Minister blitzt mit „Level“-Vorschlag ab
Widerstand gegen Lauterbachs Krankenhausreform: „Wir werden massiv protestieren“
„Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind.“ Noch kann Karl Lauterbach nicht alle Länder von seiner Reform überzeugen – allen voran ein Punkt spaltet.
Berlin – Als Karl Lauterbach am 1. Juni vor die Presse trat, schien zunächst alles in Ordnung. Der Gesundheitsminister habe eine „sehr erfolgreiche Sitzung“ mit seinen Länderkollegen erlebt. Man müsse „vorsichtig sein, dass man hier nicht mit Superlativen arbeitet“, doch seinem Megaprojekt Krankenhausreform sei man näher gekommen. Zu 90 Prozent seien sich Bund und Länder bei den umstrittenen Plänen einig, betonte der Minister: „Ein Durchbruch.“ Doch ganz so einig waren sich Bund und Länder dann doch nicht.
Lauterbach blitzt mit Vorschlag bei Ländern ab: „Werden sehen, wer sich durchsetzt“
Größter Streitpunkt sind die sogenannten „Level“. Geht es nach Lauterbach, sollen Krankenhäuser in drei Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden. So soll es Kliniken zur Grundversorgung geben – zum Beispiel für grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle. Andere Häuser sollen sich um die „Regel- und Schwerpunktversorgung“ kümmern. Unikliniken sollen einer dritten Gruppe zugeordnet werden, den Kliniken für die „Maximalversorgung“.
Viele Länder sind hier noch skeptisch, allen voran der regelmäßig gegen Lauterbach stichelnde bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). „Die Level sind für das Gelingen der Krankenhausreform nicht notwendig und verfassungsrechtlich höchst problematisch und lassen befürchten, dass daran mittelfristig weitere Restriktionen für die Kliniken verbunden werden sollen“, sagte Holetschek. In der CSU befürchtet man, dass durch die Level-Einteilung ländliche Krankenhäuser schließen müssen und die Menschen auf dem Land länger zum nächsten Krankenhaus brauchen werden.
Ähnlich sieht es der Chef der Gesundheitsministerkonferenz, Manfred Lucha (Grüne). „Bei den Leveln werden wir keine Freunde“, meinte Baden-Württembergs Gesundheitsminister, blickte zu Lauterbach und grinste. „Wer sich da durchsetzt, werden wir sehen.“ „We agree to disagree“, sagte Lauterbach später. Man sei sich einig, dass man sich nicht einig sei.
Lauterbachs Zeitplan zum neuen Gesetz
Lauterbach skizzierte nach den Beratungen am Donnerstag einen Zeitplan für die Reform: Noch vor der Sommerpause sollten die Eckpunkte für die Reform vorgelegt werden. Über den Sommer dann sollten Bund, Länder und Fraktionen einen Gesetzentwurf ausarbeiten. Ziel sei es, die Reform zum 1. Januar 2024 in Kraft zu setzen.
Widerstand gegen Lauterbachs Krankenhausreform: „Wir werden massiv protestieren“
Für die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) waren die Gespräche am 1. Juni – anders als für Lauterbach – noch kein Durchbruch. „Wichtige Details bleiben noch völlig unklar“, zitierte die dpa die BKG-Vorsitzende Tamara Bischof. Beispielsweise sei noch keine Lösung gefunden worden, wie die hohen Inflationsraten ausgeglichen werden könnten. Nach BKG-Auswertungen schreiben neun von zehn Krankenhäusern Defizite.
„Wir werden in den nächsten Wochen massiv protestieren, denn ohne verlässlichen Inflationsausgleich können wir die Versorgung der Bevölkerung nicht verlässlich aufrechterhalten“, sagte Bischof. „Eine künftige Krankenhausreform, die ihre Wirkung erst in den nächsten Jahren entfaltet, hilft den Kliniken in dieser Notlage überhaupt nicht.“ Die Level-Einteilung sieht auch die BKG kritisch. Diese sei „weder für die künftige Krankenhausplanung noch für die geplante Vorhaltefinanzierung nötig“ – und außerdem „ungeeignet für eine höhere Qualitäts- und Leistungstransparenz“. (Andreas Schmid)