Brenner-Nordzulauf im Verkehrsausschuss
Tiroler Nachbarn und Tunnel-Experten: Wer spricht bei der Brenner-Anhörung?
Am Mittwoch (16. Oktober) geht es um die Zukunft der Region Rosenheim: Vor dem Verkehrsausschuss des Bundestages geht die Anhörung zum Thema Brenner-Nordzulauf über die Bühne. Fachleute, Tunnel-Experten und Regionalpolitiker kommen zu Wort. Ein Überblick.
Rosenheim/Berlin – „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, heißt es am Mittwoch, 16. Oktober, für einige Politiker und Interessensvertreter aus der Region. Dann findet dort nämlich eine Anhörung des Verkehrsausschusses des Bundestags statt. Dabei soll es um den Brenner-Nordzulauf und Planungsalternativen gehen. So die Verlegung der Verknüpfungsstelle Kirnstein in den Wildbarren, oder auch die Innunterquerung bei Rosenheim. Insgesamt neun „Sachverständige, Interessensvertreter und andere Auskunftspersonen“, die vor Ort vorsprechen werden, sind bekannt. Wer dabei ist.
Ingrid Felipe: Eingeladen auf Vorschlag aller Fraktionen
Sie war Günther Platters Stellvertreterin als Tiroler Landeshauptmann und anerkannte grüne Verkehrsexpertin. Schon da war Ingrid Felipe eine entschiedene Befürworterin des Brenner-Basistunnels und der damit verbundenen Zuläufe. Nun ist sie Vorstandsmitglied der DB InfraGO AG für Infrastrukturplanung und Projekte und damit auch im Hauptberuf für das Großprojekt zuständig. Sie plädiert für Tempo, glaubt an das positive Votum des Bundestages und eine Fertigstellung des Brenner-Nordzulaufs bis 2040.
Felix Heizler: Eingeladen auf Vorschlag der Grünen
Felix Heizler wird seinen Fokus auf die Sicherheitsaspekte einer Verknüpfungsstelle im Tunnel legen. Das Fazit des Vertreters des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung: Die Verlegung der Verknüpfungsstelle Kirnstein in den Wildbarren ist „nicht uneingeschränkt regelwerkskonform“. Heißt: Der Aufwand einer Sicherheitsprüfung dieses Vorhabens wäre enorm und teuer. „Es ist daher sinnvoll abzuwägen, ob der Aufwand den erwartbaren Nutzen rechtfertigt“, schreibt Heizler in seiner Stellungnahme.
Prof. Dr. Lukas Iffländer: Eingeladen auf Vorschlag der SPD
Lukas Iffländer wird als Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender in der Anhörung für den Fahrgastverband Pro Bahn sprechen. Dort spricht man sich deutlich gegen die Forderungen von Stadt- und Landkreis Rosenheim aus. Begründet wird die Ablehnung unter anderem mit hohen Kosten, einer „Notwendigkeit der Überleitstelle“ und einem „erheblichen Zulassungsrisiko“. Man habe schon genug Zeit im Projekt verloren, weshalb der Verband empfiehlt, den Antrag von CDU und CSU abzulehnen.
Otto Lederer: Eingeladen auf Vorschlag der CDU/CSU
Als Vertreter für den Landkreis, aber auch die Stadt Rosenheim, wird Landrat Otto Lederer nach Berlin reisen. „Dies wurde im Vorfeld in enger Abstimmung mit Oberbürgermeister Andreas März einvernehmlich besprochen. Stadt und Landkreis verfolgen in Bezug auf den Brennernordzulauf die gleichen Ziele“, erklärt Lederer auf OVB-Anfrage. Die Kernforderungen: Die Verlegung der Verknüpfungsstelle Kirnstein in den Wildbarren, ein Tunnel durchgängig bis Kirnstein – und damit die Vermeidung eines „Überholbahnhofs“ bei Lauterbach –, ein Inntunnel bei Rosenheim anstelle einer Brücke sowie die Verlegung der Verknüpfungsstelle von Ostermünchen weg ein Stück in den Norden. In Berlin möchte er die Parlamentarier für „die besonderen Herausforderungen und Anliegen unserer Region“ sensibilisieren.
Dass auch ein Mitglied der Tiroler Landesregierung im Expertengremium vertreten ist, findet Lederer „bemerkenswert“. Für die Mitglieder des Verkehrsausschusses könne gerade dies von Interesse sein. Denn: In Tirol sind über 80 Prozent der Zulaufstrecke unterirdisch geplant. „Ein Standard, den wir uns auch für die deutsche Seite wünschen würden.“
Auf einen Sachverständigen freut sich Lederer besonders: Dr. Wolfgang Rauscher. Der Tunnel-Experte habe sich „seit Jahren intensiv mit dem Thema Brenner Nordzulauf, speziell im Bayerischen Inntal, beschäftigt und sich aufgrund seiner langen beruflichen Erfahrung besonderes Fachwissen angeeignet“, sagt Lederer.
Dipl.-Ing. Gerhard Müller: Eingeladen auf Vorschlag der Linken
Gerhard Müller, ehemaliger Bundesbahndirektor, ist einer der bekanntesten Brenner-Nordzulauf-Kritiker der Region. „Mein Ziel ist zu erläutern, dass es notwendig und möglich ist, so schnell wie möglich eine wirksame Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene zu erreichen, nicht erst zehn Jahre nach Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels“, sagt Müller auf OVB-Anfrage.
Seine Hauptforderung: Die Fertigstellung der Ausbaustrecke 38 zwischen München, Mühldorf und Freilassing zu beschleunigen. Damit könne die erforderliche Kapazität für den Brennermehrverkehr laut Müller schon im Jahr 2032 erreicht werden.
Dr. Wolfgang Rauscher: Eingeladen auf Vorschlag der CDU/CSU
Der Ingenieur wurde von der Union vorgeschlagen, erfreut sich aber auch allgemein eines guten Rufs. Vielleicht, weil er akribisch vorarbeitet. So lehnt er auch höflich, aber bestimmt eine OVB-Anfrage ab: Er wolle sich „ungestört und konzentriert auf die Sitzung des Verkehrsausschusses in Berlin vorbereiten“ und stehe deswegen für ein Gespräch davor leider nicht zur Verfügung.
Bekannt sind aber seine Standpunkte. Rauscher ist einer der Köpfe hinter dem Gutachten, das die Interessensgemeinschaft Inntal 2040 in Auftrag gegeben hat. Fazit: Die Verlegung der Verknüpfungsstelle Inntal vom Nadelöhr des Tales in einen Tunnel im Wildbarren sei nicht leicht, aber machbar. Die Verlegung der Gleiszusammenführung in den Berg könnte vielen Landwirten die Existenz retten – ein wichtiger Punkt in den Kernforderungen der Region.
Christine Völzow: Eingeladen auf Vorschlag der FDP
Die Ansage der Unternehmer ist klar. Der Brenner-Nordzulauf, er muss her. Und zwar zügig. Christine Völzow spricht für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Der Verband trete „entschieden für die schnellstmögliche Realisierung des Brenner-Nordzulaufs ein“, heißt es in einer Stellungnahme des vbw. „Angesichts der großen Bedeutung der Brenner-Route für Bayern und den europäischen Warenverkehr insgesamt sollten wir keine weiteren Verzögerungen riskieren.“
Andreas Winhart: Eingeladen auf Vorschlag der AfD
Der AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Winhart aus Bad Aibling will der Deutschen Bahn ins Gewissen reden. Die Planungen der Bahn, „welche zahlreiche Vorschläge und Verbesserungen ungehört lassen“, seien im Hinblick auf eine befriedende Lösung für alle Beteiligten destruktiv. Daher will er dringend dazu auffordern, die Kernforderungen der Region zu beachten. Siehe Wildbarren: „Die Verknüpfungsstelle im bayerischen Inntal wurde von den Planern der Deutschen Bahn an der vermutlich ungünstigsten Stelle platziert, die man sich nur vorstellen kann.“ Nicht nachvollziehbar im Sinne des Lärm- und Sichtschutzes sei die überirdische Streckenführung im Ortsbereich Rohrdorf, findet der Landtagsabgeordnete. „Die Gemeinde Rohrdorf wird derzeit durch die Autobahn A8 zerschnitten und durch eine oberirdische Trassenführung möglicherweise zukünftig geviertelt.“
Landesrat René Zumtobel: Eingeladen auf Vorschlag der SPD
Argwöhnisch beäugt vom einen oder anderen Bürgermeister wird René Zumtobel, SPÖ-Verkehrsrat in Tirol. Kritisiert wird, dass Zumtobel als Tiroler am Mittwoch in einer deutschen Angelegenheit mitredet. Klar ist, wofür sich Zumtobel äußern wird: dass Deutschland bei den Planungen einen Zahn zulegt. Schließlich ist man in Tirol schon ziemlich weit.
Die Einladung in den deutschen Verkehrsausschuss gebe ihm die Möglichkeit, die Transitproblematik in Tirol persönlich den politischen Verantwortungsträgern in Berlin zu erläutern und sich für den schnellstmöglichen Bau des Brenner-Nordzulaufs einzusetzen, sagt Zumtonbel. „Die Zulaufstrecken sind für den Brenner Basistunnel notwendig, um eine effiziente Nutzung des weltweit längsten Eisenbahntunnels sicherzustellen, die Bevölkerung zu entlasten und unsere Verkehrs- und Klimaziele zu erreichen.“




