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Vorwürfe und Hoffnung auf Kompromiss

„Fader Beigeschmack“? – Geplante Flüchtlingsunterkunft in Rott entzündet politische Debatte

Die Debatte um die geplante Sammelunterkunft für die Erstaufnahme von Flüchtlingen in einem Rotter Gewerbegebiet hat die Landespolitik erreicht. AfD-Landtagsabgeordneter Andreas Winhart (unten) hat eine Anfrage an den Landtag gestellt. Die neuen Mandatsträger Sebastian Friesinger (oben) und Sepp Lausch (Mitte) nehmen auf Anfrage ebenfalls Stellung.
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Die Debatte um die geplante Sammelunterkunft für die Erstaufnahme von Flüchtlingen in einem Rotter Gewerbegebiet hat die Landespolitik erreicht. AfD-Landtagsabgeordneter Andreas Winhart (unten) hat eine Anfrage an den Landtag gestellt. Die neuen Mandatsträger Sebastian Friesinger, CSU (oben), und Sepp Lausch, Freie Wähler (Mitte), nehmen auf Anfrage ebenfalls Stellung.

Die Pläne für eine große Flüchtlingsunterkunft in Rott entzünden politische Debatten. Während die AfD die Vorgehensweise des Landkreises als „unanständig“ verurteilt, drängen CSU und Freie Wähler auf Kompromisse und menschenwürdige Lösungen. Warum sich auch der Landrat in einer Zwickmühle befindet.

Rott – Das war zu erwarten: Mit einer Pressemitteilung stürzt sich die AfD auf die Tatsache, dass die kleine Gemeinde Rott eine große Sammelunterkunft für die Erstaufnahme von Flüchtlingen bekommen soll. Landtagsabgeordneter Andreas Winhart ging mit dem Schreiben in die Offensive: Es sei nicht zu verantworten, „über 400 Personen in ein dafür nicht ansatzweise geeignetes Gebäude zu stecken“, schreibt er. Tatsache ist: Geplant ist laut Landratsamt die Aufnahme von etwa 260 Personen, die derzeit in den Turnhallen von Raubling und Bruckmühl untergebracht sind. Bei der Pressekonferenz nannte Bürgermeister Daniel Wendrock die Zahl 250 bis 300.

Egal wie hoch die Anzahl der potenziellen Bewohnerinnen und Bewohner sein wird, fest steht: Rott hat 4200 Einwohner, ein Plus von 250 bis 300 auf einen Schlag könnte die Gemeinde überfordern, betont der Rathauschef. Die Infrastruktur vor Ort im Gewerbegebiet am Eckfeld sei nicht ausreichend. Rott komme an die Belastungsgrenze. Die Kommune müsse und werde sich zur Wehr setzen und alle Mittel, auch juristisch, nutzen, kündigte Wendrock an.

In diesen leerstehenden Komplex im Rotter Gewerbegebiet Am Eckfeld soll die Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge einziehen.

AfD-Abgeordneter Winhart konzentriert sich in einer Anfrage an den neuen Landtag und das Landratsamt jedoch noch auf einen anderen Kritikpunkt: auf die Informationspolitik des Landkreises. Dass dieser mit einem Grundeigentümer in Rott Gespräche führt, war in der Gemeinde nicht bekannt gewesen, hatte der Bürgermeister in seiner Pressekonferenz kritisiert. Der Landrat habe Wendrock einen Tag nach der Landtagswahl darüber informiert, dass der Freistaat Bayern, vertreten durch das staatliche Landratsamt, das Objekt angemietet habe. Wendrock bemängelt, Rott sei vor vollendete Tatsachen gestellt worden.

Winhart findet, „die ganze Angelegenheit“ habe „einen faden Beigeschmack“. Der Landrat habe aus taktischen Gründen die Nachricht erst am Montag nach der Wahl weitergegeben. „Ob er in diesem Fall seine Neutralitätspflicht verletzt hat, ist zu prüfen. Politisch unanständig und bürgerverachtend ist das Vorgehen allemal“, so der wiedergewählte AfD-Abgeordnete. Er hat eine Anfrage an den Landtag gestellt, in der er für acht Fragen zu den Plänen in Rott und zur Vorgehensweise des Landratsamts Antworten einfordert. Landrat Lederer betont auf Anfrage der Redaktion, der unterschriebene Mietvertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Eigentümer sei während seines Urlaubs im Landratsamt eingetroffen. Deshalb habe der Landrat die Gemeinde auch erst nach seiner Rückkehr am Montag (9. Oktober) informieren können. Auch die Ab- und Übernahme des Objekts, das ein Immobilienmakler angeboten habe, sei in der urlaubsbedingten Abwesenheit von Lederer vollzogen worden, antwortet das Landratsamt Winhart.

„Landrat muss mal Urlaub machen können“

Der neu gewählte Mandatsträger Sebastian Friesinger (CSU) nimmt Lederer gegen den Vorwurf, aus wahltaktischen Gründen gehandelt zu haben, in Schutz. Auch ein Landrat müsse einmal eine Woche Urlaub machen können. In dieser Zeit sei der unterschriebene Vertrag auf seinem Schreibtisch angekommen, deshalb habe Lederer den Rotter Bürgermeister am ersten Arbeitstag nach seiner Rückkehr informiert.

Vorwurf der Geheimhaltung

Warum hat Lederer nicht im Vorfeld den Kontakt zum Rotter Rathauschef gesucht? Friesinger dreht den Spieß um: „Ich gehe davon aus, dass bei Immobilien- und Grundstückgeschäften Herr Bürgermeister Daniel Wendrock auch nicht zuvor das Umfeld und alle Betroffenen vor Abschluss und Unterschrift informiert.“ Der neue Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, Sepp Lausch, schlägt vor, in Zukunft in Betracht zu ziehen, in Fällen wie jenen in Rott den Bürgermeister mit vertraulichen Informationen zu versorgen, um dem Vorwurf der Geheimhaltung zu entgehen.

Josef Simon Lausch, Direktkandidat der Freien Wähler im Stimmkreis Rosenheim-West.

Lausch findet außerdem: Der Landrat befinde sich „in einer klassischen Zwickmühle“, will heißen: Lederer muss die Vorgaben der Flüchtlingspolitik umsetzen. Die Verantwortung liege ganz klar nicht bei ihm oder dem Landkreis, sondern bei der Bundesregierung beziehungsweise bei Innenministerin Nancy Faeser. „Es bräuchten nur die bestehenden Gesetze vollzogen zu werden, dies würde die Lage ganz bedeutend entschärfen.“ Allein im Landkreis Rosenheim würden 300 nach Recht und Gesetz abgelehnte und nur geduldete Asylbewerber leben. „Würden diese unsere Region verlassen, bräuchten wir über Rott und volle Schulturnhallen nicht zu diskutieren. So lange all dies nicht geschieht, wird das menschenunwürdige Schleusergeschäft weiter boomen.“

Lausch weist bei allem Verständnis für den Widerstand aus Rott darauf hin, dass es um Menschen gehe, „die nun mal hier im Land sind“. „Es kann nicht unser Anspruch sein, diese Menschen im Zelt auf der Wiese campieren zu lassen, wir müssen auf jeden Fall menschlich bleiben.“

Friesinger nennt die Reaktion von Wendrock auf die Ankündigung des Landrats außerdem „überzogen“. „Ich kann nicht bei jeder Entscheidung eines Landrats – er macht es sich wahrlich nicht leicht – sofort mit Klage drohen, hier müssen wir vor allem unter uns kommunalen Mandatsträgern zu einer anderen Form des Umgangs kommen“, findet er. „Es ist kein Problem der Gemeinde Rott, sondern für mich, aufbauend auf eine nicht Handelbarkeit unserer Ampel-Bundesregierung, ein viel größeres Problem, das es zu lösen gibt und zwar auf Bundesebene wie es im übrigen alle Landräte aller Parteien gemeinsam seit Monaten fordern.“

Lausch schlägt Kompromiss vor

Lausch appelliert ebenfalls: „Emotionen so weit wie möglich außen vor lassen, da diese nicht zur Problemlösung beitragen.“ Er schlägt eine Kompromisslösung „von maximal 120 Menschen“ vor, „um die Anwohner und die Bürger von Rott nicht zu überlasten“ und die benachbarten Gewerbebetriebe nicht zu beeinträchtigen.

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