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Sinnhaftigkeit wird hinterfragt

Wälder stilllegen und damit das Klima schützen? Forstbesitzer verstehen die Welt nicht mehr

Wald aus der Froschperspektive/Alexander Grassl/Stefan Schlaipfer/Logo der StMELF an einem Gebäude.
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In der EU wird derzeit die Stilllegung von Forstflächen diskutiert. Alexander Grassl (oben), Stefan Schlaipfer und das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) sind davon nicht überzeugt.

In der EU wird derzeit die Stilllegung von Forstflächen diskutiert. Eine Strategie, die das Klima schützen soll aber die regionalen Forstbesitzer ratlos zurücklässt.

Wasserburg/Halfing – Privateigentum soll Privateigentum bleiben. Besonders, wenn es um landwirtschaftliche Flächen oder den eigenen Wald geht. Das sieht zumindest Stefan Schlaipfer so. Er ist Waldbesitzer in Halfing und nicht begeistert davon, was in der EU gerade diskutiert wird. Nämlich die Stilllegung von Forstflächen, um zum Klimaschutz beizutragen.

Dabei wird sinnvoll bewirtschaftete Fläche nicht mehr genutzt, sagt Schlaipfer. Forstflächen seien aber wichtig, um den Rohstoff Holz zu beziehen. Werden Teile der Wälder stillgelegt, so sinke auch der Holzbestand. Das Problem dabei: Der Rohstoff-Bedarf bleibe gleich. „Es ist nicht sinnvoll, in Deutschland Flächen still zu legen und das Holz dann aus anderen Ländern zu importieren“, sagt der Forstbesitzer. Denn das schade der Umwelt viel mehr.

Stilllegung der Forstflächen: Stand der Dinge

Doch wieso sollen Wälder überhaupt stillgelegt werden? Und inwiefern betrifft das private Eigentümer? Auskunft darüber gibt das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) . Dem zufolge fußt diese Diskussion insbesondere auf der sogenannten EU-Biodiversitätsstrategie für 2023 im Rahmen des Green Deal. Dieser Green Deal verfolgt laut der Webseite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung das Ziel, bis 2050 Klimaneutralität in Europa zu erreichen.

Konkret wird derzeit diskutiert, „jeweils mindestens 30 Prozent der Land- und der Meeresfläche unter gesetzlichen Schutz zu stellen“, teilt das Staatsministerium mit. Dabei wird die Bewirtschaftung in strengen Schutzgebieten weitgehend ausgeschlossen sein. 

Vorteil an der Stilllegung von Wäldern

Die Stilllegung von Wäldern fördere „Strukturelemente“ wie Totholz oder Biotopbäume, die bedeutsam für den Artenschutz seien. Werden bisher genutzte Wälder stillgelegt, entwickeln sie solche Strukturen. Das dauere allerdings meist Jahrzehnte. Und die Wirkung bleibe im Wesentlichen örtlich begrenzt, teilt das StMELF mit.

Vor dem Hintergrund der „dramatischen Auswirkungen des Klimawandels“, sieht das Staatsministerium das Vorhaben der EU kritisch. Ist ein Wald stillgelegt, gebe es keine Möglichkeit, durch Pflanzung von Mischbaumarten wieder aufzuforsten. Außerdem bestätigt das StMELF, was Schlaipfer befürchtet. Nämlich, dass der Import von Holz aus dem Ausland ansteige. Das belege eine Studie des Thünen Institut von August 2022 . Diese prognostiziert steigende Rohholzimporte aus Nicht-EU-Ländern aufgrund der EU-Biodiversitätsstrategie. 

Wirtschaftswald hat wichtige Funktionen

Bewirtschaftete Wälder haben zudem einige wichtige Funktionen. So schneide der bewirtschaftete Wald in Bayern regelmäßig besser in der Kohlenstoffdioxid-Minderung ab, als der unbewirtschaftete Wald. Woran das liegt, weiß Stefan Schlaipfer: im unbewirtschafteten Wald kommt es zum Zersetzungsprozess. Das Holz dort wachse, binde das Gas Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Luft, sterbe ab und gebe es dann wieder frei. Anders sei es aber bei der Verwertung von Holz. In diesem Fall bleibt das Kohlenstoffdioxid im Holz gespeichert, sagt Schlaipfer.

Auch Alexander Grassl findet die Funktionen eines bewirtschafteten Waldes wichtig. Er ist Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Wasserburg-Haag. Nicht nur diene Holz als Nutzstoff, auch Resthölzer seien verwertbar. Und die seien sogar notwendig.

Er nennt das Gymnasium Wasserburg als Beispiel, es wird mit Hackschnitzeln von Wäldern beliefert und dadurch geheizt. Und das regional. Zudem kann Holz dem StMELF zufolge andere Stoffe wie Beton oder Stahl ersetzen, bei deren Herstellung oft sehr viel CO2 freigesetzt wird. Da Holz nachwachse, kann es endliche Energieträger ersetzen.

Bündnis 90/Die Grünen in Rosenheim sehen die Lage anders

Eine andere Meinung zum Thema hat aber der Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen in Rosenheim. „Die Stilllegung von Forstflächen wird aufgrund der Biodiversität, dem Artenschutzes und der Stabilisierung von Ökosystemen für unsere Ernährung, sauberes Trinkwasser und gegen Klimaüberhitzung unterstützt“, teilt die Partei mit.

Wälder sind den Grünen zufolge eine natürliche Klimaanlage, gigantische Kohlenstoffspeicher und damit ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise. Sie seien auch Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen „Wälder liefern den nachhaltigen Rohstoff Holz, schützen vor Hochwasser und bewahren Böden vor Erosion“, sagt ein Parteisprecher. In Bayern verschwinden der Partei zufolge jeden Tag etwa zehn Hektar Wälder, Wiesen und Felder.

Stilllegung der Forstflächen sei der falsche Ansatz

Alexander Grassl, Stefan Schlaipfer und das StMELF wollen vielmehr auf die Schlüsselrolle von Holz im Naturschutz aufmerksam machen. Keiner von ihnen befürwortet die Stilllegung von Forstflächen. „Das ist der falsche Ansatz“, sagt Grassl. „Warum das regionale Holz nicht nachhaltig nutzen?“

Zudem sollte es „den Waldeigentümern vorbehalten sein, ob sie ihre Flächen stilllegen wollen“, sagt Stefan Schlaipfer. „Das muss ein Miteinander sein und sollte nicht durch Verbote durchgesetzt werden.“ Ob diese Stilllegung aber tatsächlich Bestand hat und wie diese letztendlich aussehen wird, ist Alexander Grassl zufolge noch nicht klar.

„Fordern und Fördern“

Wichtig wäre in diesem Zuge außerdem, einen Schritt auf die Eigentümer zuzugehen, sagt Grassl. Und dafür Anreize zur freiwilligen Stilllegung einzubeziehen, zum Beispiel in Form von Entschädigungen. Dem stimmt auch Stefan Schlaipfer zu: „Es sollte grundsätzlich eine ausgewogene und nachhaltige Holzentnahme die Regel sein: ein Fordern und Fördern.“

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