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Streit um Transportkosten

90-jährige Bad Aiblingerin geschockt: Muss sie die teure Krankenwagen-Fahrt selbst zahlen?

Weil eine Bad Aiblingerin mit einem Krankenwagen nachhause gebracht wurde, muss sie jetzt tief in die Tasche greifen.
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Weil eine Bad Aiblingerin mit einem Krankenwagen nach Hause gebracht wurde, muss sie jetzt tief in die Tasche greifen (Symbolbild).

Für die 90-jährige Bad Aiblingerin war es ein Schock. Nach einer Klinik-Behandlung wurde sie von einem Krankenwagen nach Hause gefahren. Und muss das teuer bezahlen. Oder doch nicht?

Bad Aibling – „Da hat‘s mich vom Stuhl gehaun“, sagt Sabine Kumpp (Name von der Redaktion geändert) und erinnert sich an den Moment, als sie an einem Februar-Tag die Post öffnete. Dabei kam eine Rechnung von fast 100 Euro zum Vorschein, die sie in ihren Augen niemals hätte zahlen müssen. „Und für eine Frau in meinem Alter ist das nicht wenig Geld“, betont die 90-jährige Bad Aiblingerin, die beim Lesen aus allen Wolken fiel.

Dabei begann ihre ärgerliche Geschichte bereits im Herbst vergangenen Jahres. „Ich zog mir gerade eine Hose an und plötzlich hat es so stark in meine Leiste gestochen“, erinnert sich die Seniorin, die alleine in ihrer Wohnung lebt. Ob dies mit ihrer neuen Hüfte zusammenhing, die sie vor zwei Jahren nach einem Oberschenkelhalsbruch bekommen hatte, war in dem Moment nicht klar. „Aber es waren starke Schmerzen.“

Seniorin wartet vier Stunden auf Abholung

Ihre Nachbarin eilte ihr zwar zur Hilfe, doch der Anruf beim Hausarzt blieb zunächst erfolglos. „Mein Hausarzt konnte nicht sofort kommen, ich konnte mit den starken Schmerzen aber nicht mehr lange warten“, berichtet Kumpp. Schließlich rief sie den Notarzt, der ihr zu Hause starke Schmerzmittel verabreichte. „Als die Wirkung der Medikamente wieder nachließ, wurde ich dann doch in eine Klinik geschickt, mit einem Krankenwagen“, erzählt die Seniorin, die sonst stets auf ihren Rollator angewiesen ist.

Dort, in einem Krankenhaus im Landkreis Rosenheim, wurde sie zwar geröntgt, eine Ursache für die Schmerzen konnten die Mediziner jedoch nicht finden. „Meine Beschwerden ließen dann aber auch nach und bis heute habe ich dort keine Probleme mehr gehabt“, erzählt die Rentnerin. Die eigentliche Odyssee begann jedoch erst nach der ambulanten Behandlung. „Mir wurde an dem Abend gesagt, ich soll mich in den Wartebereich setzen und werde dort abgeholt“, erinnert sich Kumpp. Dort seien dann über vier Stunden vergangen, ehe um kurz nach 22 Uhr endlich Sanitäter kamen, die sie mit einem Rollstuhl abgeholt und in einen Krankenwagen gesetzt hätten.

Auf ihre Frage, warum sie so spät erst abgeholt werde, habe der Sanitäter erklärt, dass er mit dem Krankenwagen extra aus einer 30 Fahrminuten entfernten Stadt angefordert worden sei, da in der Nähe kein Fahrzeug verfügbar war. Die Frage, die die Bad Aiblingerin deshalb bis heute umtreibt. „Warum wurde mir nicht einfach ein Taxi gerufen?“

Warum musste die 90-Jährige selber zahlen?

Doch trotz des Unverständnisses habe sie den Krankenwagentransport nach Hause irgendwann nicht weiter hinterfragt. Sie war vor allem froh, als sie am späten Abend endlich wieder daheim war. Dass sie nun, Monate später, eine Rechnung über 98,30 Euro für die Krankenwagen-Fahrt erhielt, schockiert und verärgert sie zugleich. Zumal sie niemand über die Fahrtkosten informiert habe.

Seitdem folgten Schriftwechsel und zahlreiche Telefonate mit der Klinik, der Krankenkasse und der zentralen Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst Bayern (ZAST). Ohne Erfolg. Der Fehler liege laut Kumpp ganz klar bei der Klinik, die ihr kein Genehmigungsformular für den Krankenwagen-Transport mitgegeben habe, kritisiert die 90-Jährige. Zwar habe man ihr dieses später auf Nachfrage noch zugeschickt. Allerdings sei sie dennoch auf den Kosten sitzengeblieben. „Auch weil gewisse Zahlungsfristen überschritten worden wären und ich es nicht auf einen Streit vor Gericht ankommen lassen wollte, habe ich gezahlt“, erzählt Kumpp zähneknirschend.

Bedingungen für Kostenübernahme fehlten

Warum aber das Krankenhaus den Fehler nicht eingestanden und wenigstens einen Teil der Kosten übernommen hatte, versteht die Rentnerin nicht. Ihrer Krankenkasse, die ohne Genehmigung keine Kosten für den Krankenwagen übernimmt, macht Kumpp indes keinen Vorwurf. „Sie sehen es wie ich: mich hätte einfach ein Taxi fahren sollen.“ Der Aiblingerin fehlt jedenfalls jedes Verständnis dafür, „warum ich für den Fehler anderer bezahlen muss“.

Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen? Laut dem Gesundheitsministerium gilt ganz generell, dass die Krankenkasse die Kosten für Fahrten übernimmt, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse „aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind“. Hierzu können unter Umständen auch Kosten für Fahrten zur ambulanten Behandlung übernommen werden.

Problematische „Ambulanzrückfahrt“

Bedingungen für eine solche Kostenübernahme wurden jedoch bei Kumpps Heimfahrt aus dem Krankenhaus nicht erfüllt. Zudem fehlten die Voraussetzungen, was die Einstufung gemäß ihres Behindertenausweises angeht. Laut ZAST handelte es sich bei Kumpps Transport um eine „Ambulanzrückfahrt“, welche von der Krankenkasse nur nach vorheriger Genehmigung übernommen werde. Diese lag nicht vor.

Laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung richtet sich die Auswahl des Beförderungsmittels stets nach dem „individuellen Bedarf und Gesundheitszustand des Patienten“. Dabei müssten etwa Ärzte auch das „Wirtschaftlichkeitsgebot“ beachten. Und auch wenn bei Kumpps Krankenwagen-Rückfahrt eine Genehmigung vorab vorgelegen hätte, so hätte sie als Versicherte einen Teil der Beförderungskosten selbst bezahlen müssen. Laut der Bundesvereinigung betrage eine solche Zuzahlung zehn Prozent der Fahrkosten, mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro pro Fahrt. Eine Summe, die die Bad Aiblingerin liebend gerne aufgebracht hätte, wie sie dem OVB versichert.

Wer darf eine Krankenbeförderung verordnen?

Doch nun musste sie weitaus tiefer in die eigene Tasche greifen – und weiß bis heute nicht wirklich, warum. Doch es gibt ein Happyend: Denn Monate nach dem Krankenwagen-Transport habe die Klinik nun doch noch bezahlte, erzählt die Seniorin später erleichtert. Allerdings sei eine Erklärung oder gar eine Entschuldigung ausgeblieben.

Doch wie kann es generell überhaupt zu solch ärgerlichen Missverständnissen kommen? Auf OVB-Nachfrage erklärt hierzu etwa Elisabeth Siebeneicher, Pressesprecherin der RoMed Kliniken, dass nur ein Arzt eine Krankenbeförderung verordnen dürfe. „Dazu muss ein entsprechendes Formular ausgefüllt und begründet werden.“ Dabei sei zwischen genehmigungsfreien und genehmigungspflichtigen Fahrten zu unterscheiden. Von der Krankenkasse genehmigungsfreie Fahrten mit dem Taxi sind beispielsweise Fahrten für ambulante Behandlungen, soweit eine Schwerbehinderung mit Merkzeichen „außergewöhnlich gehbehindert“, „blind“ oder „Hilflosigkeit“ oder ein Pflegegrad 3 mit dauerhafter Mobilitätsbeeinträchtigung vorliegt, erklärt Siebeneicher.

Was die „Krux an der Sache“ ist

Genehmigungspflichtig – hier ist gefordert, dass die Krankenkasse vor der Fahrt informiert wird – sind ambulante Behandlungsfahrten mit dem Krankentransportwagen (KTW), soweit Gründe wie etwa fachgerechtes Lagern, Tragen oder Heben gegeben sind. „Zusätzlich ist die Art der Beförderung wie Taxi, KTW, Rettungstransportwagen (RTW) anzugeben“, so die Pressesprecherin. Der Arzt sei dabei angehalten, abhängig von der medizinischen Verfassung des Patienten, das kostengünstigste Transportmittel zu wählen. In allen anderen Fällen sei der ambulante Patient für seine Heimreise „selbst verantwortlich und hat hierfür auch die Kosten zu tragen“.

Trotz klarer Regelungen gebe es jedoch immer wieder Fälle, die zu Diskussionen führen könnten. So könne bei einer genehmigungspflichtigen Fahrt im Rahmen einer Notfallbehandlung in der Zentralen Notaufnahme (ZNA) die Genehmigung aus organisatorischen Gründen nicht vor Antritt der Fahrt eingeholt werden. Hier habe der Patient in Vorleistung zu gehen und kann die Kosten nachträglich bei der Krankenkasse geltend machen. „Die Krux an der Sache ist, wenn die Krankenkasse einer durchgeführten genehmigungspflichtigen Fahrt, nachträglich nicht zustimmt. Denn: Die Kasse wälzt die entstandenen Kosten dann auf den Versicherten ab, ohne dass es die Klinik mitbekommt“, erklärt Siebeneicher.

Was bei der 90-jährigen Sabine Kumpp genau falsch gelaufen ist, weiß sie bis heute nicht. Das wichtigste sei nun, dass sie das Geld wieder bekommen hat. Einen weiteren unnötigen Krankenhausaufenthalt will sie aber in jedem Fall vermeiden.

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