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Vor Tag 33 am Landgericht Traunstein

„Muss man sich auf der Zunge zergehen lassen“: Was Anwältin Rick im Hanna-Prozess empört

Links im Bild: Der Angeklagte Sebastian T. an Tag 32 auf dem Weg zum Landgericht. Die Verteidigung (rechts im Bild: Pflichtverteidiger Harald Baumgärtl und Verteidigerin Regina Rick) rechnet offenbar nicht mehr mit einer langen Prozessdauer.
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Links im Bild: Der Angeklagte Sebastian T. an Tag 32 auf dem Weg zum Landgericht. Die Verteidigung (rechts im Bild: Pflichtverteidiger Harald Baumgärtl und Verteidigerin Regina Rick) rechnet offenbar nicht mehr mit einer langen Prozessdauer.

Der Mordprozess um den gewaltsamen Tod von Hanna W. in Aschau geht am Dienstag (5. März) in den 33. Verhandlungstag – und offenbar seinem Ende entgegen. Was derweil die Verteidigung erbost. Und was am Dienstag auf dem Programm steht.

Aschau/Traunstein – Der Prozess um den mutmaßlichen Mord an Hanna W. in Aschau scheint dem Ende zuzugehen, die Streitigkeiten aber halten an. Verteidigerin Regina Rick machte vor dem 33. Verhandlungstag ihrem Unmut Luft – wegen einer Strafanzeige der Nebenkläger, aber auch wegen einer Ansage aus dem Polizeipräsidium Oberbayern Süd.

Dessen Chef Manfred Hauser hatte kurz nach Regina Ricks Eintritt in den Mordprozess um den gewaltsamen Tod von Hanna W. in Aschau Ungewöhnliches erwogen. Es war Mitte November, als Regina Rick feststellte, dass in dem Skandal-Fall um den unschuldig verurteilten Manfred Genditzki wie auch im Fall Hanna eine gewisse Beamtin als Ermittlerin eingebunden war. Rick hatte bundesweit Schlagzeilen geschrieben, als sie für Genditzki bei der Wiederaufnahme des Mordprozesses einen Freispruch erreichte.

Verteidigerin kritisiert Polizeipräsidium Oberbayern Süd

Im Fall Genditzkis, der wegen des angeblichen Mordes an einer alten Frau unschuldig 13 Jahre im Gefängnis saß, habe die besagte Beamtin des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd die Ermittlungen überhaupt erst in Richtung Mord gelenkt, sagte Rick. Dass sie auch im Fall Hanna habe ermitteln dürfen, sei „unfassbar“.

Hauser hatte daraufhin wohl intern informiert, dass er rechtliche Schritte gegen Rick erwäge. Das hat Stefan Sonntag als Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd dem OVB bestätigt. „Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, dass ein Polizeipräsident während eines laufenden Verfahrens einem Organ der Rechtspflege rechtliche Schritte androht“, sagte Rick gegenüber dem OVB.

Das Landgericht Traunstein drückt aufs Tempo

Das Gericht macht Tempo, so viel wurde an Tag 32, dem ersten nach dem Befangenheitsantrag der Verteidigung, klar. Da wäre die Begründung, warum die Erste Jugendkammer des Landgerichts Traunstein den Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen Richterin Jacqueline Aßbichler und zwei ihrer Kollegen ablehnte; über ein Dutzend Seiten, deren Verlesung das Gericht dem Auditorium ersparte. Stattdessen wurden die Unterlagen den Prozessbeteiligten im so genannten Selbstleseverfahren zugänglich gemacht.

Danach wurden drei Beweisanträge der Verteidigung abgelehnt, kühl und akribisch, wie es aussah – jedenfalls nachvollziehbar. Beispiel Antrag Nr. 12: Der hatte darin bestanden, nochmals bei Google nachzufragen, ob die Youtube-App auf dem Handy des Angeklagten Sebastian T. am mutmaßlichen Tatmorgen nicht um die Zeit von Hannas Tod herum bedient worden sei. Zu beweisen ist nach Ansicht des Gerichts damit aber nichts: Auch Google könne nicht wissen, wer das Handy bedient habe. Auf Sebastian T.s Gerät hatten auch Mitglieder der Familie Benutzerkonten eingerichtet.

Verteidigung hat offenbar keine Anträge mehr auf Lager

Über sieben Beweisanträge der Verteidigung dürfte am Dienstag, 5. März, die Entscheidung verkündet werden. Offenbar glaubt die Verteidigung nicht, dass dabei noch etwas für sie herauskommt. Auch der Beweisantrag auf Versuche mit Mobiltelefonen, die in Wasser geworfen werden, um festzustellen, wie schnell da die Temperatur des Handys absinkt, war schließlich abgelehnt worden. „Wenn die den Thermodynamiker nicht anhören wollen, dann hören die doch gar keinen Gutachter mehr“, schimpfte Regina Rick über das Gericht.

Keine Gutachter mehr? Damit würde der Prozess nun auf die letzten Meter gelangen. Neue Beweisanträge hat die Verteidigung offenbar nicht mehr auf Lager. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehen wir nicht davon aus, dass noch weitere Anträge kommen“, sagte Pflichtverteidiger Harald Baumgärtl.

Hanna-Prozess: Verteidigung peilt Revision an

Klingt fast so, als setzte die Verteidigung ohnehin gleich auf die nächste Instanz – die Revision vorm Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Dass das Gericht das Befangenheitsgesuch abgelehnt habe, sei zu akzeptieren, sagte Rick. „Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der BGH diese Traunsteiner Rechtsauffassung nicht teilen wird.“

Walter Holderle spricht von juristischen Scharmützeln

Die Verteidigung peilt eine Fortsetzung in Karlsruhe an. Das vermutet offenbar auch Walter Holderle, Anwalt von Hannas Eltern. Für die Eltern seien diese „juristischen Scharmützel“ extrem belastend. „Auf der anderen Seite mussten jetzt tatsächlich Grenzen aufgezeigt werden“, begründet Holderle seine Strafanzeige. „Wenn man sich anschaut, mit welcher Akribie und Präzision das Gericht arbeiten, wenn man dem gegenüberstellt, welche Qualität die Beweisanträge haben - das ist diametral unterschiedlich.“ Dem müsse man Einhalt gebieten.

Abgesehen davon gilt eine Mehrheit der Beweisanträge seiner Meinung nach ohnehin nicht der Aufklärung; sie würden gestellt in der Erwartung, dass sie abgelehnt werden – „um daraus prozesstaktisch irgendwelche Vorteile ziehen zu können“.

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