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Nach der Europawahl vom 9. Juni

Wo wurde in der Region wie gewählt? – Überraschende Trends aus dem Landkreis Rosenheim

Urnen-Wahl oder Briefwahl? In der Region Rosenheim machte das bei der Europawahl 2024 einen Unterschied.
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Urnen-Wahl oder Briefwahl? In der Region Rosenheim machte das bei der Europawahl 2024 einen Unterschied.

Stabiles Ergebnis für die CSU, Watschn für die Grünen, hohe Zugewinne für die AfD. In den Europawahl-Ergebnissen der Region Rosenheim spiegeln sich europäische Trends wider. Wir schauen bei der Analyse genauer hin: Was machte wo den Unterschied?

Rosenheim – Es gibt Hochburgen, auch bei dieser Wahl. Aber nicht nur innerhalb von Gemeindegrenze, sondern auch innerhalb der eigenen vier Wände. Denn die auffälligsten Unterschiede in der Region gibt es zwischen Brief- und Urnen-Wählern. Und die Grenze verläuft zwischen der CSU und der AfD.

Die CSU wurde erneut zur stärksten Macht, sie holte im Landkreis Rosenheim 40,2 Prozent. Das sind gut drei Prozent weniger als bei der Wahl 2019, aber doch noch deutlich stärker als das Ergebnis der drei Ampelparteien im Landkreis insgesamt: 11,5 Prozent die Grünen, 7,3 Prozent die SPD, 4 Prozent die FDP. Ein solides Ergebnis also. Und – es ruht stark auf den Stimmen der Briefwähler.

Doppelt so präsent: Wo die AfD punktete

Mehr Wähler haben per Briefwahl für die CSU gestimmt als an der Wahlurne: 43,0 Prozent der Briefwahl-Stimmen entfielen auf die Christsozialen. Bei der Auszählung der Stimmzettel in den Wahllokalen aber kam die CSU nur auf 36,7 Prozent. Umgekehrt der Trend bei der AfD: Ihr Ergebnis an der Urne ist in den meisten Gemeinden gut doppelt so hoch wie das bei der Briefwahl.

Wo bei der Europawahl im Landkreis Rosenheim besonders viele Menschen CSU (schwarz) oder AfD (blau) wählten.

Wahlen mit Neuigkeitswert

Die AfD hat es offenbar geschafft, ihre Anhänger im wahrsten Sinn des Wortes zum „Urnengang“ zu motivieren. Ein Umstand, der für den Polit-Experten Florian Wenzel aus Halfing an einem gewissen Neuigkeitswert liegen könnte. Erstaunlich viele Jüngere wählten die AfD, Jugendliche und junge Erwachsene, die zum allerersten Mal wählen durften. „Die gehen gewiss noch eher direkt zur Wahl, um das zu erleben“, sagt Wenzel. Ein weiterer Grund könnte Wut auf die Politik sein. Er könne sich vorstellen, „dass das eher diese ,ich geh jetzt dahin und zeig‘s denen aber ordentlich“-Haltung ist“, sagt Wenzel. „Es sind ja auch Wutbürger, die sich lauter und öfter auf der Straße oder auf der Leserbriefseite äußern.“

Schwaches CSU-Resultat in Wasserburg

Am erfolgreichsten war die AfD in Vogtareuth. Dort kam sie auf 18 Prozent. Auf den Plätzen folgen Rott (17,3) und Ramerberg (16,6). Bemerkenswert auch Kolbermoor, wo bei auffallend geringer Wahlbeteiligung (60,7 Prozent) 15,6 Prozent die AfD wählten. Die CSU wiederum hat ihre Hochburg mit 51,8 Prozent in der Gemeinde Chiemsee. Dort schnitt die AfD mit 7,3 Prozent am schlechtesten ab. Das Ergebnis der kleinsten Gemeinde Bayerns (nur 230 Einwohner) mag man nun als nicht besonders repräsentativ erachten. Eher schon Nußdorf, wo die CSU auf 46,2 Prozent der Stimmen kam. Oder gar Eiselfing: Dort kam die CSU auf 48,0 Prozent. Am schlechtesten schnitt die CSU mit nur 32,5 Prozent übrigens in Wasserburg ab.

Motivierte Empörung die Wähler?

Eine Europawahl ist immer auch ein Zwischenzeugnis für die Bundespolitik. Selten genoss eine Bundesregierung so wenig Ansehen wie die aktuelle Ampel-Regierung. Motivierte die Empörung die Menschen? Jedenfalls stimmten mehr Menschen ab als 2019. 63 Prozent waren es vor fünf Jahren, am Sonntag (9. Juni) lag die Quote bei 67,4. Es kann natürlich auch sein, dass das Europäische Parlament im Laufe der Jahre mehr ins Bewusstsein gerückt ist: 2009 lag die Wahlbeteiligung bei bescheidenen 45,8 Prozent, 2014 gar bei nur 41,7 Prozent. Spitzenreiter im Landkreis ist Ramerberg: Dort wählten 79,6 Prozent der Berechtigen.

Erstmals durften in der Region über 200.000 Menschen wählten. Genau 200.818 Menschen waren aufgerufen, gute 5000 Menschen mehr als 2019. Schließlich durften heuer erstmals junge Menschen ab 16 abstimmen.

Schwache SPD, Absturz für die Grünen

Die SPD kann als Kanzler-Partei nicht zufrieden sein, wenngleich sie in der Region Rosenheim mit 7,3 Prozent knapp über dem Resultat von 2019 liegt. Nur in Wasserburg war das Ergebnis zweistellig (10.3 Prozent), in Gstadt (3,5 Prozent) und Griesstätt (4,8 Prozent) schnitt die SPD besonders schlecht ab.

Dramatisch sind die Einbrüche für die Grünen, sie stürzten von 18,5 Prozent auf 11,5 Prozent ab. Lediglich in Wasserburg (16,8 Prozent) kam sie auch nur in Schlagweite zu ihrem Resultat von 2019.

Und die Freien Wähler? In der Politik des Freistaats eine Macht, bei den Europawahlen nur Nummer 4. Mit 8,6 Prozent schneiden sie wesentlich stärker ab als noch 2019 (5,1 Prozent). An die über 17 Prozent der Landtagswahl 2023 kommen sie nicht heran. Ihr bestes Ergebnis bei der Euro-Wahl hatten sie noch in Schonstett: Dort kam die Aiwanger-Partei auf 14,1 Prozent der Stimmen.

Wagenknecht-Partei fasst auch in der Region Fuß

Die FDP erweis sich als überraschend stabil, ja, sogar als leicht verbessert: Sie stieg von 3,3 auf 4 Prozent. Nun gehört die FDP zu den etablierten Parteien. Was ist denn noch vom Bündnis Sahra Wagenknecht zu erwarten? Der Landkreis Rosenheim ist eine eher konservativ geprägte Region, und doch sprang das BSW auf Anhieb ebenfalls auf 4 Prozent.

Als experimentierfreudig zeigt sich vor allem Wasserburg, wo die Gruppe der früheren Linke-Chefin auf 5,3 Prozent kam. Wo Wagenknecht mehr Stimmen erhielt, zahlte mitunter die AfD die Zeche, etwa in Breitbrunn. Dort kam das BSW auf 4,7 Prozent, die AfD aber blieb mit 8,5 Prozent weit unter dem Landkreisergebnis. Ein besonders hohes Protestpotenzial scheint sich in Kolbermoor angestaut zu haben. Nicht nur die AfD räumte wie erwähnt ab. Auch das BSW kam dort auf überdurchschnittlich hohe 4,7 Prozent.

Wagenknechts erst kürzlich gegründetes Bündnis wird von vielen Landkreis-Bürgern offenbar nicht als Ableger der Linken registriert, sondern als neues Angebot: Sonst wäre ein Ergebnis deutlich über dem der Linken etwa bei der Bundestagwahl kaum zu erwarten.

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