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Nach Einstufung als „rechtsextrem“

„Normalisierung ist vom Tisch“: Wie geht‘s mit der AfD in der Region Rosenheim weiter?

Das gilt nach Einschätzung des Verfassungsschutzes auch für die beiden AfD-Landtagsabgeordneten Franz Bergmüller und Andreas Winhart (2. und 3. von links) aus dem Landkreis Rosenheim.
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„Gesichert rechtsextrem“: Das gilt nach Einschätzung des Verfassungsschutzes für die Partei der beiden AfD-Landtagsabgeordneten Franz Bergmüller und Andreas Winhart (2. und 3. von links) aus dem Landkreis Rosenheim.

Die AfD – auch in der Region Rosenheim – darf als gesichert rechtsextrem gelten: Das Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz schlägt weiter hohe Wellen. Ist die Einstufung der AfD eine Gefahr oder am Ende sogar eine Chance für Rechtspopulisten? Was Politiker aus der Region dazu sagen.

Rosenheim – „Die Kollegen im Stadtrat kennen mich“, sagt Andreas Kohlberger, „die wissen, wie ich bin.“ Konstruktiv sei die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren gewesen, sagt der AfD-Fraktionschef. Und das werde auch so bleiben – dem Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum Trotz.

Der Nachrichtendienst kam in einem Gutachten zu dem Schluss, dass die AfD in ihrer Gesamtheit als rechtsextrem anzusehen sei. Seitdem nimmt die Diskussion über ein Verbot der sogenannten Alternative für Deutschland Fahrt auf. Die AfD selbst hat mittlerweile Klage gegen das Bundesamt eingereicht.

Kohlberger spricht von „Klüngelei“ zwischen Politik und Behörde, es gebe keine echte Grundlage für die Einstufung der AfD als rechtsextrem und ein mögliches Verbot. Auf sein politisches Wirken in Rosenheim habe das Gutachten ohnehin keinen Einfluss. Ideologie und Parteiprogramme spielten keine Rolle, auf kommunaler Ebene stünden andere Dinge im Vordergund. „Meiner Meinung nach arbeiten wir in der Kommunalpolitik eher als Menschen zusammen.“

Abuzar Erdogan: Normalisierung mit AfD vom Tisch

Abuzar Erdogan ist Fraktionschef der SPD im Rosenheimer Stadtrat. Er kann bestätigen, dass es mit der AfD im Stadtrat keinen Streit gibt. Allerdings anscheinend auch darüber hinaus so gut wie nichts. „Die AfD im Stadtrat ist sehr blass.“ Vielleicht zehn Wortbeiträge habe er gezählt, „im Durchschnitt etwa 30 Sekunden lang“. Die Rechtspopulisten seien im Sitzungssaal nicht wahrnehmbar.

Dennoch würde, so schildert Erdogan seine Eindrücke, der eine oder andere Kollege in einer anderen Fraktion wohl auch mit der AfD zusammenarbeiten können. Zumindest sei das bis zur Einstufung als „rechtsextrem“ der Fall gewesen. „Diese schleichende Normalisierung ist jetzt vom Tisch“, sagt der SPD-Politiker. Ist er für ein Verbot? Erdogan sieht ein Dilemma. Es gebe Mittel und Möglichkeiten, die Verfassung zu schützen, gleich ob die Bedrohung islamistisch oder rassistisch oder linksextrem sei. Aber mit einem Verbot seien die Gründe für das Erstarken der Rechtsextremen nicht beseitigt.

Schlimme AfD-Entgleisungen im Landtag

Härter geht es im Bayerischen Landtag zu. Schon 2023 machte Landtagspräsidentin Ilse Aigner im OVB-Exklusiv-Interview auf den Klimawandel im Maximilianeum aufmerksam. Sie sprach von „unschönen Szenen“, kündigte an, den Rügen für ungebührliches Verhalten spürbare Sanktionen folgen zu lassen. Die Regelungen wurden mittlerweile verschärft – und sogleich gegen einen AfD-Abgeordneten angewendet, der sich im NS-Jargon geäußert hatte.

Von Grenzüberschreitungen der AfD weiß auch Sepp Lausch (Freie Wähler) zu berichten. Der Landtagsabgeordnete aus Großkarolinenfeld legte sich mit Martin Böhm an, der sich wie folgt geäußert hatte: „Wir müssen den Karnickeln in den Parlamenten den verdienten Nackenschlag versetzen und nicht unseren eigenen Parteikameraden.“ Lausch hakte nach und fragte, warum Böhm Vizepräsident eines „Parlaments voller Karnickel“ sein wolle. Das Landtagsprotokoll vermeldet daraufhin: „Lachen bei der AfD“.

Lachen über Gewaltphantasien und Drohungen? Schlimm, findet Lausch. Und doch ist er „gegen ein Verbot der AfD“. Er zitiert FW-Chef Aiwanger: Man müsse die AfD bekämpfen, indem man ihr das politische Futter entziehe. Bereits jetzt sei die aktuelle Diskussion nicht immer zielführend. „Die AfD könnte vom Märtyrer-Effekt profitieren“, sagt Lausch. Bei der Kommunalwahl 2026 könnte sich das rächen.

Auch CSU sieht Diskussion um Verbot kritisch

Davon, dass die AfD den Landtag als „Bühne für Provokationen“ missbrauche, berichtet Daniel Artmann, Rosenheimer CSU-Abgeordneter im Landtag. „Nach meiner Beobachtung geben in der AfD-Landtagsfraktion die radikalen Kräfte den Ton an.“ Ein Verbotsverfahren sehe er dennoch skeptisch.

„Wir müssen die AfD politisch stellen und bei konkreten Themen entlarven“, fordert Artmann. „Entgleisungen müssen konsequent geahndet werden.“ Der Rosenheimer sieht die nächsten Wochen und Monate als entscheidend an. Schließlich seien viele AfD-Wählerinnen und -Wähler „nicht extremistisch, sondern von der etablierten Politik enttäuscht“. Diesen Menschen müsse man zeigen, dass man die Lage erkannt habe. „Dafür muss insbesondere die neue Bundesregierung ab Tag eins liefern.

Geht‘s noch extremer als mit der AfD?

Auch in der Kommunalpolitik könnten in den nächsten Monaten neue Grenzen gezogen werden. Die AfD in Rosenheim sieht sich in der unerwarteten Situation, sich von einem womöglich noch extremeren ehemaligen Weggefährten abzugrenzen: Nachrücker Stefan Bauer. Er war für die AfD wegen eines NS-Vergleichs in einem Video-Clip untragbar geworden und wurde ausgeschlossen. Vor der KZ-Gedenkstätte Mauthausen stehend hatte Bauer Corona-Impfstoffe mit dem Nazi-Gift Zyklon B verglichen. „Stefan Bauer hat eine rote Linie überschritten“, sagt Andreas Kohlberger. „Ich habe gesagt, er kommt nicht in meine Fraktion.“

SPD: Franz Bergmüller in Erklärungsnot?

Auch in Feldkirchen-Westerham sind Kommunalpolitiker ins Überlegen gekommen. SPD-Gemeinderat Heinz Oesterle sieht den AfD-Landtagsabgeordneten Franz Bergmüller gefragt. Man werde nun auch im Gemeinderat „anders“ mit Bergmüller umgehen. „Er wird sich entscheiden müssen, ob er in einer rechtsextremistischen Partei bleibt.“ Er kenne Bergmüller seit 20 Jahren und wisse, dass viele seiner Ansichten rechts sind, allerdings nicht unbedingt rechtsextremistisch. „Deshalb wird er eine Entscheidung für sich treffen müssen.“

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