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Rechtsstreit mit Bundespost

Kurioser Fall vor dem Arbeitsgericht Mühldorf 1974: „De host ned g‘sehng, de host g‘rocha!“

Ein kurioser Fall beschäftigte vor 50 Jahren, im Oktober 1974, das Arbeitsgericht in Mühldorf am Inn. Weil sie angeblich penetranten Körpergeruch habe, wurde einer Frau von der Bundespost gekündigt. Die Verhandlung des Falls erregte ein zuvor nie gesehenes Aufsehen in der Kreisstadt.
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Ein kurioser Fall beschäftigte vor 50 Jahren, im Oktober 1974, das Arbeitsgericht in Mühldorf am Inn. Weil sie angeblich penetranten Körpergeruch habe, wurde einer Frau von der Bundespost gekündigt. Die Verhandlung des Falls erregte ein zuvor nie gesehenes Aufsehen in der Kreisstadt.

Ein kurioser Fall beschäftigte vor 50 Jahren, im Oktober 1974, das Arbeitsgericht in Mühldorf am Inn. Weil sie angeblich penetranten Körpergeruch habe, wurde einer Frau von der Bundespost gekündigt. Die Verhandlung des Falls erregte ein zuvor nie gesehenes Aufsehen in der Kreisstadt.

Mühldorf am Inn - „Wohl noch nie hatte ein Arbeitsgerichtsprozeß in Mühldorf ein solches Aufsehen erregt, wie die Verhandlung zwischen einer Mühldorferin und der Bundespost“, würde das Oberbayerische Volksblatt (OVB) am Ende resümieren. Erstmals berichtete die Zeitung am 19. Oktober 1974 über den Fall: „Weil eine Mühldorferin mittleren Alters einen ‚penetranten Körpergeruch‘ haben soll, bekam sie jetzt von der Bundespost das Kündigungsschreiben. In dem blauen Brief wird Ihr vorgeworfen, der Aufforderung, ihrer Körperpflege mehr Sorgfalt zu widmen, nicht nachgekommen zu sein.“

Die Frau sei nun vor das Arbeitsgericht gegangen: „Sie glaubt, einem Intrigenspiel ihrer Kolleginnen zum Opfer gefallen zu sein. Klipp und klar erklärte sie: ‚Ich wasche mich jeden Tag und stinke nicht.‘“ Vor einem Jahr sei sie als nicht vollbeschäftigte Arbeiterin für den Briefverteilerdienst beim Postamt Mühldorf eingestellt worden. „Ich bin am Anfang mit meinen elf Kolleginnen sehr gut ausgekommen“, zitiert sie die Zeitung. „Wöchentlich einmal wurde sogar zu einem Kaffeekränzchen gefahren. Doch hier scherte dann die Frau aus, und von da ab, so glaubt sie, sei sie von ihren Kolleginnen geschnitten worden. Jetzt sei auch noch der penetrante Körpergeruch ‚inszeniert‘ worden.“

Kurioser Fall vor dem Arbeitsgericht Mühldorf 1974: „De host ned g‘sehng, de host g‘rocha!“ - Rechtsstreit mit Bundespost

„Die Bundespost ist jedoch anderer Auffassung. Seit längerer Zeit, so die Personalabteilung des Postamtes Mühldorf, seien die Klagen der Kolleginnen eingegangen. Da trotz mehrmaliger Mahnung der den Betriebsfrieden störende Zustand unvermindert angehalten habe, sei das Personal auch beim Betriebsrat vorstellig geworden“, heißt es weiter, „Schließlich hätten sechs Kolleginnen ein entsprechendes Schreiben verfaßt. Mangels eines isolierten Arbeitsplatzes beim Postamt sei eine Weiterbeschäftigung deshalb nicht möglich gewesen.“ hren noch mit einer Dampflok bespannt. Heutzutage ist ein solches schnaubendes Ungeheuer schon eine kleine Sensation.“

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Fast zwei Wochen später, am 30. Oktober erfuhren die Leser dann, wie das Ganze ausging. „De host ned g‘sehng, sondern de host g‘rocha“, zitiert das OVB fünf Arbeitskolleginnen vor dem Arbeitsgericht. „Postamtmann Egon Sch. allerdings, der die Frau öfter zu sich zitiert hatte und sie aufforderte, sich doch zu waschen, konnte dabei keinen Geruch wahrnehmen. Seine Begründung: ‚Ich hab‘ ein sehr schlechtes Geruchsorgan und öfter einen Katarrh.‘“

Für Mühldorferin stand viel auf dem Spiel

„Während die Arbeitskolleginnen der Mühldorferin nach und nach beteuerten, sie würden durch den penetranten Körpergeruch ‚seelisch kaputtgehen‘, saß sie selbst mit unbewegter Miene neben ihrem Pflichtverteidiger. Von dem einem Gestank, der laut Zeugenaussagen nicht zu beschreiben ist, und von dem eine Arbeitskollegin sogar ‚narkotisiert‘ wurde, war nichts zu riechen. ‚Heut‘ wird sie sich halt g‘wasch‘n ham‘, meinte eine Arbeitskollegin auf den Vorhalt des Richters.“ Um Ruhe im Zuhörerraum habe der vorsitzende Richter Blum schließlich bitten müssen, als eine Zeugin ausführte, dass „braune Nasentröpferl sogar auf Briefe gefallen sind und dort Flecken hinterlassen haben“. Die Zuhörer hätten lauthals gelacht.

Der Mühldorferin sei kaum zum Lachen gewesen, räumt der Bericht ein. Es sei sehr viel auf dem Spiel gestanden. „Sie ist geschieden und muß eine zehnjährige Tochter und einen 16 Jahre alten Sohn ernähren. Mit den 680 Mark, die sie bei der Post verdiente, schlug sie sich so recht und schlecht durch. Jetzt muß sie um ihre Arbeitsstelle bangen.“ Sie selbst habe beteuert: „Wenn ich keine Arbeit finde, bei der ich tagsüber bei meiner Tochter sein kann, bin ich sehr schlecht dran. Dann weiß ich nicht ein noch aus.“ Deshalb würde sie auch den Posten einer Reinigungsfrau bei der Post annehmen. „Auf diesen Kompromiß, vom Verteidiger der Klägerin vorgebracht, ging das Arbeitsgericht ein.“ (hs)

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