Schlugen am Weltspartag zu
Diese Bommelmützen-Bankräuber sorgten vor 50 Jahren in Raubling für Aufregung
Ausgerechnet am Weltspartag 1974 überfielen zwei bewaffnete Räuber die Sparkasse in Raubling. Der Fall versetzte damals den Landkreis Rosenheim sichtlich in Aufregung. Besonders hervor stach die markante Winterkleidung der beiden Täter, auf welche die Polizei hinwies.
Raubling - „Während ein großer Teil der Bevölkerung des Landkreises seine Ersparnisse gestern, am Weltspartag zu den Geldinstituten brachte, überfielen gegen 17 Uhr zwei junge Männer die Sparkassen-Zweigstelle Raubling, um zu ‚kassieren‘. Nach ersten Feststellungen des Kassiers gelang es den beiden, 100.000 Mark zu erbeuten. Die Polizei leitete gleich nach der Tat eine Großfahndung ein“, meldete das Oberbayerische Volksblatt (OVB) am 31. Oktober 1974. die Angeklagte - sie ist bereits zweimal vorbestraft - noch in der Bewährungszeit wiederholt straffällig geworden war.“
Etwa 20 Personen hätten sich gerade in der Schalterhalle befunden. „Zwei Männer mit hochgezogenen Rollkragen-Pullovern betraten den Schalterraum. Ohne zu zögern, gab jeder von ihnen einen Warnschuß mit der Pistole ab. Eine Kugel schlug in eine Wand ein, die andere in den Metallrahmen einer mit Panzerglas versehenen Kassenbox. Der Kassier hatte wenige Sekunden vorher die Kassenbox verlassen, um sich nach dem vielen Geldzählen die Hände zu waschen. Ohne sonderliche Hast kletterten die beiden Männer über den Schalter. Während eine von ihnen das Geld in eine große schwarze Reisetasche einpackte, hielt der andere die Bankkunden und die Sparkassenangestellten mit der Waffe in Schach.“
Bommelmützen-Bankräuber sorgten 1974 in Raubling für Aufregung
„Um niemanden zu gefährden, wurde die Alarmanlage vom Bankpersonal nicht sofort betätigt. Erst als die Räuber das Gebäude verlassen hatten, drückte der stellvertretende Zweigstellenleiter, Klaus K., den Knopf der Sirene. Seine zehnjährige Tochter, „die sich zum Zeitpunkt des Überfalls in einem Büroraum aufhielt, um Luftballons aufzupumpen, flüchtete nach den Pistolenschüssen in einen Nebenraum. Zweigstellenleiter Josef P. gelang es noch während des Überfalls, sich aus dem Kassenraum zu schleichen und die Ehefrau seines Stellvertreters, die sich in ihrer Wohnung im ersten Stock des Bankgebäudes aufhielt, von dem Vorfall zu verständigen. Von dort aus wurde die Polizei benachrichtigt.“
Alle Blicke ins Zeitungsarchiv auf der Themenseite:
Alle bisher erschienen Artikel aus der jeden Samstag erscheinenden Reihe „In alten Zeitungsbänden gestöbert“, aber auch diverse zusätzliche Artikel über spektakuläre Kriminalfälle, bekannte Persönlichkeiten der jüngeren Zeitgeschichte sowie andere bedeutende Ereignisse, nacherzählt an Hand von alten Zeitungsartikeln findet Ihr ab sofort auf dieser Themenseite.
Unkenntnis der neuen Telefonnummern der Landespolizei habe möglicherweise für Probleme bei deren Alarmierung gesorgt, berichtete die Zeitung am 7. November nach: „Als nämlich nach dem Raubüberfall der Bankchef die Polizei alarmieren wollte, wählte er die falsche Telefonnummer. Nach einigen vergeblichen Versuchen verständigte er die Polizeiwache in Redenfelden und bat, die Polizei von dort aus über den Raub zu informieren. Erst auf diesen Umweg erfuhren die Beamten von dem Überfall.“
Ende November wird es still um den Fall
Doch zunächst berichtete die Zeitung am 2. November: „Das Fluchtfahrzeug, ein veronaroter BMW 1602, wurde bald darauf in der Nähe der Straße zum Samerberg, zwischen Sachsenkam und Laberg, aufgefunden. Es hatte gefälschte Kennzeichen. Der BMW wurde in der Nacht zum 23. Oktober in einer Autohandlung in Heidenheim gestohlen. Außer diesem Fahrzeug entwendeten die Täter einen weiteren BMW 1602.“ Für die Aufklärung des Bankraubes und die Wiederbeibringung der Beute seien 3000 Mark Belohnung ausgesetzt worden.
Dann wird es, abgesehen von kleineren Meldungen, relativ still um den Fall. Am 30. November vermeldet die Zeitung noch einmal, dass von den Tätern weiter jede Spur fehle. Die Kriminalpolizei veröffentlichte unterdessen zwei Zeichnungen der Beiden, die sie mit zwei markanten Bommelmützen auf dem Kopf zeigt. Danach scheint es zu diesem Fall nichts mehr neues gegeben zu haben, in der Folge wurden keine neuen Erkenntnisse oder gar ein Fahndungserfolg berichtet.
Heutzutage kaum noch Banküberfälle
Bankräuber sind unterdessen in Deutschland nahezu ausgestorben: Die Zahl der Überfälle auf Banken, Sparkassen und auch Postfilialen ist in den vergangenen drei Jahrzehnten um 95 Prozent gesunken, wie die Deutsche Presseagentur (dpa) im Jahr 2021 vermelden konnte. „Im Jahr 1993 zählte das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden noch 1623 Überfälle auf Geldinstitute und Poststellen, im vergangenen Jahr waren es lediglich 80, wie die Zeitreihen der Behörde zeigen.“ Auch in Rosenheim lag die letzte derartige Tat damals bereits zehn Jahre zurück, wie die OVB-Heimatzeitungen berichteten.
Unter anderem sei das Risiko für Bankräuber außerordentlich hoch, die Polizei habe 2020 fast 80 Prozent der Überfälle aufgeklärt, 2019 sogar über 90 Prozent. Konjunktur unter Verbrechern hätten stattdessen Geldautomatensprengungen und Cyberkriminalität. Erste würden den Vorteil bieten, dass ganz überwiegend in der Nacht ohne Zeugen in der Nähe gesprengt würde, außerdem seien die Strafen für Raubüberfälle höher. Letztere wiederum, dass aus Tätersicht der Vorteil bestehe, dass es keinen physischen Tatort gibt und Hackerangriffe fern der Heimat in jedem Land der Welt gestartet werden können. “(hs)