Windpark-Diskussion im Landkreis Altötting
„Ja!“, für Windräder in Marktl: Aiwanger dankt Bürgern – Gegner wollen Entscheid in Haiming
Am 9. Juni fand der zweite Bürgerentscheid zum Windpark im Landkreis Altötting statt. Während Aiwanger sich bei den Bürgern für ihr „Ja“ bedankte, kündigte „Gegenwind“ an, weiterzukämpfen. Erst kürzlich reichten die Windpark-Gegner Unterschriften für ein Bürgerbegehren in Haiming ein. Steht nun ein dritter Entscheid im Landkreis an?
Marktl – Am 9. Juni hat Marktl entschieden: Nach einer ganzen Reihe von Veranstaltungen und Diskussionen, nach Gesprächen mit Wirtschaftsminister Aiwanger und der Ausarbeitung eines Kompromissvorschlags. 60 Prozent der Wähler stimmten am Ende FÜR die Windräder auf dem Gebiet der Kommune. Und während einige sich freuen, dass nun wieder etwas Ruhe in der Gemeinde einkehrt, bemüht sich die Bürgerinitiative „Gegenwind“ um einen nächsten Bürgerentscheid in Haiming. Zu Stimmung, Meinungen und den Aussichten im Landkreis Altötting.
Aiwanger: „Gutes Zeichen für die Energiewende“
Als Reaktion auf das „Ja“ des Bürgerentscheids in Marktl, äußerte sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger gleich kurz nach der Auszählung der Stimmen: „Das ist ein gutes Zeichen für die Energiewende in Bayern“, so der Minister. „Man sieht: Wenn man sich mit den Befürchtungen der Menschen vor Ort auseinandersetzt und mit ihnen in einen Dialog über die Bedeutung des Ausbaus der Windenergie geht, kann man auch für große Windprojekte im Freistaat eine Akzeptanz erreichen.“ Unter seiner Vermittlung sei gemeinsam mit den Bürgern, den Bayerischen Staatsforsten und dem Projektierer Qair ein tragfähiger Kompromiss ausgearbeitet worden, der die Menschen am Ende überzeugt habe, so Aiwanger.
Die zentralen Punkte der Kompromisslösung bezogen sich auf eine Erhöhung des Windrad-Abstands zur Wohnbebauung auf 1.200 Meter und die Vorgabe, dass Wohngebäude nicht mit einem Radius von 180 Grad von Anlagen „umzingelt“ werden sollten. Außerdem waren auf Initiative des Ministers zwei Windräder auf dem Gebiet von Neuötting gestrichen worden, „um die besondere Situation des kleinen Marktler Ortsteils Schützing zu berücksichtigen“, so Aiwanger. „Bayern braucht einen Ausbau aller erneuerbaren Energien“, betonte der Minister und bezeichnete diesen als wesentlichen Faktor für die Zukunft des energieintensiven Chemiedreiecks.
Gegenwind: „Wertvolle Waldgebiete werden zerstört“
Auch die Bürgerinitiative „Gegenwind“ äußerte sich noch in der Nacht nach der Auszählung in Marktl: „Wertvolle Waldgebiete werden unwiederbringlich vernichtet und die Menschen müssen mit der Zerstörung wertvoller Waldflächen, Infraschall, Schattenschlag und Immobilienwertverlust rechnen.“ Laut den Windpark-Gegner hätte die Kommunalklausel der Bayerischen Staatsforsten den Bürgern eigentlich das letzte Wort überlassen. Nach einer Flugblattaktion in Marktl war mit der Klausel gegen die Windkraft geworben worden, doch Aiwanger hatte in einer Videobotschaft angekündigt, dass der Passus voraussichtlich geändert werde.
Gegenwind ist weiter der Überzeugung, dass im Landkreis Altötting als Schwachwindgebiet nur ein „marginaler Stromertrag“ erbracht werde, was nicht wirtschaftlich sein könne. Der Windpark gefährde lediglich Arbeitsplätze, zerstöre die Natur und die Lebensräume von Tieren sowie die Artenvielfalt. „Für uns heißt das nun, dass die Menschen mehr Informationen benötigen“, so Gegenwind und die Bürgerinitiative kündigt an: „Wir machen gestärkt weiter und werden liefern.“ Man wolle verhindern, dass der Windpark im Staatsforst ein „Prestigeprojekt der Staatsregierung“ werde.
Nächster Bürgerentscheid in Haiming?
Schon seit einer Weile wird auf der Internetseite von Gegenwind die Einreichung einer Unterschriftenliste für ein Bürgerbegehren in Haiming angekündigt. Wolfgang Beier, Bürgermeister von Haiming, bestätigte nun, dass am 5. Juni Listen übergeben worden seien. „Wir prüfen jetzt die Zulässigkeit und werden bei der Gemeinderatssitzung am 20. Juni über diese entscheiden“, so Beier. Vier Voraussetzungen seien zu erfüllen: Die Anzahl der Unterschriften muss zehn Prozent der wahlberechtigten Einwohnerzahl der Gemeinde erreichen, drei vertretungsberechtigte Personen müssen benannt werden und die Fragestellung des Begehrens muss sich inhaltlich auf den Wirkungskreis der Gemeinde beziehen sowie eine sachliche Begründung enthalten.
Weil für die Gemeinde bereits einen Kompromiss ausgehandelt worden sei und man sich – auch wegen der Problematik in Schützing – auf sieben statt neun Windräder im Forst verständigt hatte, seien laut dem Bürgermeister derzeit keine weiteren Veranstaltungen geplant. In Haiming habe man im Großen und Ganzen die Notwendigkeit des Windparks erkannt, meint Beier. „Zwar nicht unbedingt mit einem ‚Hurra!‘, aber mit einem guten Maß an Vernunft und Verständnis, dass bestimmte Veränderungen notwendig sind.“ Der Bürgermeister regte bei vergangenen Veranstaltungen an, über eine gegenteilige Situation nachzudenken: „Wie würden wir reagieren, wenn die Maßnahmen für eine Energiewende im ganzen Land umgesetzt werden sollen – bloß nicht in Haiming.“ Beier ist überzeugt, dass man in Haiming dann rufen würde: „Stopp, Leute! Wir brauchen auch Strom!“
