Negative und positive Erlebnisse
„Egoistisch, rücksichtslos“ – „Heilfroh“ dank Wunder-Heilung: Wie OVB-Leser die Corona-Zeit erlebten
Die Corona-Pandemie war für viele Menschen eine große Herausforderung: Pflegekräfte und Mediziner kamen an ihre Grenzen. Andere zerstritten sich mit Freunden wegen Impf-Diskussion und Verschwörungstheorien. Wie die OVB-Leser die Zeit vor fünf Jahren erlebt haben.
Rosenheim – Viel Zeit zu Hause und wenig Kontakt zu anderen Menschen: So lautete die Devise während der Corona-Pandemie. Fünf Jahre ist es nun her, dass sich die Menschen auf der ganzen Welt mit einer neuen, unsichtbaren Bedrohung konfrontiert sahen. Auch in der Region trieb das Corona-Virus sein Unwesen. Während Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen für die einen der absolute Alptraum waren, konnten andere dank Corona einmal zur Ruhe kommen.
Corona als Belastungsprobe für Beziehungen
So wie OVB-Leserin Conny Schober. Die Zeit habe vieles entschleunigt, sagt sie. „Es gab keine Termine mehr auf unserem Kalender. Wir haben als Familie viel mehr Zeit in der Natur verbracht, Radl-Ausflüge und Spaziergänge unternommen.“ Doch nicht alles war so rosig. Die Angst vor einer Ansteckung sei auch präsent gewesen, sagt Schober. Und: „Freundschaften gingen auch auseinander, weil man sich uneins mit dem Impfthema war und es im Gespräch nicht lassen konnte, wenn jemand eine andere Meinung dazu hatte.“
Corona-Lockdown in der Region: „Es war herrlich still auf den Straßen“
Ähnlich ging es auch Andrea Herden aus Kirchdorf am Inn. Sie schildert eine Mischung aus anfänglichen Ängsten, aber auch, wie sie und ihre Freunde und Familie dennoch versucht haben, an Traditionen festzuhalten. „Als Asthmatikerin machte ich mir Gedanken um meine Gesundheit. Dann kam noch die Kurzarbeit in der Firma dazu. Also auch noch die Sorge um das Finanzielle. Aber es gibt Dinge, die kann man selber nicht steuern“, betont Herden.
Um dennoch das Beste aus der Situation zu machen, begann sie täglich mit dem Fahrrad zu fahren. „Es war herrlich still auf den Straßen, und ich habe noch nie das Zwitschern der Vögel so intensiv wahrgenommen. Es war spannend, zu beobachten, wie sich die Natur täglich verändert. Wie alles langsam grün wird und die ersten Blumen kommen. Das hätte ich bei einer 42-Stunden-Arbeitswoche so nicht erlebt“, berichtet Herden aus der Lockdown-Zeit. „Dies hat zur Folge, dass ich mich jetzt ehrenamtlich für Umweltbildung und Naturschutz einsetze.“
Und auch für alte Traditionen fand der Freundeskreis von Andrea Herden eine Lösung. Eigentlich habe man immer zusammen gekocht. Doch das fiel durch die Kontaktbeschränkungen weg. Die Lösung: „Wir haben uns dann gegenseitig Zutaten geschickt, zum Beispiel selbstgemachtes Bärlauchpesto und zum gemeinsamen kochen, natürlich jeder zu Hause, verabredet. Das Kochen und Essen haben wir auf kleinen Videos und Fotos dokumentiert und den anderen geschickt.“ Die Freundschaften hätten sich in dieser Zeit sogar durch viele Telefonate noch intensiviert.
„Lebten Toleranz und Zusammenhalt mehr denn je“
Diskussionen um den Impf-Status erlebte Herden nicht. In ihrem Freundeskreis und ihrer Familie spielte das keine Rolle. „Wir lebten Toleranz und Zusammenhalt mehr denn je“ und jeder habe sich gewissenhaft und rücksichtsvoll verhalten. Dennoch sei ihr Bekanntenkreis ziemlich geschrumpft. „Von einigen, für mich negativen Menschen, habe ich mich nach und nach getrennt. Das tat mir gut und ich musste mir die schrillen Verschwörungstheorien nicht mehr anhören“, erzählt Herden.
Aber es gab auch schwierigere Momente, wie sie berichtet: „Das einzige was mich wirklich traurig gemacht hat, war der Verlust eines mir nahestehenden Menschen, den ich nicht mehr auf Palliativ besuchen konnte.“
Für andere war die Entschleunigung während der Pandemie ein Zeichen, sich von Altlasten zu befreien. So wie für Marga Leingartner aus Rosenheim: „Nach längerem Nachdenken habe ich den Beschluss gefasst, ein Amt aufzugeben, das mich psychisch stark belastet hat. Jetzt geht es mir wesentlich besser“, erzählt sie.
Corona-Zeit voll von Egoismus und Rücksichtslosigkeit?
Doch nicht alle konnten der Corona-Zeit so viele positive Punkte abgewinnen. So schreibt uns OVB-Leser Stefan Graf aus Waldkraiburg: „Während des Lockdown wurde sehr deutlich, dass Menschen bei Ausnahmesituationen egoistisch und rücksichtslos sind.“
Besonders in den Kliniken stand das Personal vor nie dagewesenen Herausforderungen, wie der Anästhesist Dr. Hermann Spensberger aus Stephanskirchen berichtet. „Es galt bei hohem Eigenrisiko und unter maximalem Selbstschutz, Notfallpatienten zu versorgen“, erzählt er. „Das erzeugte nicht unbedingt Angst, aber zumindest tiefen Respekt. Respekt gilt auch meinen ärztlichen KollegInnen und dem Pflegepersonal auf den Intensivstationen der Stadt und des Landkreises.“
Allerdings wurde nicht nur die Arbeit in der Klinik zur außergewöhnlichen Herausforderung. Seiner Leidenschaft als Wettkampfschwimmer standen die geschlossenen Bäder im Weg. Eine Notlösung musste her – und so wurde kurzerhand im Freiwasser trainiert. „Eine unglaubliche Erfahrung, die einige Schwimmer der Region bis heute beibehalten haben. Das Zusammengehörigkeitsgefühl und das ‚Aufeinander Schauen‘ trotz Sicherheitsabstand war damals eine unbeschreiblich positive Erfahrung“, berichtet Spensberger. „Ich glaube auch das hat uns Kraft gegeben, die Pandemie unbeschadet zu überstehen.“
Corona als Retter gegen Schlafstörungen?
Eine besonders außergewöhnliche Erfahrung machte dagegen eine andere OVB-Leserin, die allerdings namentlich nicht genannt werden möchte. Sie berichtet, dass sie seit vielen Jahren unter extremen Schlafstörungen litt. „Teilweise war das so schlimm, dass ich rund zwei Stunden nachdem ich abends ins Bett gegangen bin, schon wieder wach da lag und nicht mehr einschlafen konnte.“ Jegliche Therapien und Maßnahmen schienen nichts zu nützen. Im Juli 2022 erkrankte sie dann an Corona. Zwei Wochen ging es ihr „nicht besonders gut“, erzählt sie. Aber: „Aber danach konnte ich plötzlich wieder so richtig gut schlafen.“ Inzwischen arbeitet sie sogar wieder Vollzeit, woran zuvor nicht zu denken gewesen war, berichtet die Leserin.
„Für mich persönlich hatte Corona also etwas Gutes. Ich gehe davon aus, dass ich eine leichte Form von Long-Covid habe“, vermutet sie. Ihr Hausarzt glaube das zwar nicht, „aber ich klammere mich an diesen Gedanken und bin heilfroh, dass ich dadurch einem möglichen Burnout gerade noch so entkommen bin.“
Schickt uns eure Erfahrungen aus der Pandemie
Strafzettel auf Skitour, die einsame Hochzeit, die Geburt unter Extrembedingungen oder die Familienfeier, die von der Polizei gesprengt wurde: Was sind Eure Erinnerungen an die Corona-Zeit? Schreibt uns Eure Gedanken, Eure Corona-Geschichten per E-Mail an corona@ovb.net.
