OVB exklusiv vor Anhörung Brenner-Nordzulauf
„Haben andere Vorstellungen“: Was der Verkehrsausschuss für Region Rosenheim tun soll
Was bringt es der Region Rosenheim, wenn in Berlin der Verkehrsausschuss tagt? Viel, wenn es um den Brenner-Nordzulauf geht. Die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig war selbst Mitglied im Ausschuss. Was sie mit der Anhörung am 16. Oktober erreichen will, sagt sie exklusiv dem OVB.
Rosenheim – Was bringt es der Region Rosenheim, wenn am Mittwoch, 16. Oktober, in Berlin der Verkehrsausschuss tagt? Viel, wenn es um den Brenner-Nordzulauf geht. Die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig hat die Anhörung des Ausschusses zusammen mit ihrem Fraktionskollegen Ulrich Lange initiiert. Diskutiert wird unter anderem über Kernforderungen der Region wie die unterirdische Verlegung der Verknüpfungsstelle im Inntal. Ludwig war von 2009 an selbst Mitglied im Verkehrsausschuss. Warum der Bundestag auf diese Anhörung angewiesen ist, und was sie mit der Anhörung am 16. Oktober erreichen will, sagte sie dem OVB im Exklusiv-Interview.
Sie waren selbst Mitglied im Verkehrsausschuss: Wie wichtig ist dieser Ausschuss?
Daniela Ludwig: Er ist definitiv wichtig. Das Thema Infrastruktur, zu Lande, zu Wasser, in der Luft, beeinflusst unser tägliches Leben massiv. Welche Straße wird gebaut, ist der Flieger pünktlich, wie sind die Bahnverbindungen? Ich meine, wir lesen täglich auch in Ihrer Zeitung, welch große Rolle der Verkehr im täglichen Leben der Menschen spielt. Und über viele Maßnahmen entscheidet tatsächlich der Verkehrsausschuss, nämlich über die Fragen, ob und wie sie durchgeführt werden. Die Frage der Finanzierung liegt beim Haushaltsausschuss. Aber die Modalitäten, die Inhalte solcher Projekte, müssen durch den Verkehrsausschuss. Dass er wichtig sein muss, sieht man auch daran, dass sich immer sehr viele Kollegen zu Beginn jeder Legislaturperiode um die Mitgliedschaft im Verkehrsausschuss bei ihren Fraktionen bewerben: Die Bewerberlage ist stets höher als die Zahl der Sitze, die es tatsächlich gibt.
Und wie qualifiziert man sich für einen Platz im Verkehrsausschuss?
Ludwig: Zum einen natürlich dadurch, dass man sagt, man habe ein übergeordnetes, größeres Interesse als andere an diesem Thema. Vielleicht kommt man sogar aus der Branche oder aber man hat einen Wahlkreis, in dem überregionale Verkehrsprojekte eine große Rolle spielen. Es sind einige Kollegen dabei, die infrastrukturell wichtige Regionen vertreten. Für mich galt das damals zum Beispiel unter anderem wegen der A8, der A93 und des Brenner-Nordzulaufs. Es gibt wenige Wahlkreise, die so viele verkehrliche Probleme in sich vereinen.
Das würde ich nicht bezweifeln.
Ludwig: Man muss jedenfalls nicht wirklich einen Bewerbungsbogen abgeben. Aber man muss ein besonderes Interesse an der Gesamtbranche haben und das auch artikulieren. Dazu gehören nicht nur die Themen Straße und Bahn, sondern auch alle Player in Sachen Verkehr, wie etwa Speditionen, Fluglinien, Häfen und so weiter. Und: Es muss einem klar sein, dass man dann sehr viel zu tun hat und sich stark einarbeiten muss. Es ist ein sehr vielseitiger Ausschuss.
33 Mitglieder sitzen in diesem Verkehrsausschuss. Wir haben lediglich vier Abgeordnete aus Bayern und überhaupt nur einen aus Oberbayern da drin. Wissen Parlamentarier aus Nordrhein-Westfalen oder Mecklenburg-Vorpommern überhaupt, worüber sie da genau beraten?
Ludwig: Ja. Und das wissen sie deswegen, weil vor einer Ausschusssitzung die Beratung in den Fraktionen steht, in den sogenannten Arbeitsgruppen – in unserem Fall die Arbeitsgruppe Verkehr. Das ist in der CDU/CSU-Fraktion, aber auch in allen anderen Fraktionen gleich aufgebaut. Die Arbeitsgruppen bestehen nur aus den jeweiligen Fachpolitikern. In diesem Fall also die Verkehrspolitiker. Beraten werden darin die Punkte, die im Ausschuss drankommen, aber auch weit darüber hinaus. Und für jeden Tagesordnungspunkt, für jedes Thema, in unserem Fall für das Thema Bahn, gibt es einen sogenannten Berichterstatter. Das ist ein Abgeordneter, der sich dann ausschließlich um Themen der Bahn kümmert. Bei uns ist das der Kollege Michael Dohnt, der die Anhörung auch bestreiten wird. Der informiert seine Arbeitsgruppe darüber, was auf sie zukommt, wie die Lage vor Ort ist, wie die Gegenmeinungen sind. Und wenn er in seiner eigenen Arbeitsgruppe das Thema von allen Seiten beleuchtet und die Kollegen informiert hat, können die Mitglieder der Arbeitsgruppe Nachfragen stellen. Erst dann geht das Ganze in den Ausschuss.
Viel Verantwortung für die Berichterstatter.
Ludwig: Ja. Es ist klar, dass der Bundestag ein arbeitsteiliges Parlament ist. Es kann nicht jeder über alles Bescheid wissen. Das muss man ehrlich sagen. Also haben wir Kollegen, die sich zum Beispiel nur um Bahnthemen kümmern. Dann haben wir die Kollegen, die machen nur Luftfahrt. Und so weiter. Das ist sinnvoll, weil man sich dann besser einlesen kann. Die anderen Kollegen müssen einem dann aber auch vertrauen, dass man sich richtig informiert. In den allermeisten Fällen klappt das ziemlich gut.
Was konkret kann der Verkehrsausschuss bewirken?
Ludwig: Brechen wir das auf unseren Fall runter: Er kann konkret an die Planungen herangehen, nach einer Anhörung, in der ganz unterschiedliche Haltungen zum Ausdruck gekommen sind. Und er kann seinen Eindruck schildern, dass an der einen oder anderen Stelle noch alternativer Planungsbedarf bestehen könnte. Das müsste in diesem Fall natürlich in erster Linie von den Regierungsfraktionen ausgehen, weil die im Moment das Wort haben und auch die Mehrheit zu entscheiden. Wir als Opposition können nur anregen. Wir wünschen uns, dass wir die Chance bekommen, dass unsere Vorschläge nochmals geprüft werden, und dass man sie nicht abtut mit dem Argument: „Ist nicht Bestandteil des Planungsauftrags“. Wir möchten, dass das Thema parlamentarisch intensiver behandelt wird. Und dass sich das Parlament vor Augen führt, was so ein großes europäisches Projekt einer Region zumutet.
Sehen Sie schon einen Trend?
Ludwig: Ich gehe davon aus, dass die Kollegen in den Ampelfraktionen sich zunächst informieren lassen, was geplant ist und warum. Das ist völlig in Ordnung, das hätten wir übrigens auch genauso gemacht. Aber da wollen wir ansetzen: Wir sind schließlich nicht die Totalblockierer, aber wir haben andere Vorstellungen als das, was auf dem Tisch liegt. Deswegen haben wir die Anhörung angestrebt, weil wir uns eine Sensibilisierung erhoffen. Dazu gehört, dass man sich die Betroffenheit einer Region klarmacht, übrigens nicht nur im Landkreis Rosenheim, sondern auch in Ebersberg. Wir sagen: Wenn ihr über so ein großes Infrastrukturprojekt im Bundestag abstimmt, dann müsst ihr vorher alle Seiten gehört haben.