Bürgerinitiativen machen mobil
Vereint gegen Brenner-Nordzulauf: Wie „Langsam“ das neue „Schnell“ werden soll
Vereint streitet es sich besser mit großen Gegnern: Gemeinsam mit über 50 Bürgerinitiativen nimmt der Brenner-Dialog die Bahn ins Visier. Und damit natürlich den Brenner-Nordzulauf. Wie „Langsam“ nun das neue „Schnell“ werden soll.
Rosenheim – In das breit aufgestellte „Aktionsbündnis Bahn Bürgerinitiativen Deutschland (ABBD)“ haben sich über 50 Gruppen aus ganz Deutschland eingereiht. Von der BI Auto-Bahn-Trasse Lahr über die Wiesengrundfreunde Erlangen, die Gruppe UNSYNN aus Bispingen und VeSUW aus Lübeck bis hin zu acht Gruppen ganz im Süden: Brennerdialog Rosenheimer Land aus Riedering, BI Großkarolinenfeld, BI Schechen und BI Tuntenhausen, BIB Bürgerinteressen Rohrdorf sowie den einzelnen Ortsinitiativen des Bürgerforums Inntal aus Neubeuern, Raubling und Brannenburg-Flintsbach.
Ob sie aus dem Norden kommen oder aus dem tiefsten Süden: Die Initiativen haben die grundsätzliche Stoßrichtung gemeinsam. „Wir sind für die Bahn“, sagt Lothar Thaler, Sprecher vom Brennerdialog Rosenheimer Land. „Wir sind aber auch für den Wechsel in der Chefetage der Bahn und gegen Geldverschwendung.“
Es handle sich um Bürgerinitiativen und Vereine aus ganz Deutschland, die sich zu unterschiedlichen Bahnthemen engagieren, heißt es seitens des Aktionsbündnisses. „Diese Einigkeit ist ein absolutes Novum.“ Aktuell stellen sie einen Antrag auf Überarbeitung des Deutschlandtakts und des 3. Zielfahrplans.
Brenner-Nordzulauf: Zu teuer für leere Kassen
Was das Aktionsbündnis nunmehr an den Bundestag geschickt hat, ist ein Antrag zum Deutschlandtakt und der Weiterentwicklung des Zielfahrplans – also für eine engere Taktung mit zuverlässigeren, pünktlichen Verbindungen. Es geht also auf den ersten Blick gar nicht direkt um den Brenner-Nordzulauf. Doch hätte Lothar Thaler kaum seine Unterschrift unter den Antrag gesetzt, wenn nicht eben der teure Nordzulauf aus seiner Sicht die Bahn aus dem Takt bringen würde.
Das Mammut-Projekt einer Neubautrasse durch die Region Rosenheim, so führen Thaler und seine Mitstreiter an, stehe Investitionen in die Infrastruktur im Wege. So schlucke der Nordzulauf einfach zu viel Geld. „Der immense Investitionsbedarf für den Schienenverkehr stellt die Gesellschaft für Jahrzehnte vor unlösbare finanzpolitische Aufgaben“, stellt auch das Aktionsbündnis insgesamt fest. Das könnten weder das Bundesverkehrsministerium vor allem das Finanzministerium, noch Verkehrsausschuss und Haushaltsausschuss ignorieren. „Wir vom ABBD fordern, den Dialog mit den Verantwortlichen in den Ministerien im Sinne eines zuverlässigen und realistischen Deutschlandtakts zu führen.“
Leidet unterm Nordzulauf die Pünktlichkeit?
Nur gemeinsam, mit der Beteiligung aller Interessengruppen, werde es gelingen, eine „klimafreundliche Bahn mit mehr Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Erfolg“ aufs Gleis zu setzen, heißt es beim ABBD. Mit dem Brenner-Nordzulauf sei das nicht zu vereinbaren, betont Thaler, weder Klimafreundlichkeit noch Pünktlichkeit. Und zwar gerade wegen der Hochgeschwindigkeitstaglichkeit der Trasse: Die neuen Gleise sind auf 230 Stundenkilometer ausgelegt. Ein Tempo für wenige Züge, das die Mehrheit der langsameren Züge immer wieder einbremse. „Die paar schnellen Züge bringen weniger, als wenn alle langsamer fahren“, sagt Thaler, „eine engere Taktung setzt weniger Tempo voraus.“ Man könnte auch sagen: „Langsam“ ist das neue „schnell“. Und auf eine Neubautrasse könne man dann ohenhin verzichten.
Antrag kurz vor der Anhörung im Ausschuss
Der Antrag des Aktionsbündnisses kommt sicher nicht zufällig im Spätsommer. Nur noch wenige Wochen, dann befasst sich der Verkehrsausschuss mit einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion. Der Termin steht nunmehr fest, am 16. Oktober befasst sich der Verkehrsausschuss in Berlin mit dem Antrag (11 Uhr). Was die Union will: Der Bundestag solle der Regierung auftragen, Kernforderungen der Region Rosenheim in die Planung aufzunehmen. Am wichtigsten aus der Sicht der Region wäre wohl die Untertunnelung des Inns auch vor Stephanskirchen und das Verschwinden der Verknüpfungsstelle aus dem Inntal.
Thaler setzt Hoffnung auf Verkehrsausschuss
Was der Ausschuss für die Region leisten kann? Aus Sicht von Lothar Thaler einiges. „Den Neubau aus dem vordringlichen Bedarf zu bringen, traue ich ihm schon zu.“ Und vielleicht nehme der Ausschuss ja auch die Alternativen der Bürgerinitiativen auf, um sie dem Bundestag zu empfehlen. Etwa dem Ausbau der ASB 38 von München über Mühldorf nach Freilassing zur Entlastung der Inntal-Strecke.
Ob es ihn im Oktober nach Berlin zieht? Zur Anhörung? „Daniela Ludwig wird schon Unterstützung brauchen“, meint er. Schließlich habe die CSU-Bundestagabgeordnete ja von der Bundesregierung gefordert, auf die Bürgerinitiativen einzugehen. Es spreche also nichts dagegen, die Reise nach Berlin zu unternehmen.