Slot-Lösung mit Zeitfenstern für Lastwagen vorgestellt worden, aber seitdem habe ich davon nichts mehr gehört.

Bernreiter: Wir sind noch in den Schlussabstimmungen und schauen, wie man das wirklich unbürokratisch umsetzen kann. Es ist nur wieder so, dass wir zur Einführung dieser Lösung die Nationalstaaten brauchen. Deutschland fühlt sich offenbar nicht verpflichtet, da sonderlich viel zu tun. Vielleicht kann das Tirol alleine in Kraft setzen, daher sind wir in einem engen Austausch.

Brenner: Große Baustellen und kein Ende

Sie sprachen von Baustellen am Brenner. Worauf können wir uns da einstellen?

Bernreiter: So weit ich weiß, dauert allein die Baustelle der Luegbrücke ungefähr zwei Jahre, wenn es gut geht. Aber dann kommen weitere Brücken.

Bevor die Autobahn saniert ist, ist doch eh kaum davon auszugehen, dass die Österreicher von der Blockabfertigung absehen. Denn die wollen ja verhindern, dass sich die Lkw in die Steigung hinein stauen.

Bernreiter: Darüber tauschen wir uns ja aus. Wenn wir uns auf ein Slot-System einigen können, wäre die Blockabfertigung außer Kraft zu setzen. Das war die Grundbedingung, dass wir überhaupt in die Diskussion eingestiegen sind. Ich gehe davon aus, dass Tirol Wort hält. Also können die Leute vielleicht doch darauf hoffen, dass die Blockabfertigung irgendwann vorüber ist. Das werden die finalen Gespräche zeigen. Schauen wir mal.

Manche Leute behaupten ja, es geht den Tirolern nicht unbedingt nur um eine Steuerung des Verkehrsflusses, sondern auch darum, Druck auf Deutschland auszuüben, damit es mit dem Brenner Nordzulauf endlich mal vorangeht. Dürfen wir wirklich 2025 damit rechnen, dass das Ganze vor den Bundestag kommt?

Bernreiter: Das müssen Sie den Bundesverkehrsminister und die Deutsche Bahn fragen.

Die Bahn ist zuversichtlich.

Bernreiter: Die Abstimmungen bei Bahn und Bund laufen. Ich bin von der Maßnahme überzeugt, ich glaube, dass wir die neue Trasse brauchen. Wir treten aber für maximale Anwohnerfreundlichkeit ein. Und letztendlich muss der Bundestag eine Entscheidung treffen. Ich hoffe, dass das Parlament als Souverän die berechtigten Interessen der Bevölkerung im Inntal berücksichtigt.

Bernreiter: Stehe hinter Inntunnel zwischen Rosenheim und Stephanskirchen

Es stehen einige Forderungen im Raum, zum Beispiel die Unterquerung des Inns auch bei Rosenheim. Wie stehen die Chancen dafür?

Bernreiter: Ich stehe hinter dieser Forderung. Ich bin deswegen auch im Austausch mit dem Bundesverkehrsminister und dem Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn. Es ist mir zugesichert worden, dass man das alles in die Überlegungen einbezieht. Der Bundesverkehrsminister weist natürlich auf die hohen Mehrkosten hin. Ich weiß also nicht, ob der Bund sich dafür entscheidet. Aber ich würde mir wünschen, dass der Bundestag die Interessen der Bevölkerung berücksichtigt.

Könnte der Bundestag dann auch eine Verlegung der Verknüpfungsstelle bei Oberaudorf im Wildbarren beschließen?

Bernreiter: Könnte er. Ich habe mich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Es ist kein Geheimnis, dass wir uns mit Leuten beraten, die für uns auch die Bauüberwachung der Stammstrecke betreiben. Experten, die auch beim Gotthardtunnel dabei sind, also absolute Fachleute. Und die haben mir ziemlich glaubhaft versichert, dass eine Verlagerung in den Wildbarren möglich wäre. Ich habe jedenfalls Verständnis für die Forderung. Ich habe auch hier den Bundesverkehrsminister und den Bahnvorstand gebeten, diese Verlagerung intensiv zu prüfen.

Auch eine Neuigkeit: Sie sprechen tatsächlich mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing.

Bernreiter: Wir sind brieflich im regelmäßigen Austausch. Das klappt inzwischen ganz gut.

Volker Wissing macht sich schon sehr rar. Das hört man hinter vorgehaltener Hand auch von Bahn-Mitarbeitern. Es wäre gut, wenn jemand aus dem Ministerium vorbeischaute, um für den Brenner-Nordzulauf zu werben.

Verkehrsminister Wissing? „Habe ihn mehrmals eingeladen“

Bernreiter: Ich habe ihn mehrfach eingeladen, habe ihn auch gebeten, dass er vor Ort vorbeischaut. Er hat das auch nicht ausgeschlossen, aber bisher habe ich da noch keine Aktivitäten gesehen.

Wie zu erfahren war, beschweren sich auch die Dänen über Deutschlands Planungstempo, weil es am Fehmarnbelt nicht recht vorangeht. Ist das ein deutsches Problem, brauchen wir für Lösungen zu lang?

Bernreiter: Es ist halt so, dass wir immer alles rechtssicher haben wollen. Wir sind ein Volk der Streithähne und klagen gegen alles. Ich glaube, das ist unser Hemmschuh: dass wir alles absolut wasserdicht machen müssen. In früheren Jahrzehnten und in den Zeiten des Aufbruchs war vielleicht mehr Verständnis dafür vorhanden, dass Infrastruktur sehr wichtig ist, dass auch die Sicherung von Arbeitsplätzen wichtig ist, und dass wir die Dinge voranbringen müssen. Das haben wir in den letzten Jahrzehnten, in denen wir im Wohlstand gebadet haben, verlernt. Viele glauben, der Wohlstand fällt vom Himmel.

So viel Wohlstand ist da offenbar nicht mehr. Manche haben Bedenken, dass die schwierige Haushaltslage zur Streichung von Tunnelanteilen führen könnte.

Bernreiter: Die Gefahr sehe ich eher weniger. Die große Frage ist, ob der Auftraggeber, sprich: die Bundesrepublik Deutschland, einen weiteren großen Sprung wie den Tunnel unter dem Inn bei Rosenheim oder die Verlagerung der Verknüpfungsstelle in den Wildbarren wünscht. Derzeit steht in Berlin alles auf dem Prüfstand. Aber: Es geht um Lebensqualität, um touristische Qualität, um Landschaft und um die Heimat vieler Menschen hier in Oberbayern. Und ich wünsche mir, dass das Eingang in die Überlegungen findet.

Für die Bahn ist jahrelang zu wenig Geld da gewesen, und jetzt muss gewaltig ausgebessert werden. Wie beurteilen Sie die Pläne des Bundes für die Sanierung der sogenannten Hochleistungskorridore?

Bernreiter: Natürlich muss die Bahn das marode Schienennetz in Deutschland dringend auf Vordermann bringen. Der Bund darf sich dabei aber nicht nur auf die Hochleistungskorridore konzentrieren. Wir haben in Bayern zahlreiche Nebenstrecken, die ebenfalls ertüchtigt werden müssen. Der Bund muss sich da endlich ehrlich machen und darf das nicht auf die Länder abwälzen. Ich habe daher persönlich im Bundesrat zum Bundesschienenwegeausbaugesetz gesprochen und möchte auch unbedingt in den entsprechenden Vermittlungsausschuss. Es geht zum einen um die Finanzierung, zum anderen aber auch um zukunftsweisende Entwicklung wie das digitale, europäische Zugsteuerungssystem ETCS. Das wird alleine in Bayern eine Milliarde Euro kosten.

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