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Verzwickte Lage zwischen Stadt und Betrieb

„Appell an Menschlichkeit“ trifft „geltendes Recht“: Was passiert mit gestrandetem Zirkus in Bad Aibling?

Zirkus-Direktorin Tanjela Sperlich blickt verzweifelt auf die aktuelle Situation in Bad Aibling.
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Zirkus-Direktorin Tanjela Sperlich blickt verzweifelt auf die aktuelle Situation in Bad Aibling.

Vor rund zwei Monaten ist der Zirkus Sperlich im Bad Aiblinger Sportpark gestrandet. Während sich der Familienbetrieb eine kostenfreie Nutzung des Notquartiers wünscht, muss die Stadt aus diversen Gründen Gebühren verlangen. Ein auswegloser Konflikt?

Bad Aibling – Seit Wochen ist der Zirkus in der Stadt. Doch was nach Spaß, Unterhaltung und leuchtenden Kinderaugen klingt, ist in Wahrheit eine traurige Geschichte, die Konfliktpotenzial bereithält. Denn wie berichtet, ist der Familienzirkus Sperlich aus Nordrhein-Westfalen vorübergehend auf dem Gelände des Mietrachinger Sportparks gestrandet und hat dort seit Ende November ein Notquartier aufgeschlagen. Dort weilt die Zirkusfamilie bis heute. Und beim Blick hinter die Kulissen wird klar, dass die Situation mehr als verzwickt ist. Doch was steckt dahinter und wie kann es für die Gestrandeten und die Stadt in dieser Lage weitergehen?

Klar ist: Die vergangenen Monate verliefen für den Zirkus ganz anders als geplant, was die Familie laut eigener Aussage in große finanzielle Schwierigkeiten gebracht hatte. So sei die Saison 2024 generell nicht gut gelaufen und als man Ende November nach Stationen in Österreich in Bad Aibling an der Grassingerstraße gastierte, wurde die Situation noch schlimmer. Aufgrund der schlechten Witterung und den daraus resultierenden Platzverhältnissen musste die dort geplante zehntägige Serie bereits nach der Hälfte abgebrochen werden. Auch für den stets im Dezember geplanten, mehrwöchigen Weihnachtszirkus in Penzberg habe man eine kurzfristige Absage erhalten.

Sperlich: „Leben von Hand in den Mund“

Diese beiden „gravierenden Ausfälle brechen uns das Genick“, erklärte die Zirkus-Direktorin Tanjela Sperlich nun erneut gegenüber dem OVB. Denn während zuletzt wichtige Einnahmen fehlten, fallen jetzt erhebliche Kosten an, wie Sperlich betont. Etwa die Ausgaben für die Tiere, zu denen Friesenpferde, Kamele, Lamas, Ziegen, Hunde, Esel und Ponys zählen. Oder auch die Energiekosten für die Wohnwagen und Versicherungsbeiträge. Anfragen für Gastspiele in anderen Städten blieben zudem erfolglos. „Wir leben also sowieso von der Hand in den Mund“, erklärt die 53-Jährige und zeigt sich dankbar, dass beispielsweise immer wieder besorgte Bürger aus Bad Aibling mit Futterspenden vorbeikämen. Doch das Hauptproblem, so Sperlich, weswegen auch viele Bürger empört seien, hänge mit der Stadt Bad Aibling zusammen.

Diese verlange ihr zufolge „8500 Euro Miete, obwohl wir hier im hintersten Eck stehen, niemanden stören und ich das aus anderen Gemeinden so auch nicht gewohnt bin“, sagt die Zirkus-Direktorin. Sperlich appelliere „an die Menschlichkeit“, da sie keine Möglichkeit sieht, diesen Betrag aufzubringen. Erschwerend komme hinzu, dass ihr die TÜV-Zulassung für manche Fahrzeuge derzeit fehle, sie diese unter aktuellen Umständen nicht bezahlen und dadurch ohnehin nicht einfach weiterfahren könne. Eine insgesamt festgefahrene Situation, die sich aus Sicht der Stadt Bad Aibling, bei allem Verständnis für die herausfordernde Lage der Familie, jedoch etwas anders darstellt.

Stadt stellt Sachverhalt klar

„Zunächst mal handelt es sich hier nicht um eine Miete“, stellt Ordnungsamtsleiter Martin Haas gegenüber dem OVB klar. Die 8500 Euro ergäben sich aus den Gebühren, die für die Nutzung der dortigen städtischen Fläche, rund 30 auf 30 Meter, im Zeitraum vom 28. November 2024 bis zum 22. Januar 2025 anfielen. Wichtig: Der Zirkus habe sich dort von Beginn an niedergelassen, ohne mit der Stadt Kontakt aufzunehmen. „Die Stadt ist somit als erster auf den Zirkus zugegangen und wir haben darauf hingewiesen, dass sie einen Antrag auf Sondernutzung für den Platz stellen müssen, was daraufhin seitens der Familie auch geschehen ist“, so Haas.

Hoffen auf eine Lösung (von links): Maickel, Manolito, Denny und Tanjela Sperlich mit Pony, Alpaca und Esel.

Vor Erlass des Bescheids, der eben jene Gebühren in Höhe der 8500 Euro beinhaltet, habe die Stadt dem Zirkus die Kosten noch einmal mitgeteilt, was zunächst auch so angenommen worden sei. „Im Nachgang hieß es dann jedoch, dass man dies so nicht verstanden habe und dass man die Gebühren nicht zahlen könne“, erklärt Haas. Er könne die tatsächlichen Verhältnisse des Familienbetriebes nicht beurteilen. „Allerdings haben wir hier ein geltendes Recht und da spielt es zum Beispiel auch keine Rolle, ob ich dort jemanden störe, oder nicht.“

Stadt an „Gleichbehandlungs-Grundsatz“ gebunden

Haas begründet die städtische Sicht, die man Tanjela Sperlich vor wenigen Wochen ebenso bei einem persönlichen Gespräch mit Bürgermeister Stephan Schlier mitgeteilt habe, unter anderem mit dem „Gleichbehandlungs-Grundsatz“. Das Bayerische Straßen- und Wegegesetz ermögliche es der Stadt Bad Aibling, etwa für die Nutzung öffentlicher Straßen oder Parkplätze, Gebühren zu verlangen. Dies habe der Stadtrat so entschieden, was in der Satzung verankert sei. „Dabei geht es um alles, was über den verkehrsüblichen Gebrauch hinausgeht“, sagt Haas. Und der Ordnungsamtsleiter betont: „Wir können jetzt also nicht zu einem sagen, Du musst etwas zahlen, und zum anderen sagen, Du nicht. Das funktioniert natürlich nicht.“

Zumal die Fläche für diverse Veranstaltungen immer wieder benötigt werde. Wie zum Beispiel zuletzt bei der „Bauer sucht – Party“ am vergangenen Wochenende, bei der man noch kompromissbereit den Standort des Zirkus nicht maßgeblich beeinträchtigen musste. Haas weist zudem auf die „Selbstbindung der Verwaltung“ hin. „Wir können die Gebühren nicht dem einen erlassen und später bei jemand anderes anders handeln.“

Hoffen auf verträgliche Lösung

Abgesehen davon, dass die Frist zur Zahlung der anfälligen Gebühren bereits verstrichen ist, sei die Stadt ohnehin schon in einigen Bereichen kulant mit dem Zirkus umgegangen. Während man anfangs beispielsweise lediglich auf den Antrag einer Sondernutzung hinwies und auch die Kosten nochmal verdeutlichte, habe man dem Zirkus zudem angeboten, die Gebühren in Raten zahlen zu können. Doch auch hierauf sei man nicht eingegangen, bedauert Haas.

Klar ist: Die Stadt ist mit weiteren Maßnahmen bislang noch nicht aktiv geworden. Und Haas hofft auch noch immer auf eine für alle Seiten verträgliche Lösung, ohne genau zu wissen, wie es in den kommenden Wochen weitergehen wird. Denn im schlimmsten Fall könnten für den Zirkus neben Kosten durch weitere Sondernutzungsgebühren auch noch Zahlungen aufgrund eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens anfallen. So weit ist es allerdings noch nicht.

Zirkus-Direktorin Sperlich hofft indes weiter darauf, dass man schon bald eine Lösung finden wird. Denn den rechtlichen Bindungen der Stadt stehe die Notlage der Zirkusfamilie gegenüber. Vorstellen könne man sich etwa, anstelle des Notquartiers das eigentliche Zirkuszelt für Vorführungen aufzustellen, zeigt sich Sperlich offen, während sie weitere Alternativen prüfe. Doch mit jenem Vorschlag sei der Zirkus bisher noch nicht auf die Stadt zugekommen, erklärt Martin Haas.

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