Interview mit Max Finster vom BUND
40 Jahre Naturschutz in Wasserburg: Wo es magisch ist und wo es „brennt“
Die Ortsgruppe Wasserburg des Bund Naturschutz feiert das 40-jährige Bestehen. Vorsitzender Max Finster über Erfolge und Misserfolge, die Magie des eigenen Märchenwalds und besorgniserregende Brennpunkte wie die geplante Deponie vor den Toren der Stadt.
Wasserburg – Der Bund Naturschutz ist seit 40 Jahren der erste Ansprechpartner, wenn es um Natur- und Artenschutz im Wasserburger Land geht. Das wird am 20. Oktober in Staudham gefeiert. Grund genug gibt es, findet Vorsitzender Max Finster. Denn die Ortsgruppe Wasserburg habe in den vergangenen vier Jahrzehnten viel erreicht. Ein Gespräch über erfolgreiches Wirken, dass es ohne Ehrenamt nicht geben würde.
40 Jahre BUND Naturschutz Wasserburg: Das heißt auch 40 Jahre Stellungnahmen als sogenannter Träger öffentlicher Belange zu Bauvorhaben im Wasserburger Land. Bei welchem Projekt hat der BUND Naturschutz in den vergangenen Jahren mit seiner Stellungnahme am besten im Sinne von Natur und Umwelt einwirken können? Und bei welchem Vorhaben ist es nicht wie gewünscht gelungen?
Max Finster: Wir geben nur Stellungnahmen ab, wenn wir auch eine Betroffenheit unserer Schutzgüter „Natur und Umwelt“ sehen. In der Vergangenheit hat wohl unser energischer Einsatz gegen die Straßenneubaumaßnahme mit Brückenschlag über das Wuhrtal zum Erfolg geführt. Die Zerstörung des Wuhrtales konnte so verhindert werden. Bei der Bauleitplanung zur Erweiterung des Gewerbegebietes in Staudham hatten wir keinen Erfolg. Auch beim Neubau der Firma Aldi in Staudham baten wir ein Zeichen gegen die fortschreitende Flächenversiegelung zu setzen. Doch auch hier wurde der gesamte Parkplatz wieder oberirdisch ausgeführt. Ein weiterer Erfolg war der Erlass einer Baumschutzverordnung für die Stadt Wasserburg Ende 2018. Ohne die engagierte Hilfe unseres Umweltreferenten Lorenz Huber hätten wir es wohl nicht geschafft.
Wo gibt es im Wasserburger Land noch Brennpunkte, zu denen sicherlich die geplante Deponie in Babensham gehört?
Finster: Die geplante DK 1 Deponie unmittelbar am Ortseingang von Wasserburg und die sehr nahe Lage zum Inn ist für Mensch und Umwelt nicht hinnehmbar. Die Planung ist nicht mehr zeitgemäß und wird von uns entschieden abgelehnt. Unser kompromissloser Widerstand passiert in engem Schulterschluss mit der Bürgerinitiative. Der Neubau der B 15 ist ein weiterer großer Brennpunkt, der nach wie vor virulent ist. Auch hier treten wir mit aller Entschiedenheit gegen diese geplante Neubaumaßnahme auf. Übrigens Hand in Hand mit den Landwirten, betroffenen Umlandgemeinden und Bürgerinitiativen. Mit dem notwendigen Ausbau des „Filzenexpresses“ wird der Siedlungsdruck weiter erheblich steigen und unsere Mitwirkung fordern.
Der BUND Naturschutz Wasserburg ist sehr aktiv im Artenschutz. Ist es schwieriger geworden, Menschen für Aktionen wie die Krötenrettung, Fledermauszählungen oder den Schwalben- und Kiebitzschutz zu motivieren?
Finster: Der Artenschutz, also der direkte Schutz von bedrohten Pflanzenstandorten und Tieren, ist eine der schönsten Aufgaben. Hier sind wir oft erste Ansprechpartner, wenn sich eine Fledermaus oder ein Vogel in einer Wohnung verirrt oder gar verletzt hat. Der Amphibienschutz ist immer noch der Klassiker. Auch heuer haben wir wieder sehr viele Kröten, Frösche und Molche durch unsere Zäune retten können. Allein bei Penzing waren es über 600 Tiere! Beim Amphibienschutz ist Alois Schrems unser erster Ansprechpartner. Beim Schwalbenschutz ist es Helmut Stöckl. Was hier geleistet wird, ist enorm. Mich beeindruckt immer wieder die große Motivation der Helfer. Es ist aber auch ein schönes Gefühl, gefährdeten Tieren helfen zu können, denn was wäre ein Frühjahr ohne Froschkonzert oder unsere Altstadt ohne Schwalben.
Der BUND Naturschutz Wasserburg kauft regelmäßig auch Flächen für Renaturierungs- und Schutzmaßnahmen an. Worauf haben Sie als nächstes ein Auge geworfen? Wie kann ein Verein diese Ankäufe finanzieren?
Finster: Unser Ortsverband hat das Glück, ein stattliches Erbe (Legat) von einer Privatperson bekommen zu haben. Aber auch sonst erhalten wir immer wieder Spenden. Mit diesen Geldern können wir relativ unbürokratisch ökologisch besonders wertvolle Grundstücke kaufen und diese auf Dauer für die Natur sichern. Wir bekommen immer wieder Angebote für den Erwerb, prüfen aber im Vorstand ganz genau, ob die Grundstücke für unsere Zielsetzung geeignet sind.
Die Ortsgruppe Wasserburg besitzt sogar einen eigenen Märchenwald beziehungsweise Garten, ein kleines Paradies vor allem für Kinder. Warum investieren Sie so viel Zeit für die Jugendarbeit? Wie werden junge Leute am besten ohne erhobenen Zeigefinger an die Thematik Naturschutz herangeführt?
Finster: In Umweltbildung bei Kindern und Jugendlichen sehen wir eine große Aufgabe. Für die Veranstaltungen und Ferienprogramme ist der Bund-Garten der richtige Rahmen. Sehr naturnah und trotzdem sehr zentral in Wasserburg gelegen. Wir danken der Stadt für die Überlassung des Grundstückes, einem Märchenwald, wie Sie richtig sagen. Denn Märchenerzählungen finden ja auch statt. Kinder sind wissbegierig und erkennen sehr schnell, welche Bedeutung unsere Natur für uns Menschen hat. Was sie „Draußen“ begeistert hat, werden sie später auch mal schützen. In diesem Arbeitsbereich von uns ist im besonderen Burkhard Martl zu nennen, der mit viel Herzblut den Bund-Garten betreut. Sie sehen, ein Verein kann nur funktionieren, wenn er viele engagierte Helfer hat, die eigenverantwortlich Aufgaben übernehmen. Gerne würden wir uns jedoch über weitere Unterstützer freuen.
Wie beurteilen Sie die Qualität des Naturschutzes am Sitz Ihres Vereins, in der Stadt Wasserburg. Ist sie eine Vorzeigekommune in Sachen Umwelt- und Naturschutz, werden Sie hier ausreichend gehört oder könnte mehr getan werden?
Finster: Mit der Stadt Wasserburg, allen voran Bürgermeister Kölbl, pflegen wir einen sehr guten, ja freundschaftlichen Kontakt. Die Stadtverwaltung hat für unsere Belange immer ein offenes Ohr. Wir werden bei allen Trägerbeteiligungen angehört und bekommen gute Unterlagen. Natürlich könnte aus der Sicht eines Naturschutzverbandes immer etwas mehr getan werden. Denken Sie nur an die Diskussionen über Photovoltaik in Neubaugebieten oder die Diskussion zum Flächenverbrauch und der Flächenversiegelung. Es ist wohl immer der Spagat zwischen Politik, Verwaltung und unseren Anliegen, die es in der Abwägung zu berücksichtigen gilt.

