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Halle des Gymnasiums seit Jahren Flüchtlingsunterkunft

„Frustriert“ und „ohne Perspektive“: Bruckmühler Schulfamilie fordert in Brief Turnhalle zurück

Die Fachschaft Sport des Bruckmühler Gymnasiums mit Sportfachschaftsleiterin Agnes Pildner-Stacheder (links, oben) sowie der Elternbeirat der Schule haben sich per gemeinsamer E-Mail jetzt an Politgrößen wie Ilse Aigner (links, unten) gewandt und gefordert, die derzeit als Flüchtlingsunterkunft genutzte Turnhalle des Gymnasiums wieder für den Schulsport freizugeben. Eine Forderung, die Schulleiter Walter Baier (links, Mitte) unterstützt.
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Die Fachschaft Sport des Bruckmühler Gymnasiums mit Sportfachschaftsleiterin Agnes Pildner-Stacheder (links, oben) sowie der Elternbeirat der Schule haben sich per gemeinsamer E-Mail jetzt an Politgrößen wie Ilse Aigner (links, unten) gewandt und gefordert, die derzeit als Flüchtlingsunterkunft genutzte Turnhalle des Gymnasiums wieder für den Schulsport freizugeben. Eine Forderung, die Schulleiter Walter Baier (links, Mitte) unterstützt.

Vertreter des Bruckmühler Gymnasiums haben jetzt in einer E-Mail an diverse Politiker gefordert, die derzeit als Flüchtlingsunterkunft genutzte Schulturnhalle wieder für den Sportunterricht freizugeben. Was die Verfasser als Alternative ins Spiel bringen – und wie das Landratsamt darauf reagiert.

Bruckmühl – Mit zahlreichen Passagen in Großbuchstaben und klaren Forderungen an die Adressaten haben sich der Elternbeirat des Gymnasiums Bruckmühl und die Fachschaft Sport ihren Ärger von der Seele geschrieben. In der E-Mail, die unter anderem an Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, Rosenheims Landrat Otto Lederer, Bruckmühls Bürgermeister Richard Richter, Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig, alle CSU, adressiert ist, pocht die Schulfamilie auf eine Freigabe der Schulturnhalle für den Sportunterricht zum neuen Schuljahr. Seit Februar 2022 findet dort kein Sportunterricht mehr statt, da die Räumlichkeiten seitens des Landkreises als Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge genutzt wird.

„Wir sind nun am Ende eines weiteren Schuljahres angekommen und stellen fest, dass wir bereits ins DRITTE Jahr OHNE unsere Turnhalle gehen. Das war nicht absehbar und ist auch weiter so nicht tragbar.“ So beginnt das Schreiben an die politischen Vertreter, in dem die Unterzeichner sogleich fordern: „Wir möchten als Elternvertreter gemeinsam mit der Sport-Fachschaft das neue Schuljahr 2024/2025 ab September ENDLICH wieder mit einer für uns NUTZBAREN Turnhalle planen und eine Perspektive den Schülern und Schülerinnen in Aussicht stellen.“

In Hinblick auf die seitens des Landkreises geplante Erstaufnahmeeinrichtung in der Gemeinde Rott äußerten die Verfasser daher die Hoffnung nach einer „zufriedenstellenden Perspektive“, so dass „die Turnhallen in Bruckmühl und Raubling FREI werden“. Verbunden mit der Bitte an Landrat Otto Lederer, den Unterzeichnern des Briefes den Stand der Dinge bei den Planungen für Rott mitzuteilen.

Unterzeichner der E-Mail fordern „solidarischen Beitrag“ anderer Gymnasien

Für den Fall „eines Scheiterns der Erstaufnahme in Rott“ legen Elternbeirat und Sport-Fachschaft dem Landkreis zudem nahe, „auch andere Turnhallen im Landkreis einzubeziehen und sich fairerweise abzuwechseln, damit Bruckmühl nach fast drei langen Jahren endlich wieder frei wird“ und eine andere Turnhalle für ein oder zwei Jahre dann nur helfen müsse. „Das würde schon allein der Gerechtigkeit halber ein gangbarer Weg sein“, finden die Verfasser, die „keinen Grund mehr“ dafür sehen, „warum andere Gymnasien nicht auch ihren solidarischen Beitrag leisten können, wie zum Beispiel auch Wasserburg“.

„Wir sind einfach frustriert, dass wir keine Perspektive bekommen“, sagt Agnes Pildner-Stacheder, die am Gymnasium Bruckmühl die Fächer Englisch und Sport unterrichtet und die Sportfachschaftsleitung innehat, gegenüber dem OVB. Sie und ihre Sport-Kollegen stünden daher zu 100 Prozent hinter den Zeilen, die gemeinsam mit dem Elternbeirat verfasst worden sind. „Man erfährt ja auch nichts, man steht immer wieder vor dieser Leere. Das trägt dann zu dieser Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung bei.“

Doch wie sieht der Sportunterricht am Gymnasium Bruckmühl derzeit ohne Halle eigentlich aus? „Tatsache ist, dass im Winter über 50 Prozent der Sportstunden ausfallen, bei schlechtem Wetter auch im Sommer“, sagt Pildner-Stacheder. „Das wird auch in den nachfolgenden Jahren zu großen Problemen führen, weil ja nichts da ist, auf das man aufbauen kann.“ Besonders schwierig sei die Situation für Schüler, die im Fach Sport Abitur machen wollen. Daher versuche die Schule, zumindest für die Klassen 11 bis 13 Sport in einer Ausweichhalle anzubieten, was in der Vergangenheit beispielsweise in der Halle des Kultur- und Sportzentrums Feldkirchen-Westerham möglich gewesen sei.

Schüler sollen auch gehört werden, „wenn sie nicht laut schreien und am lautesten sind“

Für sie persönlich sei es besonders frustrierend, dass sich Politiker wie Ministerpräsident Markus Söder und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zwar für die Gemeinde Rott starkmachen, „nicht aber für unsere Schule und die rund 800 Schüler“. Sie selbst hätte zwar „viele Ideen“, wie in puncto Turnhallen-Freigabe mehr Druck auf die Politik ausgeübt werden könne, aber: „Das ist alles nicht mit meinem Dienstrecht als Beamtin vereinbar.“ Pildner-Stacheder: „Wir können ja nicht, wie die Landwirte, alle Straßen blockieren.“ Zumal die 42-Jährige findet, dass die Schüler „seitens der Politik ja auch gehört werden“ sollten, „wenn sie nicht laut schreien und am lautesten sind“.

Unterstützung bei ihren Forderungen bekommen Eltern und Lehrer seitens der Schulleitung des Gymnasiums, auch wenn der zum Ende des Schuljahres scheidende Schulleiter Walter Baier bereits im Januar 2024 gegenüber dem OVB in Hinblick auf die Nutzung der Einrichtung als Flüchtlingsunterkunft die Einschätzungen äußerte: „Ich werde die Halle wohl nicht mehr von innen sehen, nachdem ich im Sommer in den Ruhestand gehe.“

Auch er sieht vor allem die lange Zeit, in der die Schüler keinen geregelten Sportunterricht mehr haben, als sehr problematisch an. Baier: „Bis auf ein kleines Zeitfenster von September 2021 bis zum Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 gibt es seit Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 keinen geregelten Sportunterricht mehr.“ Was sich übrigens auch im Zeugnis zeigt. Denn mit Ausnahme der Oberstufen bekommen die Schüler auch heuer keine Note im Fach Sport.

Schulleiter hat auch die Sportlehrer im Blick

Wobei Baier aber nicht nur die Schüler, sondern auch seine Lehrer im Blick hat: „Es geht ja auch um die Sportlehrer, die seit Jahren ihren Beruf nicht mehr ausüben dürfen.“ Daher sei es wichtig, Politik und Gesellschaft durch einen derartigen Brief an die Missstände zu erinnern und nicht den Ist-Zustand einfach hinzunehmen.

Und selbst wenn die Turnhalle seitens des Landkreises für den Sportunterricht wieder freigegeben wird, ist nach Einschätzung des Schulleiters an Sportunterricht in den dortigen Räumlichkeiten zunächst nicht zu denken. Baier: „Dann muss man erst einmal schauen, was dort wieder hergerichtet werden muss, wie beispielsweise die Böden unter den Verkleidungen aussehen. Nach der Unterbringung von Flüchtlingen im Jahr 2015 musste die Halle erst einmal mehrere Monate generalsaniert werden.“

88 Flüchtlinge sind derzeit in der Turnhalle des Bruckmühler Gymnasiums untergebracht

Der Zustrom an Flüchtlingen in den Landkreis Rosenheim hat auch in den vergangenen Monaten mehr zu als abgenommen: Nach Angaben des Landratsamtes Rosenheim waren zum 30. Juni 2024 insgesamt 3268 Geflüchtete in vom Landratsamt angemieteten Objekten untergebracht gewesen. 85 mehr, also noch vor rund drei Monaten. Auch die Belegungszahl der Turnhalle Bruckmühl, die eine Kapazität von 180 Plätzen bietet, ist im Vergleich zum Beginn des Jahres 2024 wieder nach oben gegangen. Waren am 9. Januar 2024 dort noch 67 Flüchtlinge untergebracht, sind es aktuell laut Landratsamt 88 Personen. Diese stammen, neben Staatenlosen, aus Afghanistan, dem Irak, Israel, dem Jemen, Jordanien, dem Kongo, aus Sierra Leone, Syrien, Tansania, der Türkei, der Ukraine und aus Vietnam.

Doch wie ist denn nun eigentlich, wie seitens der Unterzeichner der E-Mail bei Landrat Otto Lederer angefragt, der Stand in puncto Erstaufnahmeeinrichtung in Rott, die als große Hoffnung für die Turnhallen Bruckmühl und Raubling gilt? „Die Gemeinde Rott hat dem Landratsamt erneut mehrere alternative Grundstücke anstelle der Belegung der Gewerbehalle genannt“, teilt Sibylle Gaßner-Nickl, Sprecherin des Landratsamtes Rosenheim, gegenüber dem OVB mit. „Derzeit findet in Abstimmung mit der Regierung von Oberbayern und dem Bayerischen Innenministerium eine Prüfung statt, inwiefern diese Alternativ-Standorte geeignet sind.“

Einen konkreten Termin, wann in den beiden Turnhalle wieder Schulsport stattfinden kann, will die Behörde aber nicht nennen. Gaßner-Nickl: „Sobald eine alternative Erstaufnahmeeinrichtung sowie Einrichtungen für eine Anschlussunterbringung bezugsfähig sind, können die beiden zweckentfremdeten Schulturnhallen in Raubling und Bruckmühl wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt werden.“

Landratsamt erteilt „rollierendem System“ eine Absage

Eine Absage erteilt das Landratsamt zudem dem Vorschlag, andere Turnhallen in der Region als Alternative zu nutzen. „Die Einführung eines rollierenden Systems bei der Belegung der Schulturnhallen wäre in der Umsetzung zu aufwändig“, teilt die Behördensprecherin mit und verweist darauf, dass dieser Schritt „nicht zu einer nachhaltigen Lösung beitragen, sondern das Problem der zweckentfremdeten Turnhallen lediglich vorübergehend verlagern“ würde. Gaßner-Nickl weiter: „Es wären außerdem Kommunen betroffen, die bereits einen überproportionalen Beitrag zur Unterbringung von Geflüchteten leisten.“

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