Pressemitteilung der Kommune
„Machen wir nicht mit“: Bürgermeister verärgert über geplante Flüchtlingsunterkunft in Rott
In Rott soll eine Erstaufnahmestelle für Geflüchtete entstehen. Bürgermeister Daniel Wendrock ist empört. Das Landratsamt habe die Kommune vor vollendete Tatsachen gestellt. Für den Rathauschef ist klar: Das kann so nicht funktionieren.
Rott – In Rott soll eine Erstaufnahmestelle für Geflüchtete entstehen. Das hat das Landratsamt Rosenheim der Kommune am 9. Oktober mitgeteilt. Angesichts dieser Entwicklungen ist Bürgermeister Daniel Wendrock sauer, wie auch in einer Pressemitteilung zu der Thematik deutlich wird. „Landrat Otto Lederer hat darüber informiert, dass eine Flüchtlingssammelunterkunft für die Erstaufnahme des ganzen Landkreises Rosenheim in Rott geschaffen werden soll“, wie Wendrock in dem Schreiben mitteilt.
„In einem Industriebau im Gewerbegebiet sollen demnach circa 250 bis 300 Personen untergebracht werden. Im Einzelnen sollen diese Menschen laut Landratsamt jeweils eine kurze Verweildauer von etwa zwei Monaten haben, bevor sie an weitere Unterkünfte verteilt werden.“ Anschließend würden die frei werdenden Plätze durch neue Personen belegt. „Die Sammelstelle wird also auf absehbare Zeit in der Gemeinde bleiben“, so Wendrock in der Pressemittelung. „Im Gegenzug würden die Sammelunterkünfte in den Turnhallen der Gemeinden Raubling und Bruckmühl aufgelöst.“ Eine Zusicherung über die finale Anzahl und Verweildauer der Personen habe der Landrat nicht abgeben wollen. Auch sei mit dem Grundstückseigentümer ohne vorherige Rücksprache mit der Gemeinde bereits ein entsprechender Mietvertrag abgeschlossen worden, beanstandet der Bürgermeister.
„Grundlegende Fehlentscheidung“
Weiter erklärt der Rathauschef in der Pressemitteilung, dass die Gemeinde Rott dies für eine „grundlegende Fehlentscheidung hält“ und „kündigt massiven Widerstand an“. Die Gründe seien vielfältig. „Wir – und hier spreche ich im Namen des ganzen Gemeinderates – halten es für grundlegend falsch, dass Aufnahmeeinrichtungen in zwei Gemeinden, die zusammen über 30.000 Einwohner haben, zulasten einer Gemeinde mit etwas mehr als 4.000 Einwohnern aufgelöst werden. Damit wächst unsere Bevölkerung quasi über Nacht um circa acht Prozent“, so Wendrock. Dies überschreite die Aufnahmefähigkeit des Ortes bei weitem. Denn auch wenn die Geflüchteten laut Plan des Landratsamts nur eine kurze Verweildauer hätten, werde ein Mindestmaß an Integration, an ärztlicher Infrastruktur und an Möglichkeiten der Freizeitgestaltung benötigt. Dies könne der Ort beim besten Willen nicht leisten, verdeutlicht er.
Erschwerend komme hinzu, so der Bürgermeister in der Mitteilung, dass der Standort fernab gelegen aller Infrastruktureinrichtungen, wie Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten liege. Ab einer Verweildauer von drei Monaten hätten die Menschen darüber hinaus einen Rechtsanspruch auf Kindergarten- und Schulbetreuung und das bei bereits ausgelasteten Kapazitäten in der Kommune. „Unser Ort hat sich in der Vergangenheit als offene, fremdenfreundliche Gemeinde bewiesen, die schon weit über hundert hier dauerhaft lebende Flüchtlinge erfolgreich integriert hat. Mit dem Unterschied, dass diese dezentral auf einzelne Unterkünfte untergebracht gewesen seien und auch von der Anzahl her noch überschaubar waren. Nun ist die Grenze der Integrationsfähigkeit eindeutig überschritten. Das machen wir so nicht mit“, so das Gemeindeoberhaupt weiter.
Kläranlage altersbedingt an der Grenze
Insbesondere die Unterbringung in einer Sammelunterkunft, bei der Hunderte von Menschen in einer Industriehalle auf engem Raum in einem Gewerbegebiet leben müssten, sei menschenunwürdig, wie nicht zuletzt auch das Deutsche Institut für Menschenrechte zu Gemeinschaftsunterkünften allgemein bereits festgestellt habe. Hier, so Wendrock, seien aufgrund der beengten Verhältnisse Konflikte vorprogrammiert, die tendenziell auch in den Ort hineingetragen werden könnten. Die Maßnahme sei auch infrastrukturell gar nicht realisierbar. Dem Landratsamt und dem Wasserwirtschaftsamt sei bekannt, dass die Rotter Kläranlage altersbedingt an ihrer Kapazitätsgrenze sei und deshalb derzeit neu geplant werde. Da können bereits technisch nicht ohne Weiteres auf einen Schlag 300 neue Nutzer angeschlossen werden. „Hätte man vorher mit uns gesprochen und uns nicht einfach vor vollendete Tatsachen gestellt, hätte ich auf diesen Umstand auch gerne nochmal verwiesen“, so Wendrock.
Der Rathauschef stellt in der Pressemitteilung auch die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens in Frage. In jedem Fall handele es sich um eine städtebauliche Fehlentwicklung, wenn man in einem Gewerbegebiet mit Schwerlastverkehr und Immissionen, ohne vorhandene Außenanlagen und Infrastruktur eine Wohneinrichtung für mehrere hundert Personen schaffe.
Die Gemeinde wolle auch juristisch gegen das Projekt vorgehen. Bereits am Mittwoch (11. Oktober) finde hierzu ein Beratungstermin mit einer Fachanwaltskanzlei statt. Dazu sei er vom Gemeinderat beauftragt und ermächtigt, erklärt der Bürgermeister. Schließlich kritisiert der Rathauschef auch die Art der Kommunikation seitens des Landratsamtes: „Ich werde ohne vorherige Rücksprache vor vollendete Tatsachen gestellt. Und das am Tag nach der Landtagswahl. Auch wenn letzteres nun mit Urlaubsabwesenheit des Landrates erklärt wurde, möchte ich den Zeitpunkt und das Datum, an dem wir informiert wurden, einfach einmal für sich selber sprechen lassen“, zeigt sich Wendrock verärgert und verspricht dem Landratsamt an dieser Stelle einen politisch „heißen Herbst“.