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Tuntenhausenerin war bei Anhörung in Berlin

„Ich bin fassungslos“: Brenner-Nordzulauf-Gegnerin Margit Kraus übt heftige Kritik an der Ampel

Die Bürgerinitiativen (BI) gegen den Brenner-Nordzulauf machen immer wieder mit Protestaktionen – hier 2023 auf dem Sportplatz in Ostermünchen – auf sich und ihre Forderungen aufmerksam. Margit Kraus (links), die für die „Liste 83104“ im Tuntenhausener Gemeinderat sitzt, engagiert sich in der BI Tuntenhausen.
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Die Bürgerinitiativen (BI) gegen den Brenner-Nordzulauf machen immer wieder mit Protestaktionen – hier 2023 auf dem Sportplatz in Ostermünchen – auf sich und ihre Forderungen aufmerksam. Margit Kraus (links), die für die „Liste 83104“ im Tuntenhausener Gemeinderat sitzt, engagiert sich in der BI Tuntenhausen.

Auch Tage nach der Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestags zum Brenner-Nordzulauf kochen die Emotionen hoch. Vor allem bei den Gegnern der Neubau-Trasse. Wie Trassen-Gegnerin Margit Kraus aus Tuntenhausen die Anhörung erlebte – und wieso sie immer noch „fassungslos“ ist.

Tuntenhausen – Die Planungen für den Brenner-Nordzulauf, die Bahntrasse, die als Zulaufstrecke zum neuen Brenner-Basistunnel durch die Region führen soll, treibt viele Menschen in der Region seit Jahren um. So sorgen sich die Bürger in Tuntenhausen nicht nur um den Fortbestand des Bahnhofs Ostermünchen am bisherigen Standort, sondern auch um viele landwirtschaftliche Nutzflächen und das bisherige Erscheinungsbild der Kommune, das sich durch die Neubaustrecke massiv verändern würde.

Margit Kraus (66), die sich in der Bürgerinitiative (BI) Tuntenhausen gegen die Planungen zum Brenner-Nordzulauf einsetzt und für die „Liste 83104“ zudem im Tuntenhausener Gemeinderat sitzt, ist daher jüngst selbst nach Berlin gefahren, um die Anhörung zum Brenner-Nordzulauf im Verkehrsausschuss des Bundestages live mitverfolgen zu können. Welche Eindrücke sie von Vertretern der einzelnen Parteien gewonnen hat, was ihr besonders negativ aufgestoßen ist und wieso sie mit den Ampelparteien hart ins Gericht geht, hat Kraus im Interview mit dem OVB verraten.

Sie waren selbst bei der Anhörung im Verkehrsausschuss zum Brenner-Nordzulauf in Berlin. Bürgermeister Georg Weigl zeigte sich nach der Anhörung „leicht positiv gestimmt“, Landwirt Sebastian Kendlinger junior hingegen „relativ hoffnungslos“. Wie ist Ihre Gefühlslage?

Margit Kraus: Na ja, positiv gestimmt bin ich nicht. Eigentlich wurde in Berlin vor allem eins deutlich: Nämlich dass die Mitglieder der Regierungsparteien das Projekt möglichst schnell durchwinken wollen, und zwar ohne weitere Änderungen, die es verzögern oder verteuern, sprich ohne weitere Tunnel. Mich macht das vor allem wütend. Ich halte die geforderte Untertunnelung des Inns und des Rosenheimer Nordens für eine unrealistische Forderung, die nur dazu dient, die Menschen in der Region zu beruhigen. Bei der aktuellen Finanzlage des Bundes ist das eine Illusion, und das wird auch nach den Wahlen nicht anders sein.

Was ist Ihnen während der Anhörung negativ aufgestoßen?

Kraus: Negativ fand ich vor allem, wie wenig Ahnung die meisten Mitglieder des Verkehrsausschusses offensichtlich von den tatsächlichen Fakten des Projekts haben. Schade fand ich daher, dass bei einer Anhörung kein Platz für Diskussionen ist. So blieben etliche Aussagen, von denen wir Bürgerinitiativen längst wissen, dass sie falsch sind, unwidersprochen. Seit Jahren bemühen sich die Sprecher der Bürgerinitiativen darum, Politiker auf regionaler und Bundesebene über relevante Fakten zu informieren. Aber die will man wohl einfach nicht hören. Aus dem Büro einer Bundestagsabgeordneten erhielten wir kürzlich tatsächlich die Antwort, man möge sie mit Zugzahlen und ähnlichen Fakten in Ruhe lassen, man habe einfach das Gefühl, dass man den Brenner-Nordzulauf brauche. Aufgrund eines Gefühls werden 10 Milliarden Euro in die Gegend betoniert und unsere Natur und Landwirtschaft ruiniert? Da hat die Wirtschaftslobby ja ganze Arbeit geleistet! Dabei wäre das Geld in der Sanierung des bestehenden Schienensystems weit gewinnbringender angelegt, für Bürger und Klima.

Gab es aus Ihrer Sicht auch positive Erfahrungen?

Kraus: Positiv aufgefallen ist mir hier nur Herr Riexinger von den Linken, der meinte, von dem Projekt Stuttgart 21 in seiner Heimat vor allem eins gelernt zu haben: Dass die Bürgerinitiativen mit ihren Aussagen im Nachhinein deutlich näher an der Wahrheit gelegen hätten als die Bahn oder die Politik. Außer ihm scheinen aber nur wenige bei Bahn oder Politik aus Schaden klug zu werden.

Die größte Hoffnung vieler Bürger Tuntenhausens ist, dass es doch zur Unterquerung des Inns nördlich von Rosenheim kommen könnte, was zum einen den Bestand des derzeitigen Bahnhofs Ostermünchen sichern könnte, zum anderen wohl weniger Flächenfraß bei Feldern zur Folge hätte. Wäre das denn in ihrem Sinne?

Kraus: Wie schon gesagt, die Chancen sehe ich als äußerst gering an. Solche Bauten würden das ohnehin schon viel zu teure Projekt noch teurer machen und es am Nutzen-Kosten-Faktor scheitern lassen. Die Diskussion über die Tunnelforderungen sehe ich als überflüssig, weil das gesamte Projekt unnötig ist. Wir haben ja bereits einen Brenner-Nordzulauf! Mit der entsprechenden Modernisierung der bestehenden Gleise – und da denke ich auch an den Ausbau der Strecke München – Mühldorf – Salzburg als Entlastung für den Ost-West-Verkehr – reicht er völlig aus. Ich bin überzeugt, dass sich damit der Brenner-Basis-Tunnel absolut ausreichend nutzen lässt.

Ich sehe daher die Bestandsvariante der Bürgerinitiativen als sinnvollste Lösung, da sie am kostengünstigsten, am schnellsten zu realisieren und für Natur und Anwohner am verträglichsten ist. Insbesondere auch, weil sie ohne größere Tunnelbauten auskommt. Tunnel haben bekanntermaßen wegen des hohen Betonverbrauchs eine sehr negative Klimabilanz und verkehren die eigentliche Absicht des Projekts – Klimaschutz – ins Gegenteil. Wir müssen uns von der Gigantonomie der Vergangenheit endlich verabschieden, wir sind an den Grenzen des Wachstums angelangt.

Der Bundestag soll sich noch in dieser Legislaturperiode mit dem Brenner-Nordzulauf befassen. Aus Ihrer Sicht ein Vor- oder Nachteil, dass es nun recht schnell gehen soll?

Kraus: Es ist definitiv ein Nachteil, weil so kaum genügend Zeit für die Entscheidungsträger bleibt, sich mit den genauen Fakten doch noch auseinanderzusetzen. Ich bin fassungslos, dass die Ampelparteien diese belegbar sinnlose Neubautrasse so kritiklos durchboxen wollen. Die etablierten Parteien täten gut daran, wieder mehr auf die Bürger zu hören – es wäre nicht zuletzt gut für die Demokratie in unserem Land.

Eine der jüngsten Aktionen der Gegner des Brenner-Nordzulaufs war eine Sternwallfahrt zur Basilika in Tuntenhausen. Welche Aktionen der BI Tuntenhausen, in der Sie selbst vertreten sind, sind in den kommenden Wochen geplant?

Kraus: Wir in Tuntenhausen sind, wie viele andere örtliche BIs, ein Teil der Bürgerinitiative Brennerdialog Rosenheimer Land e.V., der seine Aktionen in enger Zusammenarbeit mit dem Bürgerforum Inntal, der BiB Rohrdorf und der BI Kolbermoor plant. Anfang Dezember ist in Tattenhausen eine Infoveranstaltung zur Anhörung geplant, ähnlich bereits am 30. November im Inntal vom dortigen Bürgerforum. Außerdem wollen wir am 18. November in Lauterbach eine Podiumsdiskussion, hauptsächlich zum Thema Südzulauf, veranstalten. Genaueres wird noch in der Tagespresse oder auf unseren Chat-Kanälen bekanntgegeben.

Sie sitzen auch im Gemeinderat in Tuntenhausen. Haben Sie das Gefühl, dass das Gremium alle Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Planungen ausgeschöpft hat?

Kraus: Es geht eher um die Frage, wie ernst die Bahn einen örtlichen Gemeinderat nimmt! Wir hatten den Planern ja einen mehrheitlichen Beschluss zum Erhalt des alten Bahnhofs Ostermünchen und zur Überdeckelung der Strecke unter dem Sportplatz übergeben. Der wurde von den Planern schlichtweg ignoriert. Ein regionaler Gemeinderat hat da offensichtlich nichts zu sagen, das dient nur dazu, Öffentlichkeitsbeteiligung vorzuspielen. Was Frau Felipe in der Anhörung mit der Aussage meinte, dass man den Vorschlägen aus Ostermünchen gefolgt wäre und ja die Bürger miteinbeziehe, erschließt sich mir nicht.

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