Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Geriatrie als Schwerpunkt an der Romed-Klinik Bad Aibling

Spitzenmediziner spricht Klartext: So haben Sie die besten Chancen, das Alter zu genießen

Chefarzt Andreas Aresin und sein Team kümmern sich im Bad Aibling um Patienten mit altersbedingten Beschwerden.
+
Bewegung und Alter: Chefarzt Andreas Aresin und sein Team kümmern sich in der Romed-Klinik in Bad Aibling um Patienten mit altersbedingten Beschwerden.

Was kann man tun, um die Aussichten auf ein erfülltes Alter zu verbessern? Wie kann die Medizin dabei helfen? Sind Gesundheitsminister Lauterbachs Reformpläne eine Gefahr für den neuen Geriatrie-Schwerpunkt in Bad Aibling? Chefarzt Andreas Aresin spricht im OVB-Interview Klartext.

Bad Aibling – Gute medizinische Versorgung ist das eine. Aber man kann auch selbst etwas für ein erfülltes Leben im Alter tun. Wie sich der Romed-Verbund auf die Errungenschaften des medizinischen Fortschritts, aber auch auf die Anforderungen einer alternden Gesellschaft einstellt, das erklärt der Bad Aiblinger Romed-Chefarzt Andreas Aresin im OVB-Interview. Und er sagt, was für eine Rolle Familie und Bewegung beim Altern spielen können.

Machen Ihnen die Reform- und Einsparpläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach Sorgen?

Andreas Aresin: So wie die Reformpläne zuletzt wieder entschärft wurden, glaube ich, dass wir unsere Gestaltungsmöglichkeit regional bewahren können. Der Ansatz müsste lauten: Was ist regional wichtig, was muss angeboten werden, was für ein Gesundheitswesen haben wir, wie muss sich das weiterentwickeln? Eine zielführende Hauruck-Sanierung kann ich mir nicht vorstellen.

Auch nicht für Bad Aibling?

Aresin: Nein. Für Bad Aibling sehe ich im Klinikverbund eine gute Zukunft. Eine enge Zusammenarbeit im Verbund sehe ich als wesentlichen Erfolgsfaktor. Da kann ein Haus aushelfen, wenn sich woanders Lücken auftun. So wie wir das während Corona gesehen haben. So lange wir mehrere Standorte haben, haben wir eine gewisse Garantie, dass der Verbund mit allen Zukunftsaufgaben zurechtkommt.

Die Bevölkerung wird immer älter. Das wird Bad Aibling innerhalb des Verbunds vielleicht sogar noch wichtiger machen.

Aresin: Unsere Aufgabe im Klinikverbund sehe ich auch in der Aus- und Weiterbildung entsprechend geriatrisch ausgebildeter Kollegen, weil wir über die nächsten Jahre zusätzliche entsprechend qualifizierte Kollegen brauchen werden. Eine interdisziplinäre Herangehensweise wird wichtiger, zum Beispiel in der Unfallchirurgie durch eine geriatrische Mitbetreuung. Wir wollen ein geriatrisches Netz für den gesamten Verbund aufbauen. In Bad Aibling selbst werden überdies die Patienten betreut werden, die im Rahmen ihrer akuten Erkrankung eine geriatrische Mitbetreuung benötigen. Dafür ist das gesamte geriatrische Team erforderlich, also mehr Personal als bei einer klassischen Krankenhausbehandlung.

Mehr Personal – das heißt mehr Kosten?

Aresin: Ziel ist es, die körperlichen und geistigen Kräfte wiederherzustellen, damit die Patienten einen möglichst hohen Grad an Lebensqualität und Selbstständigkeit wiedererlangen, um möglichst lange im vertrauten Umfeld bleiben zu können. Die Krankenhausbehandlung wird in einigen Fällen sicher teurer, in anderen Fällen dafür kürzer und Begleiterkrankungen werden früher behandelt, was in diesen Fällen dann Kostenersparnis bedeuten kann. Die für mich interessanten Fragen lauten: Wird der Sozialstaat durch geriatrische Betreuung eher ent- oder eher belastet? Können Pflegekosten reduziert werden?

Sonst würde Karl Lauterbach nicht so straffen wollen.

Aresin: Ja, aber es dürfen nicht nur die Kosten Berücksichtigung finden, sondern auch die Reduzierung von Komplikationen und Sterblichkeit, wenn diese durch geriatrische Mitbehandlungen bei bestimmten Krankheiten signifikant sinken. Schaffen wir es, durch die begleitende Behandlung Komplikationen und Sterblichkeit zu senken? Das ist das Ziel, das wir als Ärzte anstreben müssen. 

Erklären Sie doch bitte, warum Alterstraumatologie zunehmend wichtig wird.

Aresin: Ältere Patienten haben als Zeichen ihres biologischen Alters eine zunehmende Schwäche und Unsicherheit, die sich auch in einer wachsenden Zahl von Stürzen äußert. Typischerweise ziehen Stürze, die wir im mittleren Alter ohne Probleme wegstecken, dann auch schwerere Folgen nach sich. Da holt man sich dann keine Prellung, man bricht sich den Oberschenkelknochen. Die Reflexe sind langsamer, das Gleichgewichtsgefühl ist nicht mehr so gut, die Nerven gealtert, die Muskulatur geschwächt - da wird aus einem Stolpern schnell ein Sturz, den ein Jüngerer vermeiden kann. Mit der Altersentwicklung unserer Gesellschaft müssen wir uns auf mehr Stürze im Alter einstellen.

Ab wann ist man alt genug für Sie?

Aresin: Wir alle kennen Menschen, die unterschiedlich gealtert sind. Die einen sind mit 80 fit und aktiv und stehen im Leben, stecken eine akute Erkrankung gut weg. Es gibt aber auch 65-Jährige, die aufgrund chronischer Erkrankungen so geschwächt sind, dass sie dieselben Probleme haben wie Hochaltrige über 80. Wir schauen gar nicht so sehr auf das Alter, eher auf die Begleitumstände.  Die können schon mal ab 65 vorliegen. Einfacher fällt die Entscheidung bei über 80 Jahren. Da ist tatsächlich eine altersbedingte Verletzlichkeit anzunehmen. Über 80 sind die Verläufe langwieriger, man stellt oft bis dahin nicht auffällige chronische Erkrankungen fest. Wir schauen, wie fit jemand war, bevor er ins Krankenhaus kam. Konnten sich die Patienten noch selber versorgen, oder hatten sie pflegerische Unterstützung? Gibt es kognitive Einschränkungen, häufige Stürze, Schwindel, chronische Schmerzen? Das alles klären wir in unserem Assessment.

Was verstehen Sie darunter?

Aresin: Die standardisierte Erfassung von Fähigkeiten und Beeinträchtigungen als Grundlage eines therapeutisch-rehabilitativen Gesamtkonzeptes. Danach entscheiden wir, ob wir die Patienten intensiv geriatrisch mit betreuen.

Die Medizin macht gewaltige Fortschritte. Worauf richten sich Ihre Hoffnungen?

Aresin: Eine Behandlung kognitiver Einschränkungen, von Demenzerkrankungen vor allem. Da ist die Entwicklung zuletzt weiter vorangeschritten. Wie sich das auf das Gesundheitswesen in zehn Jahren auswirken wird, müssen wir abwarten. Man kann das vielleicht vergleichen mit der Entwicklung bei der Versorgung akuter Herzinfarkte. Als man früher nicht schnell mit einem Herzkatheter behandelt wurde, starben mehr Menschen an dieser Erkrankung. Mittlerweile kann sie gut behandelt werden. Einen ähnlichen Effekt werden wir womöglich durch die bessere Behandlung kognitiver Erkrankungen haben. Wenn der Patient vergisst zu essen, zu trinken, wenn die Körperhygiene leidet – dann baut der Gesundheitszustand fast zwangsläufig weiter ab. Das führt dann irgendwann zum Tod. Bleibt die Kognition erhalten, dann sterben weniger an den Folgen einer Demenz. 

Wie alt kann der Mensch überhaupt werden?

Aresin: Man liest ja immer wieder von 110- und 115-Jährigen, selten von Menschen mit 120 Jahren. Die Frage die sich mir stellt, hängt mit der Bevölkerungsentwicklung und mit den noch verfügbaren Personalressourcen zusammen: Werde ich überhaupt noch so alt wie die Menschen, die momentan 80, 90 sind? Für uns ist nicht absehbar, wie sich das Gesundheitswesen vor dem Hintergrund der Ressourcenknappheit weiterentwickelt.

Sie sind 42 Jahre alt und sehen so viele Erkrankungen. Haben Sie Lust, alt zu werden?

Aresin: Ja, schon. Dadurch, dass ich viel mit älteren Menschen zu tun habe, sehe ich auch viele, die auch im Alter ein erfülltes Leben haben. Es scheint auch Einstellungssache zu sein, ob man glücklich altert, abhängig von der individuellen Einstellung zum Altern und zum Leben. Jemand, der ein familiäres Umfeld hat, der seine Enkelkinder betreut oder eine Aufgabe hat, gerne auch im Ehrenamt, der nimmt  Alter nicht in der Schwere wahr wie jemand, der isoliert ist und sich ohne Aufgabe fühlt.

Und wie wichtig ist Sport?

Aresin: Sport ist für mich ein wichtiger Baustein für ein möglichst lange selbst bestimmtes und gesundes Leben. Den Stellenwert haben zum Beispiel die Krankenversicherungsträger schon sehr gut auf dem Schirm. Sie raten zu Sport in allen Altersgruppen. Dabei gilt wie überall, dass manches im üblichen Rahmen gesund ist. Und wenn es übertrieben wird, kann es auch schade.

Kommentare