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Streit um Brenner-Nordzulauf

Bauen auf Wackelpudding: Warum eine Innbrücke nicht unbedingt die beste Idee ist

Argumente gegen die Brenner-Nordzulauf-Brücke: Landrat Otto Lederer äußerte Klartext bei der Anhörung im Ausschuss.
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Argumente gegen die Brenner-Nordzulauf-Brücke: Landrat Otto Lederer sprach Klartext bei der Anhörung im Ausschuss.

Schlammschlacht oder Tunnelbau beim Brenner-Nordzulauf nördlich von Rosenheim? Landrat Otto Lederer legte sich vor dem Verkehrsausschuss für eine Inn-Unterquerung ins Zeug. Mit einem Argument, das auch Experten überzeugt. Warum Bauen auf einem Wackelpudding nicht unbedingt eine gute Idee ist.

Rosenheim – Die Landschaft westlich vom Chiemsee ist schön. Und sie ist trügerisch. Wo man auf vermeintlich festem Grund steht, droht in Wirklichkeit das Batz-Desaster. Das Problem in der Region Rosenheim ist der Seeton, der einige Meter unter der Grasnarbe ruht. Der Seeton besteht aus Tonmineralien, ist aber weich und unbeständig. Eine Art geologischer Wackelpudding, der in der Umgebung von Rosenheim Bauprojekte generell erschwert.

Landrat sieht im Seeton ein Argument für den Tunnel

Bietet der Morast der Region Rosenheim nun eine Chance im Ringen um die beste Lösung für den Brenner-Nordzulauf? Für Landrat Otto Lederer ist der Seeton ein entscheidendes Argument gegen eine Brücke über den Inn, wie sie die aktuellen Nordzulauf-Planungen der Bahn vorsehen. Bei der Anhörung zum Brenner-Projekt vor dem Verkehrsausschuss in Berlin wies er darauf hin, dass das „Risiko des jetzigen Brückenbauwerks“ nicht ausreichend beachtet worden sei.

„Diese Brücke wird auf Seeton gebaut und ist über einen Kilometer lang“, sagte Lederer. In knapp einem Kilometer Entfernung vom Inn arbeite man nun schon seit Jahren daran, eine neue Brücke zu bauen, die die Bestandsgleise der Eisenbahnverbindung München - Salzburg über die Westtangente führt. „Nur diese Brücke über die Bundesstraße, wir reden da vielleicht von 40 Metern, hat dieses Projekt seit Jahren verzögert – wegen des Seetons.“ Und über ein solches Gelände wolle man nun eine Brücke von über einem Kilometer Länge schlagen. Es sei doch nicht auszuschließen, dass ein Tunnel da womöglich weniger Risiko berge.

Rosenheims Westtangente: Wernhardsberg ist die Schlüsselstelle

In der Tat hat Seeton die Arbeiten an der Westtangente verzögert. Und er kostete Geld. In der Kürze der Zeit nach der Anfrage des OVB sei es nicht möglich, den Mehraufwand genau zu beziffern, sagte Ursula Lampe. Dass es sich um höchst komplizierte Arbeiten handelt, ist dagegen sicher.

Das Straßenbauamt betrat für die Brücke über die B15 zusammen mit der TU München Neuland. Gezwungenermaßen. Weil Seeton sich unter Druck erst recht verflüssigt und schwammig wird, mussten die Ingenieure massiv eingreifen. In den Untergrund am Wernhardsberg wurden weit über hundert Betonsäulen versenkt: Verdrängungssäulen, um Druck aufs Wasser zu machen, Drainage-Säulen, um es abfließen zu lassen, und Säulen, die als Fundament für die Eisenbahnbrücke dienen. Sogar einen eigenen Namen hat die Technik in Ingenieurskreisen erhalten: „Rosenheimer Mischgründung“. Auch an der Aicherparkbrücke mussten die Planer und Macher neue Techniken einsetzen, um mit dem instabilen Untergrund fertigzuwerden.

Eine neue Schlammschlacht für den Nordzulauf?

Droht so etwas nun auch nördlich der Stadt Rosenheim? Und das in weit größeren Dimensionen als an Wernhardsberg und Aicherpark? Der Geologe Dr. Holger Maurer, der an der Lösung für die Probleme an der Westtangente mitarbeitete, sieht in Lederers Ausführung Substanz. „Das ist kein Wunschdenken“, sagte Maurer dem OVB. „Bei einem Tunnelbauwerk weiß ich, worauf ich mich einlasse.“

Er erinnert sich auch an die Vorbereitungsarbeiten am Wernhardsberg. Man habe den Untergrund eigens mit einem speziellen Material verfestigen müssen, um nur das Bohrgerät an die Baustelle heranzubringen. Im Falle eines Brückenbaus für den Brenner-Nordzulauf wiederum könne man östlich vom Inn zwar auf Inn-Schotter stoßen. Aber auf der anderen Seite komme man sicher in den Bereich von Seeton. „Dann habe ich mutmaßlich ähnliche Verhältnisse wie bei der B15“, sagte Maurer.

Seeton-Tunnel? Beispiele gibt es genügend

Könnte man mit einem Tunnel den Problemen ausweichen? Maurer weist darauf hin, dass er kein Tunnel-Techniker ist. Aber er verweist auf Beispiele. „Den Ärmelkanaltunnel hat man auch unter schwierigen Verhältnissen gebaut.“ Seeton präge die Verhältnisse auch nördlich vom Starnberger See, wo in den nächsten Jahren der Starnberger Tunnel entstehen soll, um die Probleme der Stadt mit dem Durchgangsverkehr zu lösen. Auch in Salzburg wollen die Ingenieure mit dem Tunnel zum S-Link den Kampf mit dem Seeton aufnehmen.

Von Österreich lernen heißt Tunnel lernen

Die Planer der Bahn haben für die südliche Innquerung hinter Nußdorf bereits einen Tunnel vorgesehen. Gegen einen Tunnel auch im Norden spricht aus Bahn-Sicht der Kostenfaktor. Technisch schwierig, wenngleich machbar, aber ziemlich teuer, so lautete das Fazit von Chefplaner Mathias Neumaier.

Von Österreich lernen heißt Tunnel bauen lernen. Davon ist Otto Lederer überzeugt. „Dass ein Tunnel tatsächlich so schlecht ist, glaube ich gar nicht“, sagte er mit leiser Ironie in Richtung der Bahn und des Tiroler Verkehrspolitikers René Zumtobel. „In Tirol werden nämlich beim gesamten Brenner-Nordzulauf über 80 Prozent der Strecke im Tunnel gebaut.“ Und dort seien die Bürger mittlerweile doch recht zufrieden mit der Zulaufstrecke für den Brenner-Basistunnel.

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