Pausenlos im Einsatz
Bangen und Hoffen: So war die Hochwassernacht in Wasserburg – Warum der Einsatz weitergeht
Durchatmen in Wasserburg: Vorerst ist die Gefahr eines Hochwassers mit Überflutung der Altstadt gebannt. So haben die Einsatzkräfte die Nacht erlebt. So sind die Aussichten. Können sich die Bürger nun entspannen?
Wasserburg – Für die Wasserburger war es gefühlt eine Beinah-Katastrophe, doch Feuerwehr-Kommandant Timo Paul als Einsatzleiter und Bürgermeister Michael Kölbl beruhigen: Zu keiner Zeit habe in der Nacht von Montag, 28. August, auf Dienstag, 29. August, eine Gefahr für Menschen oder Anwesen in Wasserburg bestanden.
Trotzdem: Es waren ereignisreiche Stunden, die noch immer nachwirken: Denn für Dienstagmittag, 29. August, wird noch einmal ein Piek beim Wasserstand auf dem Inn erwartet. Die Stadt schließt nach entsprechenden Informationen aus dem Landratsamt Rosenheim nicht aus, dass erneut die Meldestufe 3 erreicht wird. Das bedeutet: Der Inn würde auf 5,50 Meter ansteigen. Meldestufe 4 – Pegel von 6 Metern – wurde in der Nacht nicht erreicht, die Prognosen des Hochwassernachrichtendienstes hatten diese Eskalation nicht ausgeschlossen.
Deshalb war die Feuerwehr Wasserburg auch pausenlos im Einsatz ab dem späten Montagnachmittag, 28. August. Nach der Alarmierung waren bis zu 30 Einsatzkräfte in Aktion, teilt der Kommandant mit. Die Frauen und Männer bewachten den Deich, beobachteten die Pegel, sperrten nachts außerdem die Rote Brücke und leuchteten sie aus, damit der Bagger der Straßenmeisterei des Staatlichen Bauamts Schwemmholz aus dem Inn bergen konnte. Ganz Baumstämme wurden gegen Mitternacht angespült und drohten, sich an den Pfeilern zu verkeilen. Das Wasser hätte sich dann gefährlich aufgestaut.
Eindrücke aus der Hochwassernacht in Wasserburg




So kam es nicht, doch Uferwege wurden überspült und es kam zu zahlreichen Ausschwemmungen. Die Schaulustigen versammelten sich auf der Innbrücke. Die Absperrungen am Deich wurden diesmal zur Freude der Einsatzleitung kaum missachtet. Paul macht auch den Dauerregen und die Tatsache, dass sich die dramatischsten Ereignisse nach Mitternacht abspielten, dafür verantwortlich, dass die Einsatzkräfte diesmal keinen Ärger mit Gaffern hatten.
Wie unberechenbar der Inn bei Starkregen sein kann, zeigte sich ebenfalls in der Nacht. Die Prognosen für den höchsten Piek bei über 6 Metern wurden von den Wetterexperten und vom Hochwassernachrichtendienst immer weiter nach hinten geschoben. Bereits tagsüber war es mehrfach plötzlich zum Pegelanstieg gekommen. „Wir konnten uns niemals sicher sein“, sagt der Kommandant. Um 23 Uhr wurde Meldestufe 3 überschritten, der Scheitelpunkt für 3 Uhr angekündigt. Die Kommandantur verlängert den Einsatz deshalb weiter – bis in den frühen Morgenstunden endlich davon ausgegangen werden konnte, dass der Pegel konstant fällt.
Doch die Lage bleibt angespannt, betont Paul. Meldestufe 4 werde zwar nicht mehr erwartet, Stufe 3 könne jedoch eintreten. Deshalb ist der Einsatz noch nicht vorbei. „Wir werden die Situation sogar noch ein paar Tage beobachten müssen“, prognostiziert der Einsatzleiter. Doch: „Die große Sorge ist vorbei.“
Gut so, denn die Feuerwehr Wasserburg wird 2023 bereits jetzt als eines der schwierigsten Jahre in der Historie vermerken. Nicht nur, weil es so viele Einsätze gab, sondern auch, weil viele so herausfordernd waren. Ein Großbrand und eine Hochwassergefahrenlage innerhalb weniger Wochen, das gibt es selten.
Menschen und Anwesen nie gefährdet
Eine unruhige Nacht hatte auch Bürgermeister Michael Kölbl. Trotz sorgenvoller Stunden hält er jedoch fest: „Die Situation war nie so, dass Menschen oder Häuser gefährdet waren.“ Sein Dank gilt allen Einsatzkräften von Feuerwehr, Wasserwacht, Rettungsdiensten, Stadtverwaltung mit Ordnungsamt und Bauhof sowie Stadtwerken, Polizei, Innkraftwerken und Staatlichem Bauamt. Die Zusammenarbeit habe reibungslos funktioniert. Auch dank des Hochwasser-Einsatzplanes der Stadt, der nach dem Jahrhundertereignis 2005 aufgestellt worden war. Das Konzept mit konkreten Handlungsanweisungen, wer wann was zu tun hat und welche Maßnahmen bei welcher Meldestufe greifen, habe sich erneut bewährt, so Kölbl. „Mittlerweile ist das Routine. Der Plan wird konzentriert und haargenau abgearbeitet. Jeder weiß, was er zu tun hat.“
Zwei gefährliche Monate im Jahr
Bewährt hat sich nach Kölbls Angaben auch das jährliche Hochwasser-Treffen aller Verantwortlichen. Spätestens im Mai kommen sie zusammen, um vor der beginnenden Hochwassersaison die Abläufe noch einmal durchzugehen oder den Einsatzplan zu aktualisieren. Gefährlich kann die Lage in Wasserburg an zwei Punkten im Jahresablauf werden: rund um Pfingsten, wenn die Schneeschmelze größere Wassermassen liefert und es dazu noch viel regnet, außerdem im August, ein Monat, der laut Stadtverwaltung regelmäßig durch Dauerregen-Phase Sorgen bereitet. So auch heuer wieder.

